Die aktuellen Sorgen der AfD hätten vermutlich andere rechtsextreme Parteien gerne. Etwa der Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, der „nationalen Sammlungsbewegung“, der trotz der Umbenennung das Sammeln nicht gelingen will – weder bei den Mitgliedern, wo der RN „seit Mai 2017 rund 60 Prozent seiner Mitglieder verloren“ (NZZ, 2.10.2018) habe noch bei den Parteigeldern, wo sich der Schuldenstand mittlerweile auf 12 bis 13 Millionen Euro erhöht hat.
Bei der FPÖ belief sich der Schuldenstand nach der Abspaltung des BZÖ 2005 auf fünf Millionen Euro (Kurier, 28.11.2018). Die Sanierung der blauen Parteifinanzen soll trotz eines kostenintensiven Nationalratswahlkampfes 2006 durch einen Kredit der Wiener FPÖ gelungen sein. Diese wunderschöne Legende, die an das Konstrukt der eierlegenden Wollmilchsau anknüpft, wurde bisher nie wirklich hinterfragt und analysiert. Dabei hat der „Standard“ im Jahr 2000 erstaunlich viele und sehr präzise Infos über die geldigen Gönner der alten Haider-FPÖ zusammengetragen. Und die 5‑Millionen-Schilling-Geldspende des Großindustriellen Turnauer, die Mitte der 1990er-Jahre an die FPÖ in einem Plastiksackerl mittels eines Boten, der jetzt Justizminister ist, darf natürlich auch nicht vergessen werden.
Bei der AfD geht’s vielleicht ohne Plastiksackerl, aber, wie sich jetzt nach einigen Wochen intensiver Recherchen herausstellt, jedenfalls um höhere Summen. Dabei hatte die Partei in ihrem Grundsatzprogramm von 2016 noch großspurig verkündet: „Unabdingbar ist auch eine restriktive und Korruption vermeidende Neuordnung der Spendenregelungen. Ferner soll den deutschen Parteien die Beteiligung an Unternehmen sowie die Annahme von Firmen-Spenden verboten werden.“
Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD im deutschen Bundestag neben Alexander Gauland, jubelte 2017 über die „klugen Wähler“ der AfD, die sich nicht täuschen lassen, sondern „wissen, dass die AfD die einzige Partei in Deutschland ist, die den Mut zur Umsetzung von echten Reformen hat, unverbraucht und ohne Einfluss von Klientel- und Lobbygruppen Politik macht“ (AfD, 12.6.2017).
Das sieht mittlerweile doch etwas anders aus. Zunächst wurde durch ein Recherchenetzwerk aus Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR bekannt, dass Alice Weidel über ihren AfD-Kreisverband Bodensee im Jahr 2017 Spenden aus der Schweiz erhalten hatte, die sie im Wahlkampf auch verwendet hat. Der „Spiegel“ (Nr. 47/17.11.18) dazu: „Weidels Leute nutzten das Geld, als sei es fest eingeplant gewesen. Sie bezahlten eine Anwaltskanzlei für Medienrecht, die juristisch gegen kritische Journalisten vorging. Geld floss auch an einen Social-Media-Experten, der für Weidel Werbung auf Facebook kaufte.“
Nicht die gekauften Facebook-Likes für Weidel, aber die Annahme von Spenden aus dem (Nicht EU-)Ausland durch Parteien ist in Deutschland illegal. Noch dazu war von Beginn an ziemlich klar, dass die Spenden, die in 18 Tranchen gestückelt auf das Konto des AfD-Kreisverbandes mit dem Vermerk „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia“ tröpfelten, nicht wirklich von der Firma PWS (PharmaWholeSale) in Zürich stammen konnten. So wusste die „Neue Zürcher Zeitung“ über den Geschäftsführer der Firma zu berichten, dass „der spendable Apotheker (…) so einiges auf dem Kerbholz“ habe und wegen Misswirtschaft zu Schadenersatz in Höhe von mehreren Millionen Franken verurteilt worden ist.
„Im Auftrag eines Geschäftsfreundes“, der nicht genannt werden wollte, wurden die illegalen Spendengelder an den AfD-Kreisverband 2017 überwiesen und dann im April 2018 rücküberwiesen – allerdings nicht vollständig. In einer zweiten Welle wurde dann bekannt, dass es noch einen zweiten Großspender gab, der für Weidel viel Geld locker gemacht hatte: Am 12. Februar 2018 wurden 150.000 Euro überwiesen – durch eine Stiftung „Identiteit“ aus den Niederlanden. Diese Spende wurde zu spät dem Bundestag gemeldet und erst im Mai 2018 rücküberwiesen, nachdem die AfD die Stiftung zunächst fälschlich in Belgien verortet hat – „ein peinlicher Fehler“ (Spiegel Nr. 47/2018).
Im „Spiegel“ (Nr. 47/2018) wurde dann auch der Stiftungsgründer Floris Marinus Berkhout und der Stiftungszweck, die „Erforschung der europäischen Identität“ genannt. Viel mehr war über die „Stichting Identiteit“, die mit 1. Oktober 2018 ihre Tätigkeit schon wieder eingestellt hat, bisher nicht zu erfahren.
Damit noch nicht genug: Durch eine Recherche des „Spiegel“ und der Schweizer „Wochenzeitung“ (WoZ) wurde jetzt einer der ganz großen Gönner der AfD geoutet: der deutsche Multimilliardär August von Finck, der schon seit Jahrzehnten rechte Parteien, Initiativen und Vereine mit Millionen unterstützt. „Rechts vom Gustl steht bloß noch Dschingis-Khan“, beschreibt den greisen Geldgeber ein mit ihm gut bekannter Banker – so der „Spiegel“ (Nr. 48/2018). Fincks Vater förderte Hitler und die Nazis. Laut „Spiegel“ wurde die weitaus größte Fördersumme über den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ abgewickelt, der die AfD über Plakataktionen und Zeitungen mit Wahlempfehlungen für die AfD mit mindestens 10 Millionen Euro unterstützt haben soll, Dazu kommen noch kleinere Summen, die über PR-Agenturen wie die Schweizer „Goal AG“, die auch für die FPÖ Wahlkämpfe geführt hat, und die Münchner „Wordstatt“ abgewickelt worden sein sollen. Die umfangreiche Recherche des „Spiegel“ findet sich leider nur in der Print-Ausgabe (Nr. 48 vom 24.11.18), online ist nur ein knapper Auszug verfügbar.
Gegen Alice Weidel und weitere drei Personen wurden wegen der Spenden aus der Schweiz von der Staatsanwaltschaft Konstanz Ermittlungen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Parteiengesetz Ermittlungen eingeleitet. Politische und rechtliche Konsequenzen aus den Finck’schen Riesenspenden stehen noch aus.
P.S.: Ein Beitrag der „Süddeutschen Zeitung“ aus dem Jahr 2017 liefert einige erhellende Fakten zu den rechten AfD-Förderern, die sich in der deutschen August von Hayek-Gesellschaft versammelt haben.