AfD-Spendenskandal: Geldige GönnerLesezeit: 5 Minuten

Seit eini­gen Wochen hat die Par­tei, die sich Alter­na­ti­ve für Deutsch­land (AfD) nennt, nicht bloß mit einem immer stär­ker wer­den­den Rechts­ex­tre­­mis­­mus-Ver­­­d­acht zu kämp­fen,  der sich nicht nur auf eini­ge Rand­fi­gu­ren beschränkt, son­dern auch mit mas­si­ven Kor­rup­ti­ons­vor­wür­fen. Die 2013 als neo­li­be­ra­les Pro­fes­so­ren­pro­jekt ent­stan­de­ne Par­tei hat trotz meh­re­rer Spal­tun­gen und einer mitt­ler­wei­le gefes­tig­ten völ­kisch-natio­na­­len Mehr­heits­strö­mung ihre Geldgeber […]

28. Nov 2018
Grundsatzprogramm AfD zu Spenden (S. 22)

Die aktu­el­len Sor­gen der AfD hät­ten ver­mut­lich ande­re rechts­extre­me Par­tei­en ger­ne. Etwa der Ras­sem­blem­ent Natio­nal (RN) von Mari­ne Le Pen, der „natio­na­len Samm­lungs­be­we­gung“, der trotz der Umbe­nen­nung das Sam­meln nicht gelin­gen will – weder bei den Mit­glie­dern, wo der RN „seit Mai 2017 rund 60 Pro­zent sei­ner Mit­glie­der ver­lo­ren“ (NZZ, 2.10.2018) habe noch bei den Par­tei­gel­dern, wo sich der Schul­den­stand mitt­ler­wei­le auf 12 bis 13 Mil­lio­nen Euro erhöht hat.

Bei der FPÖ belief sich der Schul­den­stand nach der Abspal­tung des BZÖ 2005 auf fünf Mil­lio­nen Euro (Kurier, 28.11.2018). Die Sanie­rung der blau­en Par­tei­fi­nan­zen soll trotz eines kos­ten­in­ten­si­ven Natio­nal­rats­wahl­kamp­fes 2006 durch einen Kre­dit der Wie­ner FPÖ gelun­gen sein. Die­se wun­der­schö­ne Legen­de, die an das Kon­strukt der eier­le­gen­den Woll­milch­sau anknüpft, wur­de bis­her nie wirk­lich hin­ter­fragt und ana­ly­siert. Dabei hat der „Stan­dard“ im Jahr 2000 erstaun­lich vie­le und sehr prä­zi­se Infos über die gel­di­gen Gön­ner der alten Hai­der-FPÖ zusam­men­ge­tra­gen. Und die 5‑Mil­lio­nen-Schil­ling-Geld­spen­de des Groß­in­dus­tri­el­len Tur­nau­er, die Mit­te der 1990er-Jah­re an die FPÖ in einem Plas­tik­sa­ckerl mit­tels eines Boten, der jetzt Jus­tiz­mi­nis­ter ist, darf natür­lich auch nicht ver­ges­sen werden.

Bei der AfD geht’s viel­leicht ohne Plas­tik­sa­ckerl, aber, wie sich jetzt nach eini­gen Wochen inten­si­ver Recher­chen her­aus­stellt, jeden­falls um höhe­re Sum­men. Dabei hat­te die Par­tei in ihrem Grund­satz­pro­gramm von 2016 noch groß­spu­rig ver­kün­det: „Unab­ding­bar ist auch eine restrik­ti­ve und Kor­rup­ti­on ver­mei­den­de Neu­ord­nung der Spen­den­re­ge­lun­gen. Fer­ner soll den deut­schen Par­tei­en die Betei­li­gung an Unter­neh­men sowie die Annah­me von Fir­men-Spen­den ver­bo­ten wer­den.

Grundsatzprogramm AfD zu Spenden (S. 22)
Grund­satz­pro­gramm AfD zu Spen­den (S. 22)

Ali­ce Wei­del, Frak­ti­ons­chefin der AfD im deut­schen Bun­des­tag neben Alex­an­der Gau­land, jubel­te 2017 über die „klu­gen Wäh­ler“ der AfD, die sich nicht täu­schen las­sen, son­dern „wis­sen, dass die AfD die ein­zi­ge Par­tei in Deutsch­land ist, die den Mut zur Umset­zung von ech­ten Refor­men hat, unver­braucht und ohne Ein­fluss von Kli­en­tel- und Lob­by­grup­pen Poli­tik macht“ (AfD, 12.6.2017).

Das sieht mitt­ler­wei­le doch etwas anders aus. Zunächst wur­de durch ein Recher­chen­etz­werk aus Süd­deut­scher Zei­tung, WDR und NDR bekannt, dass Ali­ce Wei­del über ihren AfD-Kreis­ver­band Boden­see im Jahr 2017 Spen­den aus der Schweiz erhal­ten hat­te, die sie im Wahl­kampf auch ver­wen­det hat. Der „Spie­gel“ (Nr. 47/17.11.18) dazu: „Wei­dels Leu­te nutz­ten das Geld, als sei es fest ein­ge­plant gewe­sen. Sie bezahl­ten eine Anwalts­kanz­lei für Medi­en­recht, die juris­tisch gegen kri­ti­sche Jour­na­lis­ten vor­ging. Geld floss auch an einen Social-Media-Exper­ten, der für Wei­del Wer­bung auf Face­book kauf­te.

Weidel will nichts gewusst haben
Wei­del will nichts gewusst haben

Nicht die gekauf­ten Face­book-Likes für Wei­del, aber die Annah­me von Spen­den aus dem (Nicht EU-)Ausland durch Par­tei­en ist in Deutsch­land ille­gal. Noch dazu war von Beginn an ziem­lich klar, dass die Spen­den, die in 18 Tran­chen gestü­ckelt auf das Kon­to des AfD-Kreis­ver­ban­des mit dem Ver­merk „Wahl­kampf­spen­de Ali­ce Wei­del Social­me­dia“ tröp­fel­ten, nicht wirk­lich von der Fir­ma PWS (Phar­ma­W­ho­le­Sa­le) in Zürich stam­men konn­ten. So wuss­te die „Neue Zür­cher Zei­tung“ über den Geschäfts­füh­rer der Fir­ma zu berich­ten, dass „der spen­da­ble Apo­the­ker (…) so eini­ges auf dem Kerb­holz“ habe und wegen Miss­wirt­schaft zu Scha­den­er­satz in Höhe von meh­re­ren Mil­lio­nen Fran­ken ver­ur­teilt wor­den ist.

„Im Auf­trag eines Geschäfts­freun­des“, der nicht genannt wer­den woll­te, wur­den die ille­ga­len Spen­den­gel­der an den AfD-Kreis­ver­band 2017 über­wie­sen und dann im April 2018 rück­über­wie­sen – aller­dings nicht voll­stän­dig. In einer zwei­ten Wel­le wur­de dann bekannt, dass es noch einen zwei­ten Groß­spen­der gab, der für Wei­del viel Geld locker gemacht hat­te: Am 12. Febru­ar 2018 wur­den 150.000 Euro über­wie­sen – durch eine Stif­tung „Iden­ti­teit“ aus den Nie­der­lan­den. Die­se Spen­de wur­de zu spät dem Bun­des­tag gemel­det und erst im Mai 2018 rück­über­wie­sen, nach­dem die AfD die Stif­tung zunächst fälsch­lich in Bel­gi­en ver­or­tet hat – „ein pein­li­cher Feh­ler“ (Spie­gel Nr. 47/2018).

Im „Spie­gel“ (Nr. 47/2018) wur­de dann auch der Stif­tungs­grün­der Flo­ris Mari­nus Berkhout und der Stif­tungs­zweck, die „Erfor­schung der euro­päi­schen Iden­ti­tät“ genannt. Viel mehr war über die „Sticht­ing Iden­ti­teit“, die mit 1. Okto­ber 2018 ihre Tätig­keit schon wie­der ein­ge­stellt hat, bis­her nicht zu erfahren.

Stichting Identiteit Europa
Sticht­ing Iden­ti­teit Europa

Damit noch nicht genug: Durch eine Recher­che des „Spie­gel“ und der Schwei­zer „Wochen­zei­tung“ (WoZ) wur­de jetzt einer der ganz gro­ßen Gön­ner der AfD geoutet: der deut­sche Mul­ti­mil­li­ar­där August von Finck, der schon seit Jahr­zehn­ten rech­te Par­tei­en, Initia­ti­ven und Ver­ei­ne mit Mil­lio­nen unter­stützt. „Rechts vom Gustl steht bloß noch Dschin­gis-Khan“, beschreibt den grei­sen Geld­ge­ber ein mit ihm gut bekann­ter Ban­ker – so der „Spie­gel“ (Nr. 48/2018). Fincks Vater för­der­te Hit­ler und die Nazis. Laut „Spie­gel“ wur­de die weit­aus größ­te För­der­sum­me über den „Ver­ein zur Erhal­tung der Rechts­staat­lich­keit und der bür­ger­li­chen Frei­hei­ten“ abge­wi­ckelt, der die AfD über Pla­kat­ak­tio­nen und Zei­tun­gen mit Wahl­emp­feh­lun­gen für die AfD mit min­des­tens 10 Mil­lio­nen Euro unter­stützt haben soll, Dazu kom­men noch klei­ne­re Sum­men, die über PR-Agen­tu­ren wie die Schwei­zer „Goal AG“, die auch für die FPÖ Wahl­kämp­fe geführt hat, und die Münch­ner „Word­statt“ abge­wi­ckelt wor­den sein sol­len. Die umfang­rei­che Recher­che des „Spie­gel“ fin­det sich lei­der nur in der Print-Aus­ga­be (Nr. 48 vom 24.11.18), online ist nur ein knap­per Aus­zug verfügbar.

Gegen Ali­ce Wei­del und wei­te­re drei Per­so­nen wur­den wegen der Spen­den aus der Schweiz von der Staats­an­walt­schaft Kon­stanz Ermitt­lun­gen wegen des Ver­dachts des Ver­sto­ßes gegen das Par­tei­en­gesetz Ermitt­lun­gen ein­ge­lei­tet. Poli­ti­sche und recht­li­che Kon­se­quen­zen aus den Finck’schen Rie­sen­spen­den ste­hen noch aus.

P.S.: Ein Bei­trag der „Süd­deut­schen Zei­tung“ aus dem Jahr 2017 lie­fert eini­ge erhel­len­de Fak­ten zu den rech­ten AfD-För­de­rern, die sich in der deut­schen August von Hay­ek-Gesell­schaft ver­sam­melt haben.

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