AfD-Spendenskandal: Geldige Gönner

Seit eini­gen Wochen hat die Partei, die sich Alter­na­tive für Deutsch­land (AfD) nen­nt, nicht bloß mit einem immer stärk­er wer­den­den Recht­sex­trem­is­mus-Ver­dacht zu kämpfen,  der sich nicht nur auf einige Rand­fig­uren beschränkt, son­dern auch mit mas­siv­en Kor­rup­tionsvor­wür­fen. Die 2013 als neolib­erales Pro­fes­soren­pro­jekt ent­standene Partei hat trotz mehrerer Spal­tun­gen und ein­er mit­tler­weile gefes­tigten völkisch-nationalen Mehrheitsströ­mung ihre Geldge­ber im Geldadel.

Die aktuellen Sor­gen der AfD hät­ten ver­mut­lich andere recht­sex­treme Parteien gerne. Etwa der Rassem­ble­ment Nation­al (RN) von Marine Le Pen, der „nationalen Samm­lungs­be­we­gung“, der trotz der Umbe­nen­nung das Sam­meln nicht gelin­gen will – wed­er bei den Mit­gliedern, wo der RN „seit Mai 2017 rund 60 Prozent sein­er Mit­glieder ver­loren“ (NZZ, 2.10.2018) habe noch bei den Parteigeldern, wo sich der Schulden­stand mit­tler­weile auf 12 bis 13 Mil­lio­nen Euro erhöht hat.

Bei der FPÖ belief sich der Schulden­stand nach der Abspal­tung des BZÖ 2005 auf fünf Mil­lio­nen Euro (Kuri­er, 28.11.2018). Die Sanierung der blauen Partei­fi­nanzen soll trotz eines kosten­in­ten­siv­en Nation­al­ratswahlkampfes 2006 durch einen Kred­it der Wiener FPÖ gelun­gen sein. Diese wun­der­schöne Leg­ende, die an das Kon­strukt der eier­legen­den Wollmilch­sau anknüpft, wurde bish­er nie wirk­lich hin­ter­fragt und analysiert. Dabei hat der „Stan­dard“ im Jahr 2000 erstaunlich viele und sehr präzise Infos über die geldigen Gön­ner der alten Haider-FPÖ zusam­menge­tra­gen. Und die 5‑Mil­lio­nen-Schilling-Geld­spende des Großin­dus­triellen Tur­nauer, die Mitte der 1990er-Jahre an die FPÖ in einem Plas­tik­sack­erl mit­tels eines Boten, der jet­zt Jus­tizmin­is­ter ist, darf natür­lich auch nicht vergessen werden.

Bei der AfD geht’s vielle­icht ohne Plas­tik­sack­erl, aber, wie sich jet­zt nach eini­gen Wochen inten­siv­er Recherchen her­ausstellt, jeden­falls um höhere Sum­men. Dabei hat­te die Partei in ihrem Grund­satzpro­gramm von 2016 noch großspurig verkün­det: „Unab­d­ing­bar ist auch eine restrik­tive und Kor­rup­tion ver­mei­dende Neuord­nung der Spenden­regelun­gen. Fern­er soll den deutschen Parteien die Beteili­gung an Unternehmen sowie die Annahme von Fir­men-Spenden ver­boten wer­den.

Grundsatzprogramm AfD zu Spenden (S. 22)

Grund­satzpro­gramm AfD zu Spenden (S. 22)

Alice Wei­del, Frak­tion­schefin der AfD im deutschen Bun­destag neben Alexan­der Gauland, jubelte 2017 über die „klu­gen Wäh­ler“ der AfD, die sich nicht täuschen lassen, son­dern „wis­sen, dass die AfD die einzige Partei in Deutsch­land ist, die den Mut zur Umset­zung von echt­en Refor­men hat, unver­braucht und ohne Ein­fluss von Klien­tel- und Lob­by­grup­pen Poli­tik macht“ (AfD, 12.6.2017).

Das sieht mit­tler­weile doch etwas anders aus. Zunächst wurde durch ein Recherch­enet­zw­erk aus Süd­deutsch­er Zeitung, WDR und NDR bekan­nt, dass Alice Wei­del über ihren AfD-Kreisver­band Bodensee im Jahr 2017 Spenden aus der Schweiz erhal­ten hat­te, die sie im Wahlkampf auch ver­wen­det hat. Der „Spiegel“ (Nr. 47/17.11.18) dazu: „Wei­dels Leute nutzten das Geld, als sei es fest einge­plant gewe­sen. Sie bezahlten eine Anwalt­skan­zlei für Medi­en­recht, die juris­tisch gegen kri­tis­che Jour­nal­is­ten vorg­ing. Geld floss auch an einen Social-Media-Experten, der für Wei­del Wer­bung auf Face­book kaufte.

Weidel will nichts gewusst haben

Wei­del will nichts gewusst haben

Nicht die gekauften Face­book-Likes für Wei­del, aber die Annahme von Spenden aus dem (Nicht EU-)Ausland durch Parteien ist in Deutsch­land ille­gal. Noch dazu war von Beginn an ziem­lich klar, dass die Spenden, die in 18 Tranchen gestück­elt auf das Kon­to des AfD-Kreisver­ban­des mit dem Ver­merk „Wahlkampf­spende Alice Wei­del Social­me­dia“ tröpfel­ten, nicht wirk­lich von der Fir­ma PWS (Phar­maW­hole­Sale) in Zürich stam­men kon­nten. So wusste die „Neue Zürcher Zeitung“ über den Geschäfts­führer der Fir­ma zu bericht­en, dass „der spend­able Apothek­er (…) so einiges auf dem Kerb­holz“ habe und wegen Mis­s­wirtschaft zu Schaden­er­satz in Höhe von mehreren Mil­lio­nen Franken verurteilt wor­den ist.

„Im Auf­trag eines Geschäfts­fre­un­des“, der nicht genan­nt wer­den wollte, wur­den die ille­galen Spenden­gelder an den AfD-Kreisver­band 2017 über­wiesen und dann im April 2018 rück­über­wiesen – allerd­ings nicht voll­ständig. In ein­er zweit­en Welle wurde dann bekan­nt, dass es noch einen zweit­en Großspender gab, der für Wei­del viel Geld lock­er gemacht hat­te: Am 12. Feb­ru­ar 2018 wur­den 150.000 Euro über­wiesen – durch eine Stiftung „Iden­titeit“ aus den Nieder­lan­den. Diese Spende wurde zu spät dem Bun­destag gemeldet und erst im Mai 2018 rück­über­wiesen, nach­dem die AfD die Stiftung zunächst fälschlich in Bel­gien verortet hat – „ein pein­lich­er Fehler“ (Spiegel Nr. 47/2018).

Im „Spiegel“ (Nr. 47/2018) wurde dann auch der Stiftungs­grün­der Floris Mar­i­nus Berk­hout und der Stiftungszweck, die „Erforschung der europäis­chen Iden­tität“ genan­nt. Viel mehr war über die „Sticht­ing Iden­titeit“, die mit 1. Okto­ber 2018 ihre Tätigkeit schon wieder eingestellt hat, bish­er nicht zu erfahren.

Stichting Identiteit Europa

Sticht­ing Iden­titeit Europa

Damit noch nicht genug: Durch eine Recherche des „Spiegel“ und der Schweiz­er „Wochen­zeitung“ (WoZ) wurde jet­zt ein­er der ganz großen Gön­ner der AfD geoutet: der deutsche Mul­ti­mil­liardär August von Finck, der schon seit Jahrzehn­ten rechte Parteien, Ini­tia­tiv­en und Vere­ine mit Mil­lio­nen unter­stützt. „Rechts vom Gustl ste­ht bloß noch Dschingis-Khan“, beschreibt den greisen Geldge­ber ein mit ihm gut bekan­nter Banker – so der „Spiegel“ (Nr. 48/2018). Fincks Vater förderte Hitler und die Nazis. Laut „Spiegel“ wurde die weitaus größte Förder­summe über den „Vere­in zur Erhal­tung der Rechtsstaatlichkeit und der bürg­er­lichen Frei­heit­en“ abgewick­elt, der die AfD über Plakatak­tio­nen und Zeitun­gen mit Wahlempfehlun­gen für die AfD mit min­destens 10 Mil­lio­nen Euro unter­stützt haben soll, Dazu kom­men noch kleinere Sum­men, die über PR-Agen­turen wie die Schweiz­er „Goal AG“, die auch für die FPÖ Wahlkämpfe geführt hat, und die Münch­n­er „Word­statt“ abgewick­elt wor­den sein sollen. Die umfan­gre­iche Recherche des „Spiegel“ find­et sich lei­der nur in der Print-Aus­gabe (Nr. 48 vom 24.11.18), online ist nur ein knap­per Auszug verfügbar.

Gegen Alice Wei­del und weit­ere drei Per­so­n­en wur­den wegen der Spenden aus der Schweiz von der Staat­san­waltschaft Kon­stanz Ermit­tlun­gen wegen des Ver­dachts des Ver­stoßes gegen das Parteienge­setz Ermit­tlun­gen ein­geleit­et. Poli­tis­che und rechtliche Kon­se­quen­zen aus den Finck’schen Riesen­spenden ste­hen noch aus.

P.S.: Ein Beitrag der „Süd­deutschen Zeitung“ aus dem Jahr 2017 liefert einige erhel­lende Fak­ten zu den recht­en AfD-Förder­ern, die sich in der deutschen August von Hayek-Gesellschaft ver­sam­melt haben.