Die Weißen
Er hat schon mehrere literarische Bücher geschrieben, aber noch immer keinen eigenen Wikipedia-Eintrag, auf den wir wegen weiterer biografischer Daten verweisen könnten. Aber immerhin, ein regionales Wiki-Projekt, Atterwiki, liefert einen ausführlichen Eintrag zu Luis Stabauer, der vor kurzem seinen Roman „Die Weißen“ veröffentlichte. „Ein spannendes und berührendes Buch“, schreibt der Politologe Emmerich Talos dazu. Stabauer arbeitet sich darin literarisch an der Widerstandsgruppe „Die Weißen“ um den Wiener Mechaniker Franz Plotnarek ab, die ab 1940 durch einen Spitzel bei der Gestapo denunziert wurde (mehr dazu in den Mitteilungen des DÖW Folge 237). An Friedrich Zawrel, dem vom Nazi-Arzt und späteren Psychiater und Gerichtsgutachter geschundenen Kind, orientiert sich die zweite Hauptperson im Roman und erzählt über ihn auch von den „Euthanasie“-Morden am Spiegelgrund und von der unglaublichen Karriere des Heinrich Gross.
Am 22. Jänner 2019 präsentiert Luis Stabauer sein Buch im DÖW, musikalisch begleitet von Reinhart Sellner.
Luis Stabauer, Die Weißen. Roman. Hollitzer-Verlag Wien 2018. € 25,-
Und alle winkten. Im Schatten der Autobahn
Auch zu Bruno Schernhammer gibt’s keinen Wiki-Eintrag, dabei hätte der Romanautor auch einen interessanten Lebenslauf anzubieten. In den 1980er-Jahren war er Betriebsrat in der Voest bei den legendären „Breitmaulfröschen“, absolvierte dann ein Studium der Philosophie und Soziologie in Wien und arbeitet im Bereich Arbeitsmarktpolitik. Schernhammers Roman behandelt den Bau der Autobahnbrücke bei Vorchdorf über das Almtal, der während der NS-Zeit durch polnische Zwangsarbeiter und russische Kriegsgefangene unter absolut schrecklichen Bedingungen begonnen und im Herbst 1961 mit ihrer feierlichen Eröffnung durch den oberösterreichischen Landeshauptmann, der den „ österreichischen Fleiß“ beim Bau der Brücke lobte, abgeschlossen wurde.
Die OÖN rezensiert: „Schernhammer hat jahrelang für sein Buch recherchiert. Er erzählt die Geschichte des Autobahnbaus multiperspektivisch – aber in jeder Hinsicht von unten aus gesehen. Aus den Augen der Arbeiterkinder im Almtal und aus Sicht der Zwangsarbeiter, die in Baracken als Sklaven gehalten wurden. Die bis zum Umfallen arbeiteten und in vielen Fällen anschließend in Konzentrationslagern umgebracht wurden. Aber auch ein Ich-Erzähler als Alter Ego des Autors berichtet von seiner Jugend im Schatten der Brückenpfeiler.“
Bruno Schernhammer, Und alle winkten. Im Schatten der Autobahn. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft, Wien 2018. € 21,-
Das ist bei uns nicht möglich
Ein erschreckend aktueller Roman des US-Schriftstellers Sinclair Lewis (1885–1951), der 1930 den Literatur-Nobelpreis erhalten hatte – in Würdigung seines Romans Babbitt. Heute müsste er eigentlich den einen oder anderen Preis für seinen dystopischen Roman erhalten, in dem er den Aufstieg des windigen Politikers Berzelius „Buzz“ Windrip zum Präsidenten der USA erzählt. In nur wenigen Monaten hat Sinclair Lewis das Buch 1935 verfasst, gedacht als Wahlkampfunterstützung für Franklin D. Roosevelt, der im Roman seine Kandidatur aufgibt, in Wirklichkeit aber 1936 erneut zum Präsidenten gewählt wurde. Lewis‘ Darstellung von Windrip enthält verblüffende Parallelen zum aktuellen Präsidenten der USA – so, wie man auch in der Darstellung seines „satanischen“ Sekretärs Lee Sarason Steve Bannon erahnen kann. Die Parallelen waren es denn auch, die 2017 den Aufbau-Verlag dazu veranlassten, das weitgehend vergessene Buch neu aufzulegen. „Das ist bei uns nicht möglich“ dachten sich die Liberalen, Demokraten und Linken im Roman von Lewis damals, und dann wurde es doch möglich: ein blinder Nationalismus und Rassismus , ein verlogener Populismus, der dem „kleinen Mann“ zunächst alles verspricht, um ihm dann auch noch das Wenige, was er hat, zu nehmen, eine brutale Diktatur nach der Machtergreifung und schließlich ein Krieg mit Mexiko, gegen das Trump jetzt – 80 Jahre später – eine Mauer errichten will.
Vor den Präsidentschaftswahlen 2016 gab es öffentliche Lesungen an US-Universitäten aus dem Buch bzw. dessen Bühnenfassung, die Lewis 1936 fertiggestellt hat. Vermutlich dachten die meisten 2016 noch, dass eine Präsidentschaft Trump nicht möglich wäre. Doch, wir werden uns noch wundern, was alles möglich ist!
Sinclair Lewis, Das ist bei uns nicht möglich. Aufbau-Verlag, Berlin 2017. € 25,-
Alles kann passieren!
Es ist ein schmales Büchlein, aber die Texte, die Doron Rabinovici, Schriftsteller und Mitglied des Beirats von Stopptdierechten, und Florian Klenk, Chefredakteur des „Falter“, da ausgewählt haben, haben es in sich: Es handelt sich um Ausschnitte von Reden von Matteo Salvini, Herbert Kickl, Viktor Orbán, JarosławKaczyński, Mateusz Morawiecki, Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer und Miloš Zeman.
Der „Falter“ schrieb dazu: „Doron Rabinovici montierte die Worte zu einem Stück, das immer schauriger wurde. Denn die Reden sind süßlich, zum Teil durchaus humorvoll. Nur wer sie in ganzer Länge liest, erkennt die Verlockung der Rattenfänger.“ – Das kann man wohl so sagen. Eigentlich Pflicht! Die Texte wurden in einer szenischen Lesung am 21. November 18 im Wiener Akademietheater aufgeführt. Eine weitere Aufführung findet am 31.Jänner 2019 statt – Infos zum Kartenverkauf gibt’s hier.
Doron Rabinovici/Florian Klenk, Alles kann passieren! Ein Polittheater. Zsolnay Verlag Wien 2018. € 10,30
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