Rassismus an der Wand

Aktiv werden – handeln!

Rassismus an der Wand*

Egal, ob im Schulk­lo, in der U‑Bahn, auf dem Haus nebe­nan, am Arbeit­splatz, im Bus, im Stiegen­haus oder auf der Haustüre, ob gegen eine einzelne Per­son oder Grup­pen gerichtet, ob mit­tels Spray­dose, Filz-Mark­er, Krei­de oder Stick­er ange­bracht – ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che und sex­is­tis­che Graf­fi­tis sind überall.

Im öffentlichen Raum wird grup­pen­be­zo­gene Men­schen­feindlichkeit fol­glich nicht nur am deut­lich­sten sicht­bar, son­dern auch erleb­bar. Verspot­tun­gen, Beschimp­fun­gen, Bespuck­un­gen, Schläge und andere Gewal­tak­te zählen zu den vielfälti­gen Artiku­la­tions­for­men diskri­m­inieren­der Ver­hal­tensweisen. Für viele davon Betrof­fene gehören daher ras­sis­tis­che Graf­fi­tis lei­der eben­so zum All­t­ag wie Beschimp­fun­gen oder kör­per­liche Über­griffe. Umso wichtiger ist es, dass engagierte Men­schen ein­schre­it­en und diskri­m­inieren­den Hand­lun­gen etwas ent­ge­genset­zen. So ist es nicht nur wichtig, gegen diskri­m­inierende Ver­hal­tensweisen Stel­lung zu beziehen, son­dern ihrer Selb­stver­ständlichkeit des Boden zu entziehen – und das fängt schon im Kle­in­sten wie beispiel­sweise ras­sis­tis­chen Graf­fi­tis an.

ZARA, ein Vere­in für Zivil­courage und Anti-Ras­sis­mus-Arbeit, bietet nicht nur Beratung für Betrof­fene an, son­dern ver­sucht seit 2000 über die Doku­men­ta­tion ras­sis­tis­ch­er Vor­fälle und Beschmierun­gen im jährlichen Ras­sis­mus­re­port auch die Öffentlichkeit zu sen­si­bil­isieren. 2017 wur­den ins­ge­samt 1.162 ras­sis­tis­che Vor­fälle von dem ZARA-Team doku­men­tiert, davon ca. 40% im Inter­net – die Ten­denz ist hier stark steiegend.

Was kann ich dagegen tun/ Wie kann ich mich wehren?

Es gibt etliche Strate­gien gegen anti­semi­tis­che, ras­sis­tis­che und sex­is­tis­che Graf­fi­ti vorzuge­hen. Im Fol­gen­den stellen wir einige Möglichkeit­en vor:

•    Anzeige nach dem Ver­bots­ge­setz oder wegen Verhetzung
Nach dem §283 des Strafge­set­zbuch­es (StGB) Ver­het­zung, kann eine Anzeige erstat­tet wer­den, wenn eine Per­son in der Öffentlichkeit „gegen eine […] [Min­der­heit, Reli­gion­s­ge­mein­schaft, Bevölkerungs­gruppe usw.] het­zt oder sie in ein­er die Men­schen­würde ver­let­zen­den Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht“. Hak­enkreuze und andere (Neo-)Nazi Sym­bole kön­nen nach dem Ver­bots­ge­setz angezeigt wer­den, dann lan­den sie vor Gericht. Zudem kön­nen der­ar­tige Schmier­ereien auch direkt bei der Polizei wegen Ver­stößen gegen das NS-Abze­ichenge­setz gemeldet wer­den. Die Anzeigen bei der Polizei bleiben meist ohne Fol­gen, die Graf­fi­ti wer­den nur sel­ten ent­fer­nt. (Siehe Was melde ich wie wo?)

•    Hausverwaltung/ Besitzer_innen/ Bewohner_innen kontaktieren
Wenn ein verhetzendes/rassistisches Graf­fi­ti etwa auf ein­er Hauswand ange­bracht wurde, kann die Hausver­wal­tung oder die BesitzerIn­nen kon­tak­tiert wer­den. Oft reicht es die Hausver­wal­tung zu informieren (zum Beispiel per mail, Namen und Kon­tak­tadresse find­est du in der Regel im Stiegen­haus). Du kannst auch fra­gen, ob du das Graf­fi­ti selb­st über­malen darf­st. Die Hausver­wal­tun­gen reagieren sehr unter­schiedlich, manche sind sehr motiviert anti­ras­sis­tis­che Maß­nah­men zu set­zen, andere antworten nie.

•    Übersprayen/Übermalen/Kommentieren/Überstickern
Mit diesen Aktiv­itäten bewegst du dich im rechtlichen Graubere­ich: Wenn die Hausbesitzer_innen ihre Zus­tim­mung gegeben haben, dro­ht dir keine Strafe. Ohne Erlaub­nis kann es unter Umstän­den zu ein­er Strafe führen. Lei­der unter­schei­det die gel­tende Geset­zes­lage nicht zwis­chen ini­tialer Beschmierung und reak­tiv­er Bear­beitung, was bis heute als durch­wegs hin­ter­fra­genswert erachtet wer­den muss, da beim Übersprayen/Überkleben the­o­retisch keine neue Sachbeschädi­gung began­gen wird, son­dern lediglich über eine schon vorhan­dene drüber-gesprayt/-gek­lebt. Der Vorteil dieser anti­ras­sis­tis­chen Inter­ven­tio­nen ist, dass sie schnell und unkom­pliziert sind.
2006 entwick­elte das Bau­un­ternehmen Bau­mann in Zusam­me­nar­beit mit ZARA eine so genan­nte „Beschmierungsam­bu­lanz“, die kosten­los Ent­fer­nun­gen von anti­semi­tis­chen und ras­sis­tis­chen Beschmierun­gen durch­führte – wenn auch nur in Absprache mit den Hauseigentümer_innen/der Hausver­wal­tung. Lei­der gibt es das Pro­jekt inzwis­chen nicht mehr. Das aber nicht bedeutet, dass der Bedarf danach nicht mehr vorhan­den wäre oder es  nicht andere Men­schen inspiri­eren kön­nte, die Idee wieder aufzu­greifen! (http://derstandard.at/2701407/Baumeister-mit-antirassistischer-Ambition)

•    Doku­men­tieren
Hast du eine anti­semi­tis­ches oder ras­sis­tis­ches Graf­fi­ti ent­deckt, kannst du diese Ent­deck­ung doku­men­tieren (Foto, Adresse, Beschrei­bung …) und an NGOs weit­er­leit­en. ZARA, das Forum gegen Anti­semitismus und das Doku­men­ta­tion­sarchiv des öster­re­ichis­chen Wider­standes (DÖW) sam­meln und doku­men­tieren diese Graffiti.

Weit­er­führende Infos:
ZARA: „Ras­sis­mus Report 2017“ Online hier abruf­bar.
UNITED Han­dre­ichung: „Recht­sex­treme Graf­fi­ti erken­nen und bekämpfen“. Online hier abruf­bar.

*Die Grund­lage dieses Textes erschien 2010 in der Broschüre „Don’t pan­ic!“ der Grün-alter­na­tiv­en Jugend Wien (GAJ-Wien). Da es die Broschüre nicht mehr im Inter­net gibt und Teile des Texts nicht mehr aktuell sind, wurde er von Stoppt die Recht­en angepasst.