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Dieser Artikel wurde ins Archiv verschoben. 22.5.2017
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Was ist Antisemitismus?
Einige halten den Hass auf Jüdinnen und Juden nur mehr für ein Überbleibsel der Geschichte. Ganz im Gegenteil lässt sich jedoch seit längerem wieder eine Zunahme antisemitischer Einstellungen ebenso wie Angriffe auf Jüdinnen und Juden und jüdische Einrichtungen verzeichnen. Das häufigste Motiv des gegenwärtigen Antisemitismus ist nach wie vor jenes der „jüdischen Weltverschwörung“, also der Annahme, Jüdinnen und Juden würden (verdeckten) finanziellen und politischen Einfluss auf das Weltgeschehen ausüben. Die Vorstellung eines „ewigen Antisemitismus“ (nach der es Antisemitismus gibt, weil es schon davor Antisemitismus gab) bietet sich oftmals schnell als Erklärung an. Antisemitismus wird hierbei jedoch zu einer Selbstverständlichkeit der Geschichte erklärt – und auch die gegenwärtige Gesellschaft muss so nicht mehr allzu genau betrachtet werden. Gerade die Langlebigkeit des Antisemitismus hängt jedoch wesentlich damit zusammen, dass dieser im Lauf der Zeit immer wieder seine Formen sowie seine gesellschaftliche Funktion verändert hat.
Der Antisemitismus als Gemeinschaftsideologie – Zur individuellen und gesellschaftlichen Funktion des Antisemitismus
Brauchbare Erklärungen des Antisemitismus sagen uns nichts über dessen „Objekte“ (die Jüdinnen und Juden), sondern nur über dessen Subjekte: die Antisemit_innen bzw. die Gesellschaft, die sie hervorbringt. Das Objekt des Antisemitismus hingegen interessiert nur unter dem Aspekt seiner sozialen Konstruktion. Oder wie Jean-Paul Sartre dies formulierte: „Gäbe es keine Juden, der Antisemit würde sie erfinden“.
Theodor W. Adorno und Max Horkheimer beschrieben die Wirkungsweise des Antisemitismus auf individueller Ebene als falsche Projektion. Hierbei werden verdrängte Ängste und Wünsche, die das Individuum in der Gesellschaft nicht zulassen darf, auf „den Fremden“ abgespalten. Antisemit_innen sehen in Jüdinnen und Juden also immer nur das, was sie selbst in diese „hineingelegt“ haben. Dieser Prozess ist der Reflexion somit zunächst nicht zugänglich. Beim Antisemitismus handelt es sich also nicht einfach um ein Vorurteil, welches schlichtweg mit Wissen bzw. Fakten über Jüdinnen und Juden oder das Judentum korrigiert werden könnte. Gefestigte Antisemit_innen wollen darüber hinaus ihre eigenen Vorstellungen auch gar nicht korrigieren, da der Glaube an das Ressentiment einen psychischen (Lust-)Gewinn verschafft: „Sein Ich bläht sich auf, er fühlt sich überlegen, denn er gehört einer Gemeinschaft mit angeblich höheren Werten an: der Gemeinschaft der Nichtjuden.“ (Simmel 1993, 60).
Je stärker die Identifikation mit den gesellschaftlichen Normen, desto heftiger die ablehnende und hasserfüllte Reaktion auf all diejenigen, welche diesen Normen – tatsächlich oder vorgestellt – nicht entsprechen. So werden Jüdinnen und Juden etwa als „Schmarotzer“ betrachtet, die vom Geld der anderen leben, aber selbst keine „ehrliche“ Arbeit verrichten würden. Je repressiver und uniformierter eine Gesellschaft, je rigider die Herrschaft „des Normalen“, je weniger Konflikte als soziale bzw. Interessenkonflikte wahrgenommen werden, desto stärker die autoritären Aggressionen sowie die Neigung zu Projektionen.
Darum muss der Antisemitismus (ebenso wie der Rassismus) immer auch als gesellschaftliches Phänomen verstanden werden. In diesem Sinne stellt der Antisemitismus eine Ideologie (der Vergemeinschaftung) dar, die durch die spezielle Form der Kollektivbildung als „Volk“ bzw. „Nation“ geprägt ist. Erst wenn begriffen wird, dass die Konstruktion des „Fremden“ nicht nur eine individuelle sondern auch eine gesellschaftliche Funktion aufweist, wird der Antisemitismus nicht mehr auf ein das (Fehl-)Verhalten Einzelner reduziert. Erst dann können die spezifischen Probleme der Gesellschaft identifiziert werden, aus denen der Antisemitismus erwächst und der Frage nachgegangen werden, wie diesen entgegengewirkt werden könnte.
Formen des Antisemitismus
- Religiöser Antisemitismus (Antijudaismus): Schon die Entstehung des Judentums stieß auf ablehnende Haltungen, da es sich als erste monotheistische Religion gegenüber den gängigen antiken Glaubensvorstellungen in der Minderheit befand. Jedoch erst mit der Herausbildung des Christentums zur Staatsreligion im 4. Jahrhundert wurde die Herabsetzung von Jüdinnen und Juden bzw. ihrem Glauben wesentliches Element staatlicher Machtpolitik und Repression. Das Selbstverständnis des Christentums, die einzig „wahre“ Religion zu sein, entwickelte sich hierbei in direkter Abgrenzung zum Jüdischen, dem dieses jedoch zugleich entwachsen war. Hierbei entstand der bis heute wirksame antijudaistische Vorwurf der „Gottesmörder“: „die Juden“ hätten Jesus Christus verraten und anschließend gekreuzigt. Als Strafe wären diese dazu verdammt, in der Welt umherzuirren und bis ans Ende der Tage von der Wahrheit des Christentums Zeugnis abzulegen. Jüdinnen und Juden, denen unterstellt wurde mit dem Teufel im Bunde zu sein, konnten somit auch von der Obrigkeit leicht als Sündenböcke benutzt werden. So wurde etwa die Schuld für das Aufkommen der Pest bei den ghettoisierten Juden, „den Brunnenvergiftern“, gesucht. Auch die „Ritualmordlegende”, wie etwa der Vorwurf das Brot für das jüdische Pessachfest mit dem Blut von Christenkindern zu backen, führte immer wieder zu Pogromen. Die spätere Ghettobildung erwies sich zwar teilweise als Schutz, führte jedoch dazu, dass Jüdinnen und Juden nun auch räumlich abgeschottet lebten – was wiederum den Vorwurf begünstigte, sie würden „einen Staat im Staat“ bilden. Zudem wurden Jüdinnen und Juden von den meisten handwerklichen Berufen weitgehend ausgeschlossen und somit vermehrt in den Handel gedrängt – besonders in den Geldverleih, da Christ_innen der so genannte „Wucher“ verboten wurde. Hiermit wurde das Stereotyp vom „geldgierigen Juden“, der zudem von der Arbeit anderer profitieren würden ohne selbst etwas zu erwirtschaften, wirksam. Auch entstand die Mär von der Verschwörung einflussreicher Juden gegen die christliche Mehrheitsgesellschaft. 1903 wurden im zaristischen Russland die sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion” geschrieben; ein gefälschtes „Geheimdokument“ das eine „jüdische Weltverschwörung“ aufzudecken behauptete. Obwohl dieses antisemitische Pamphlet selbst noch nicht vom „Rasse“-Gedanken geprägt war, wurde es später zu einem zentralen Werk, auf das sich auch der Nationalsozialismus berufen sollte.
- Moderner Antisemitismus – Vom Antijudaismus zum rassischen und eliminatorischen Antisemitismus: Mit dem Ende der feudalen Gesellschaftsordnung sowie dem Aufkommen der kapitalistisch-bürgerlichen Nationalstaaten veränderte sich auch die Funktion des Antisemitismus. Im Zuge der Aufklärung wurde die Gleichheit und Freiheit aller Menschen postuliert. Zudem wurden religiöse Weltanschauungen zunehmend durch wissenschaftliche abgelöst. So erfolgten etwa Bestrebungen der Entmachtung der Aristokratie und des christlichen Klerus, der Abschaffung der Leibeigenschaft sowie der Trennung von Staat und Religion (und damit einhergehend auch der Gleichstellung von Jüdinnen und Juden). Da soziale Herrschaft und Ungleichheit nunmehr nicht über das Bündnis von „Thron und Altar“ legitimiert werden konnten, begannen sich vermehrt pseudowissenschaftliche „Rassetheorien“ durchzusetzen.Ebenso kamen Bestrebungen auf, sich vom religiös begründeten Antijudaismus abzugrenzen und diese „zu verwissenschaftlichen“ – weshalb ihm auch ein neuer Name verliehen wurde: Antisemitismus. Zwar wurden bestehende anti-jüdische Stereotype fortgeschrieben, der Antisemitismus bekam hierbei jedoch eine neue Qualität, die über den Konflikt der Diskriminierung einer gesellschaftlichen Minderheit durch die Mehrheitsgesellschaft hinausging. So wurde beim christlichen Antijudaismus Jüdinnen und Juden grundsätzlich ein Ausweg aus Verfolgung und Diskriminierung mittels Übertritt zur „wahren“ Religion versprochen („Taufe oder Tod“). Beim modernen Antisemitismus wurden Jüdinnen und Juden nunmehr als fundamental „Andere“ sowie gefährliche „Rasse“ betrachtet. Der Antisemitismus konnte sich so zu einer umfassenden Ideologie bzw. einer eigenständigen Weltanschauung radikalisieren. Obwohl der moderne Antisemitismus im Wesentlichen aus der Vermischung des religiösen Antijudaismus mit dem modernen „Rasse“-Gedanken entstand, unterschied sich die soziale Positionierung von Jüdinnen und Juden jedoch auch von anderen ‚Rassifizierten’, wie etwa den Ausgebeuteten der Kolonien. Dies hing unter anderem damit zusammen, dass Jüdinnen und Juden nicht als Fremde „von Außen“ sondern aus dem „Inneren“ der Gesellschaft wahrgenommen wurden.
Als sich das anfängliche Glücksversprechen der Moderne nicht einzulösen begann und sich soziale Herausforderungen zuspitzten, wurde die Frage: „Wer ist schuld an unserem Unglück?“ immer häufiger mit „Die Juden!“ beantwortet. Dies umso mehr, da auch in der Moderne Ausbeutung nicht beendet worden war, sondern nunmehr indirekt erfolgte: nämlich in der Form von anonymen Marktgesetzen bzw. im Rahmen der so genannten „Wertschöpfung“ der Waren. Zudem verklärte die bürgerliche Ideologie die nach wie vor bestehende strukturelle Ungleichheit als Versagen der Einzelnen. Der ursprüngliche Hass gegen die „schlechten Seiten“ der Moderne richtete sich hierbei nicht zufällig auf das Ersatzobjekt „Jude“, dem schon zu früheren Zeiten Macht- und Geldgier nachgesagt wurde. Auch war es bequemer „die Juden“ für alles Schlechte verantwortlich zu machen, als sich gegen die tatsächlichen Autoritäten aufzulehnen.Somit war der Boden bereitet, auf dem der völkische und eliminatorische Antisemitismus des Nationalsozialismus gedeihen konnte. So stellte der NS jene Ideologie dar, die im Kern von der wahnhaften Vorstellung getragen wurde, an allem Unglück der Welt seien „die Juden“ schuld, weshalb die Erlösung Deutschlands bzw. der Welt in ihrer Vernichtung bestünde.
Nach dem „Zivilisationsbruch Auschwitz“: Antisemitismus ohne Antisemit_innen
Vor und während des NS war es nicht ungewöhnlich, sich offen zum Antisemitismus zu bekennen. Mit dem „Zivilisationsbruch Auschwitz“ vollzog sich eine schlagartige und zunächst von den Alliierten forcierte Tabuisierung des Antisemitismus. Die bekennenden Antisemit_innen sind zwar rar geworden, mehr oder weniger bewusste antijüdische Ressentiments haben sich jedoch ihre Hintertüren gesucht. Der gegenwärtige Antisemitismus scheint hierbei immer weniger ein eindeutiges „Zentrum“ zu besitzen – weder geographisch noch ideologisch. Auch verlaufen antisemitische Diskurse verstärkt quer zu den politischen Spektren – und wirken somit auch in unterschiedlichste Bereiche der Gesellschaft. So rückten unter dem Schlagwort „Neuer Antisemitismus“ neben „den üblichen Verdächtigen“ (Nazis und extreme Rechte) zunehmend auch andere Gruppierungen ins Blickfeld der Antisemitismusforschung – etwa Linke, autoritäre Regime und Gruppierungen außerhalb Europas sowie islamistische Organisationen.
- Sekundärer Antisemitismus: Hiermit wird eine spezielle Form des Antisemitismus beschrieben, die nach 1945 aus der Erinnerungs- und Schuldabwehr der Verbrechen der Shoah entstand. Dieser Antisemitismus „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“ trat somit vor allem in Deutschland und Österreich zutage und richtete sich häufig auch gegen Entschädigungsleistungen und Wiedergutmachungszahlungen. Beim sekundären Antisemitismus werden klassische antisemitische Ressentiments – etwa jenes der angeblichen Rachsucht oder Geldgier – wiederbelebt. In Österreich traten antisemitische Einstellungen beispielsweise angesichts der „Waldheim-Affäre“ besonders offen zutage. Kurt Waldheim kandidierte 1986 für das Amt des Bundespräsidenten. Als Waldheims NS-Vergangenheit als ehemaliger Offizier der Wehrmacht, der auch an Kriegsverbrechen beteiligt war, publik gemacht wurde, reagierten breite Teile der österreichischen Bevölkerung mit einer antisemitisch aufgeladenen Abwehrhaltung. So wurde etwa behauptet, bei den Anschuldigungen würde es sich um die Lügen einer „internationalen Verschwörung“ handeln.
- Israelbezogener Antisemitismus: Aus der Tabuisierung des offenen Antisemitismus entwickelte sich nach 1945 darüber hinaus ein israelbezogener bzw. antizionistischer Antisemitismus. Hierbei werden typische Stereotype und Semantiken des Antisemitismus nicht mehr einzelnen Jüdinnen und Juden zugeschrieben, sondern dem Staat Israel als „kollektivem Juden“. So wurde etwa der jüdische Gott im traditionellen Antisemitismus als „Rachegott“ beschrieben. Heute wird Israel etwa vorgeworfen, sie würden den Frieden im Nahost mit ihrer permanenten Rachsucht vereiteln und den Weltfrieden bedrohen. Auch die Übertragung bzw. Pauschalisierung der Kritik einzelner Akteur_innen und Institutionen des israelischen Staates auf alle Israelis bzw. „die Juden“ ist als antisemitisch zu bewerten. So führen etwa Teile der „Boycott, Disinvestment and Sanctions“ (BDS)-Bewegung eine Kampagne, die sich für den weltweiten Boykott von israelischen Wissenschaftler_innen ausspricht. Die Frage, wo Kritik an Israel endet und das antijüdische Ressentiment beginnt, ist immer wieder äußerst umstritten und führt dementsprechend auch zu Unsicherheiten. Um diese Unterscheidung besser ziehen zu können, hilft etwa die Arbeitsdefinition der Europäischen Union, die in der Antisemitismusforschung als Minimalkonsens gilt (European Forum on Antisemitism 2017). Dernach gilt eine Aussage in Bezug auf Israel als antisemitisch, wenn:
- dem jüdischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung abgestritten wird
- doppelte Standards angewendet werden
- Symbole und Bilder in Bezug auf Israel verwendet werden, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen
- die Politik der israelischen Regierung mit der Politik des Nationalsozialismus verglichen wird und/oder wenn Jüdinnen und Juden kollektiv für Handlung der israelischen Regierung verantwortlich gemacht werden - Linker und struktureller Antisemitismus: Auch wenn die Linke im Großen und Ganzen zu den entschiedensten Gegner_innen des Antisemitismus gehörte, lässt sich eine Tradition des linken Antisemitismus bis zum Frühsozialismus zurückverfolgen. Jedoch galt linker Antisemitismus, vor allem unter Linken selbst, lange als ein Widerspruch oder wurde als „Sozialismus des dummen Kerls“ verharmlost. Vor allem im Rahmen der globalisierungskritischen Bewegungen der 1990er und 2000er Jahre wurde verstärkt begonnen, auch linken Antisemitismus als solchen zu benennen und zu kritisieren – wie etwa jene Demonstrant_innen, die bei dem Protest gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos 2003 in Rumsfeld- und Sharon-Masken um ein goldenes Kalb mit Davidstern sprangen.
Als strukturell antisemitisch werden Ansichten bezeichnet, die sich nicht ausdrücklich gegen Jüdinnen und Juden richten, aber dem Antisemitismus von ihrer Begrifflichkeit und Argumentationsstruktur her ähneln. Dies betrifft etwa die Empörung über das „künstliche“ Geld, welches auch noch die Welt regieren würde oder, dass die Wirtschaft keine Grenzen mehr kenne und sich das Kapital sich keiner Nation zuordnen lasse. So komme es zu einer Dämonisierung des „unproduktiven Finanzkapital“, das sich auch der staatlichen Kontrolle zu entziehen scheint. In einem weiteren Schritt wird der Kapitalismus nicht mehr als gesellschaftliche Struktur verstanden, sondern auf bestimmte Gesellschaftsteile projiziert und damit personifiziert („die Bonzen“, „die Kapitalisten“, „die Eliten“, „die Imperialisten“). Diese als „böse“ gedachten Gruppen würden „mittels direkter Repression, Korruption durch Sozialpolitik und gemeiner Propaganda in den Medien die Guten, die Beherrschten, niederhalten.“ (Haury 1992, 139)
Des Weiteren weist der in der Linken weit verbreitete Antiamerikanismus strukturelle Ähnlichkeiten mit dem Antisemitismus auf. Auch ist es von dort bis zu dem antisemitischen Stereotyp, hinter der Politik der USA würde sich eine „jüdische Lobby“ verbergen, oft nicht mehr allzu weit. - Antisemitismus von Muslim_innen und islamisierter Antisemitismus: Angesichts der Zunahme antisemitischer Gewalttaten in Europa wird vermehrt darüber debattiert, inwiefern vor allem Formen des offenen Antisemitismus gehäuft unter Muslim_innen auftreten. Da auch dieser Antisemitismus wesentlich auf den in Europa entstandenen Antisemitismus aufbaut, wird mittlerweile häufiger dazu übergegangen, Begriffe wie „muslimischer“ oder „islamischer“ Antisemitismus zu vermeiden und stattdessen von einem „islamisierten“ Antisemitismus zu sprechen. Zugleich legt dieser Begriff jedoch nahe, dass bestimmte Elemente aus dem Islam abgeleitet werden können, was auch beim Antisemitismus von Muslim_innen jedoch nicht zwingend der Fall sein muss. Nach wie vor gibt es jedoch wenige Studien, die fundierte Aussagen darüber zulassen, welches Ausmaß, welche Struktur und welche Besonderheiten antisemitische Einstellungen unter Muslim_innen aufweisen. Zumal es sich bei „den“ Muslim_innen um eine äußerst heterogene Gruppe handelt.
Zur Autorin: Carina Klammer ist Soziologin und Teil der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (www.fipu.at)
Weiterführende Literaturtipps:
- Adorno, Theodor W.; Horkheimer, Max: Dialektik der Aufklärung, Frankfurt, 1969
- Amadeu Antonio Stiftung (Hg.): „Die Juden sind schuld.“ Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft am Beispiel muslimisch sozialisierter Milieus, 2009. (http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/aas-israel-2012.pdf)
- Amadeu Antonio Stiftung (Hg.): Kritik oder Antisemitismus? Eine pädagogische Handreichung zum Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus. (http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/aas-israel-2012.pdf)
- Claussen, Detlev (Hg.): Vom Judenhass zum Antisemitismus. Materialien einer verlängerten Geschichte. Darmstadt, 1987.
- European Forum on Antisemitism: Working Definition of Antisemitism, 2017. (https://european-forum-on-antisemitism.org/definition-of-antisemitism/english-english
- Haury, Thomas: Zur Logik des bundesdeutsche Antizionismus; in: Poliakov, Leon: Vom Antizionismus zum Antisemitismus, Freiburg, 1992.
- Kiefer, Michael: Antisemitismus in den islamischen Gesellschaften. Der Palästinakonflikt und der Transfer eines Feindbildes, Düsseldorf 2002.
- Peham, Andreas: Pathologische Massenbildung gegen Juden und Jüdinnen. Zur Psychoanalyse des Antisemitismus. (Erschienen in Context XXI 8/2002–1/2003, www.contextxxi.at/context/content/view/141/88/)
- Postone, Moishe: Deutschland, die Linke und der Holocaust. Politische Interventionen. Freiburg, 2005.
- Rabinovici, Doron; Speck, Ulrich; Sznaider, Nathan (Hg.): Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte, Frankfurt a.M., 2004
- Sartre, Jean Paul: Überlegungen zur Judenfrage; Hamburg, 1994
- Schiedel, Heribert: Gemeinschaftsbildung und Verfolgungswahn. Thesen zur Besonderheit des österreichischen Syndroms. In: Grigat, Stephan (Hg.): Transformationen des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschismus. Freiburg, 2012
- Simmel, Ernst: Elemente einer psychologischen Theorie des Antisemitismus. In: Ders. (Hg.): Antisemitismus. Frankfurt a. M., 1993.
- Wodak, Ruth: Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse. Wien/Hamburg, 2016.