Ein Innviertler schrieb auf Facebook, dass Asylanten kein Flugticket erhalten, sondern ins KZ Dachau gebracht werden sollten, worauf ein anderer dazu postet, dass die doch nach Mauthausen gebracht werden sollten, um dort ein „bisserl brausen“ zu gehen oder bei der Todesstiege Steine zu schleppen. Gut so, dass sich der andere wegen Wiederbetätigung vor dem Landesgericht Ried verantworten musste. Das Urteil 5 Monate bedingt ist noch nicht rechtskräftig. Ein ausführlicher Bericht auf nachrichten.at.
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Strache wegen Hasspostings angezeigt
Mit einer umfangreichen „ergänzenden Sachverhaltsdarstellung“ hat jetzt Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, jede Menge Material von Straches Facebook-Seite an die Staatsanwaltschaft Wien zur Prüfung weitergeleitet. Dabei geht es Zanger in seiner Anzeige nicht nur um die zahlreichen unerträglichen Hetzpostings und deren VerfasserInnen, sondern um die Art und Weise, wie Strache mit diesen Hetzpostings umgeht. Weiter…
Bad Mitterndorf/Irdning: Attacke wegen Flüchtlingsheim?
Friedrich S. aus Bad Mitterndorf ist der Betreiber von mehreren mobilen Hendlgrill-Stationen. Irgendwann am Freitag oder Samstag der Vorwoche wurde bei zwei Anhängern insgesamt sechs Reifen durchstochen. Der Schaden, der sich auf rund 1.000 Euro beläuft, ist das eine, das Motiv eine andere Sache. Denn das Haus von S. in Bad Mitterndorf, das als Unterkunft für Asylsuchende dient, wurde im August mit Hakenkreuzen beschmiert. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass die zwei Anhänger nicht grundlos attackiert wurden, sondern wegen der Asylunterkunft. Das Auto von S. wurde auch schon mit Steinen beworfen. Bisher konnten in allen drei Fällen keine Täter ausgeforscht werden (Quelle: Kleine Zeitung, 26.11.2016).
Rekord an Hetze ohne mediale Begleitung
Fast wöchentlich gibt es derzeit in Wien Prozesse gegen HassposterInnen, lässt uns das Justizministerium wissen. Bis Anfang November wurden in diesem Jahr österreichweit bereits 540 Ermittlungsverfahren geführt (im gesamten Vorjahr waren es 513), berichteten „Kurier“ (25.11.16) und in der Folge derstandard.at. Ein wichtiges Problem dabei lassen die Medien unerwähnt: Sie selbst berichten kaum mehr über Verhetzungs- und Wiederbetätigungsprozesse!
FPÖ OÖ: Festakt für einen alten Nazi
Anton Reinthaller war der erste Parteiobmann der FPÖ und strammer Nazi. Zum Obmann der 1956 gegründeten FPÖ wurde er gewählt, weil man damals ein bewusstes Signal an die alten Nazis ausgesendet werden sollte. Manfred Haimbuchner, der oö. Vize-Landeshauptmann und Obmann der FPÖ OÖ, ließ jetzt einen Festakt für Reinthaller ausrichten, wie der Blog „Rechtsdrall“ ausführlich und die Oberösterreichischen Nachrichten kürzer berichten.
HC Strache: Poster fordert Buchenwald neu
Buchenwald war eines der größten Nazi-Konzentrationslager auf deutschem Boden – und eines der bekanntesten, neben Dachau, Mauthausen und Ravensbrück. Auf der Facebook-Seite von HC Strache konnte der User Christian M. fast einen ganzen Tag seine Botschaft „Man sollte Buchenwald neu eröffnen“ verbreiten, bevor er gelöscht wurde. Weiter…
8 Monate bedingt für „Alpen-Donau“-User „Nüs“
Jetzt hat es auch noch „Nüs“ erwischt! „Nüs“, der im neonazistischen Alpen-Donau-Forum seine Postings immer mit einem Hitler-Zitat verzierte, musste sich am Dienstag, 22.11.2016 vor einem Geschworenengericht in Wien wegen Wiederbetätigung und Verhetzung verantworten. Sein Prozess war ja schon in einer Anfragebeantwortung des Justizministeriums angekündigt worden. Ein Bericht aus dem Wiener Landesgericht.
Die Staatsanwaltschaft Wien legte dem Beschuldigten Nils K. Verhetzung und Verbrechen nach dem Verbotsgesetz zur Last. Der vorsitzende Richter bekräftigte gleich zu Beginn die Schwere der Anschuldigungen, da diese historisch aber auch aktuell im politischen Kontext zu betrachten sind.
Konkret soll sich der Angeklagte im Zeitraum vom Mai 2009 bis Mai 2010 durch nationalsozialistische und menschenverachtende Kommentare und Postings im „Alpen Donau Forum“ nationalsozialistisch betätigt haben. Die zuständige Staatsanwältin ging zum besseren Verständnis auf den Stellenwert dieses Forums ein, es handelte sich hierbei „um eine Webseite die als das wichtigste Sprachrohr der österreichischen Neonazis galt, zu Kampf und Gewalt aufrief, den Austausch von rassistischem und rechtsextremen Gedankengut, sowie die Verherrlichung von Adolf Hitler ermöglichte.“ Es bestand zwischen 2009 und 2011, wobei sich der Angeklagte bereits am Tag der Aktivierung, also am 23.5.2009, dort registrierte.
Neben 32 Kommentaren im „Alpen Donau Forum“ die teilweise im Verfahren angeführt und vom Richter historisch kontextualisiert wurden, ist wohl vor allem das von „Nüs“ gewählte Profilfoto aussagekräftig. Ein Junge in Hitlerjugenduniform mit Schriftzug „deutsch sein heißt treu und stark sein”, in seiner Signatur verwendete er ein Zitat von Adolf Hitler.
Außerdem fand man bei einer Hausdurchsuchung mehrere rechtsextreme Utensilien in der Wohnung, z.B.: CD’s mit einschlägigen Titeln, eine Bierflasche mit dem Bild von Adolf Hitler, SS-Zeichen und SS-Totenkopf an den Wänden, ein Reichsadler mit Hakenkreuz und einschlägige Schriftzüge.
Für die Staatsanwältin stellte sich daher die Frage wie abgegrenzt der Beschuldigte wirklich von rechtsextremen Strukturen agierte, wusste er doch ab wann man sich im „Alpen Donau Forum“ registrieren konnte, las vorher in zwei weiteren einschlägigen Foren („Blood and Honour“ und „großdeutsches Vaterland“) mit und besaß mehrere rechtsextreme Utensilien in seinem Zimmer.
Der unbescholtene Nils K. zeigte sich von Anfang an geständig und beteuerte diese Postings nur formuliert zu haben um zu schockieren und um nicht wegen Inaktivität im Forum gesperrt zu werden.
Der vorsitzende Richter zeigte sich etwas überrascht über das Wissen des Angeklagten: „Wir haben ja viele Neonazis vor Gericht, die keine Ahnung von der Geschichte haben (…)“ und fragte bei den einzelnen Postings immer wieder nach deren Bedeutung und zog Parallelen zu heutigen politischen Entwicklungen weltweit und in Österreich. Ob sich Nils K. in den letzten sechs Jahren wirklich distanziert hat, und aus der „Jugendsünde“, wie er seine Postings bezeichnete, gelernt hat, mussten die vom Gericht bestellten Geschworenen entscheiden.
Urteilsverkündung
In 15 der 16 angeführten Fakten wurde Nils K. schuldig gesprochen, ein angeführtes Posting entspricht laut Geschworenen nicht dem Tatbestand der Wiederbetätigung, dafür erfolgte ein Freispruch. Er hat demnach das Verbrechen §3 nach dem Verbotsgesetz und Verhetzung begangen und wurde deshalb zu acht Monaten bedingt verurteilt. Die Staatsanwaltschaft machte keine Angaben, während der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtete, das Urteil ist demnach noch nicht rechtskräftig.
Erschwerend für die Strafbemessung war der längere Deliktzeitraum und die wiederholte Tatbegehung zu berücksichtigen. Das reumütiges Geständnis, die Tatsache dass der Angeklagte zur Tatzeit unter 21 Jahre alt war und diese lange zurückliegt, wirkte mildernd.
Der Richter schloss die Verhandlung an Nils K. gewandt: „Wir waren uns offenbar alle einig, dass es sich nicht um eine besonders schlimme Form der Wiederbetätigung handelt, sondern um eine öffentliche Betätigung im Netz, die nicht über eine virtuelle Betätigung hinaus ging.“ Trotzdem machte er deutlich das „dies keine Kleinigkeit“ ist, diese Verbrechen verfolgt werden und diese „angedrohte Freiheitsstrafe“ auch widerrufen werden kann falls erneut solche Postings getätigt werden.
(Linz) Warum die Wunde offen bleibt (Linz Premiere)
Warum die Wunde offen bleibt beschäftigt sich mit der Aufarbeitung des Holocausts an Roma und Sinti durch die sogenannte „2.“ und „3. Generation“. Dabei verdeutlicht gerade die Relation zu aktuellen Diskriminierungen und Verbrechen gegen Roma und Sinti die Notwendigkeit umfassender Auseinandersetzungen: geschichtlicher, familiärer, psychoanalytischer und nicht zuletzt die Dringlichkeit der politischen.
*** Linz Premiere ***
Wo: MOVIEMENTO, OK Platz 1, 4020 Linz [!! NICHT im City Kino!!]
Wann: 17. November 2016 19:00
Mehr Infos: https://marikaschmiedt.wordpress.com/film-warum-die-wunde-offen-bleibt/
Identitäre mit Burschenschafter-Anwalt
Während bei Verbotsgesetzprozessen in den letzten Monaten das mediale Interesse in Wien weitgehend ausgeblieben ist, sah es am 9.11.2016 anders aus. Am Jahres- bzw. Gedenktag der November-Pogrome waren gleich mehrere Medien anzutreffen, als sich Mitglieder der so genannten Identitären vor dem Wiener Bezirksgericht Innere Stadt verantworten mussten. Weiter…
David Schalko: Rede zum Novemberpogrom
Bei der heuer sehr gut besuchten Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen am ehemaligen Aspangbahnhof, von dem ab 1939 Zigtausende Wiener Jüdinnen und Juden und Roma in die polnischen Ghettos und von dort dann in die Vernichtungslager deportiert wurden, hielt auch David Schalko eine Rede, die wir – mit seinem Einverständnis — hier veröffentlichen (danke, David Schalko!).
„Albert Camus sagte: Es gibt keine Welt mit Vernichtungslagern, sondern nur eine Welt als Vernichtungslager. Wenn andere in die Knechtschaft getrieben werden, so betrifft uns das auch.
Heute leben wir in einer Welt mit Vernichtungslagern. Was uns 1945 aufs Tiefste erschütterte, lässt uns heute kalt. Denn Vernichtung von Menschen gibt es weltweit. Aber wirklich nahezugehen vermag es uns nicht. Sind wir an den Horror gewöhnt? Sind wir abgestumpft? Oder halten uns die ständig vor Augen gehaltenen Bilder vom Geschehen fern? Weil sie nicht riechen. Weil man die Schreie und das Leid auf lautlos stellen kann. Weil wir tatsächlich glauben, dass ein Internetposting einer Tat gleichkommt. Dass es Widerstand auf der Straße ersetzt. Gesagt getan im pervertierten Sinn. Weil wir in einer Welt leben, in der die eigene Erleichterung und Entladung wichtiger sind als wirkliche Empathie. Und weil der Individualismus zur Ausblendung des anderen geführt hat. Letztendlich wischen wir in der Realität die anderen genauso weg wie auf unseren Tablets.
Deshalb wählen wir die Trumps und Hofers und Putins und Le Pens. Nicht weil wir glauben, dass sie etwas richten oder revidieren. Sondern weil wir wählen wie wir posten. Es ist mit der Artikulation bereits erledigt und vergessen, dass all dies auch reale Konsequenzen haben könnte, die man vielleicht so gar nicht wollte. Selbst wenn es uns die Demokratie kostet. Das Problem ist nicht die Vergesslichkeit des Wählers, sondern seine Selbstvergessenheit. Insofern geht es auch hier um Nichtvergessen.
Zunächst wollte ich heute einen Text lesen, der das nachempfinden lässt, was letztlich nicht nachempfindbar ist. Nicht für uns, für keinen, der das nicht durchlebt hat. Ja, vielleicht nicht einmal für jene, die das Vernichtungslager überlebten. Selbst sie mussten verdrängen, vergessen kann man nicht, um überhaupt weiterleben zu können. Nachempfindbar halten, weil es vielleicht die einzige Form des Nichtvergessens ist. Damit diese Schreckenstaten nicht aus unseren Genen verschwinden. Damit es eine emotionale Abrufbarkeit gibt. Wobei das ist vermutlich illusorisch. Denn die Erschütterung lässt erschütternder Weise nach. Insofern heißt Nichtvergessen auch, die Entsprechung im heute zu finden. Und diese finden wir nicht nur in der Verhöhnungsästhetik der gegenwärtigen Faschisten, die menschenverachtend sind, weil sie dem Menschen nichts zutrauen, den Makel als Makel denunzieren, sich vor der Ungleichheit ekeln und sich selbst verachten für ihre Unvollkommenheit, wobei sich die Fantasie der Vollkommenheit aus der Abtötung speist. Und auch die Wähler trauen sich selbst nichts zu, sonst gäbe es die Sehnsucht nach den Erlösern, Reparateuren und Führern nicht. Stellt sich umgekehrt die Frage: Was kann man dem Menschen zutrauen? Ist es nicht das allerhöchste Gut des Menschen ganz Mensch zu sein? Wann ist der Mensch am meisten Mensch? Vermutlich wenn er sich zu seinen Fehlern bekennt, sie zulässt, sie ins Menschsein miteinbezieht, wenn er nicht versucht, ein Roboter zu sein.Ein Roboter will perfekte Abläufe, Effizienz, Leistung, messbare Maßstäbe, Bewertung und Erfolg. Roboter haben kein Mitgefühl für andere. Sie kreisen um sich selbst und ihre Programmierung. Roboter vergasen auch Menschen, weil sie diese nur als Zahlen sehen. So wie die Nazis keine Menschenkolonnen, sondern Zahlenkolonnen vor Augen hatten.
Steckt hinter der momentanen Wut und dem Hass nicht vielleicht die Angst, nur noch als Roboter empfunden zu werden? Übersehen zu werden. Speist sich daraus der Neid auf die anderen? Letztendlich auch der Neid auf den Flüchtling, der sein Leben zum Besseren verändern konnte. In sozialen Medien wird genau diese Mechanik aufgebaut. Man sollte also eher von asozialen Medien sprechen. Sie programmieren uns mit rotierenden, gleichen Impulsen. Unsere Gefühlswelten changieren mechanisch zwischen den großen Antipoden Neid/Hass/Wut und Pathos. Die Nuancen dazwischen sind erkaltet. Für diese haben wir keine Zeit. Alles muss sofort passieren. Und verfügbar sein. Nicht nur Ursache. Auch Wirkung. Und Lösung. Zumindest Entsprechung. Dieses Verhalten ist jetzt auch in der Politik angekommen, wo Zusammenhänge und Besonnenheit einmal Tugenden waren. Aber für diese braucht man eben Zeit. In der Hast hat vieles, was uns zum Menschen macht, keinen Platz.
Bevor man andere deportieren kann, muss man etwas in sich selbst deportieren. Muss man gewisse Dinge erkalten lassen, muss man sich programmieren, etwas abtöten. Im Internet dressieren wir uns täglich gegenseitig indem wir nur noch mit Gleichgesinnten verkehren. So entstehen keine Milieus, sondern konditionierte Roboter. Eine Simulation, wo jeder Impuls eine zeitgleiche Entsprechung hat. Die wir mit Realität verwechseln. Und plötzlich fühlt sich in diesem Gehenlassen und diesem Rauslassen und in diesem Reinkotzen die Vernunft wie ein Zölibat an. Wie ein Befehl zur Entsagung, als würden Barbarei und Grausamkeit im Gengehege des Menschen schnaufend auf und ab gehen und nur darauf warten, endlich losgelassen zu werden. Liegt nicht die kollektive Depression darin, dass ein Foto ein echtes Gesicht genauso wenig ersetzen kann wie die Lüge die Wahrheit? Wie die Simulation das echte Leben. Ist es nicht das Bekenntnis zur Wahrheit, das den Respekt zum anderen schafft? Ist die Lüge nicht die Ignoranz des anderen? Den anderen als Menschen erkennen, auch wenn er anderer Meinung ist. Ja, selbst wenn er Täter ist. Selbst Hitler war ein Mensch bevor er Roboter wurde. Das Erkennen, all das steckt in uns. Jeder Gedanke kann sich in die Massenvernichtung pervertieren. Nicht nur der nationalsozialistische. Jeder. Wenn er beginnt, uns zu programmieren und den anderen zu entmenschlichen. Was aber stets mit der Entmenschlichung von uns selbst beginnt.
Deshalb ist Nichtvergessen keinesfalls gleichzusetzen mit dem Fingerdeut auf die Schuldigen. Oder die heutigen Wiedergänger. Ganz nach Camus: Alles Menschliche betrifft uns alle. Es gibt eben nur eine Welt im Vernichtungslager. Nicht mit Vernichtungslagern. Wir sind jene, auf die wir als Schuldige deuten, genauso wie jene, die vergast werden. Wie wenig es braucht, um dazu fähig zu sein, das ist es, was wir aus unserer Geschichte lernen müssen. Es geht nicht darum, den anderen zu beschuldigen. Es geht darum, ihn davon abzuhalten. Es geht um Aufklärung im besten Sinn.
Den Menschen in seiner Gesamtheit zu erfassen unterliegt keiner Zeit. Ist immer Gegenwart. Die Gefahr, dass wir wieder Roboter werden, war noch nie so groß wie jetzt. In Zeiten von blond gefärbten Männern, die mit Superheldenversprechen eine Superrealität kreieren, wirkt die Welt wie ein Marvel Comic. Künstlich und überzeichnet. Es geht auch um Ästhetik. Um eine Ästhetik der Lebendigkeit. Die wieder Schmutz zulässt. Und im sogenannten Makel wieder Schönheit erkennt. Die nicht auf Auslöschung ausgerichtet ist, in dem sie alles gleichmacht und in Monotonie verschüttet.
Wir sollten vor allem nicht vergessen, wer wir sind. Und weniger danach eifern, wer wir sein wollen oder vorgeben zu sein. Das führt genau zu jener Selbsterhebung und Demütigungsspirale, in der wir heute gefangen sind. Hier am Aspangbahnhof, wo man ein Mahnmal braucht, weil es keine Spuren des Schreckens mehr gibt, wurden zehntausende Menschen in Züge geprügelt, auch viele Kinder, die sich an ihre Puppen klammerten, weil sie nicht verstanden, wozu der Mensch fähig ist. Irgendwann wird soviel Zeit vergangen sein, dass wir keine emotionalen Spuren des Holocausts mehr in uns tragen, ähnlich wie sich nichts mehr regt, wenn wir an die 50 Millionen Toten des Sklavenhandels denken oder an andere historische Genozide. Solche Abende sind dazu da, um uns daran zu erinnern, dass wir all diese Spuren immer in uns tragen, weil wir selbst diese Spuren sind. Es sitzt in uns. In jedem. Immer. In diesem Sinne: Wehret den Anfängen.”