Ein starkes Stück, dass da ein Ex-ÖVP-Politiker in der Steiermark geliefert hat. Denn für ihn verdiene die Kriegsgeneration (jene aus dem Zweiten Weltkrieg) „Dank, Anerkennung und Respekt“, und auch in Bezug auf die Waffen-SS sieht er eine generelle Verurteilung als „grenzenlose Feigheit und unmoralisches Vorgehen“. Zwei starke Stücke hat auch Kärnten beizutragen: einmal beim Grabmal für den ehemaligen Gauleiter Friedrich Rainer und ein zweites bei einer Grabtafel für den NS-Verbrecher Odilo Globocnik. Zudem im Angebot: zwei Tiroler Braune, die es irgendwie darauf anlegten, erwischt zu werden.
Kapfenberg/Stmk: Ein Altbürgermeister mit SS-Vergangenheit und ein Altbürgermeister auf geschichtsrevisionistischem Kurs
Klagenfurt-Radlach/K: Ermittlungen wegen Rainer-Grab und kein Handlungsbedarf bei Globocnik-Grabtafel
Brixlegg/T: Verlorenes Handy am Tatort
Tirol: Neonazi wieder verhaftet
Wien: Faschistischer Aufmarsch
Kapfenberg/Stmk: Ein Altbürgermeister mit SS-Vergangenheit und ein Altbürgermeister auf geschichtsrevisionistischem Kurs
Weit über Kapfenberg hinaus hat ein Artikel des Standard-Journalisten Markus Sulzbacher zur bislang nicht thematisierten SS-Vergangenheit des Kapfenberger Ex-Bürgermeisters Franz Fekete (SPÖ) Wellen geschlagen. Fekete, nach dem seit 2001 das Kapfenberger Fußballstadion benannt ist, war laut Unterlagen aus dem Bundesarchiv in Berlin Angehöriger einer SS-Einheit, die auch zur Bewachung Von KZ abgestellt wurde.
Laut diesen Dokumenten wurde Fekete am 1. April 1939 als SS-Mann unter der SS-Nummer 135982 in die 1. Kompanie der 3. SS-Totenkopfstandarte „Thüringen” am Standort Weimar-Buchenwald aufgenommen. „Diese Einheit war eine von drei Standarten, die am 1. Juli 1937 aus den bisherigen Totenkopf-Sturmbannen hervorgegangen waren. Deren Mitglieder erhielten an den großen KZ-Standorten Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald eine militärische Grundausbildung, waren aber auch mit der Bewachung der Häftlinge der Konzentrationslager betraut”, erklärt der Wissenschafter Holm Kirsten, der die historische Sammlung der KZ-Gedenkstätte Buchenwald im deutschen Thüringen leitet. (derstandard.at, 21.11.22)
Fekete selbst war in Buchenwald, Dachau und ab 1944 in Warschau istationiert.
Historiker*innenkommission prüft
In Reaktion auf Sulzbachs Enthüllung wurde eine Umbenennung des Fußballstadions gefordert. Selbst der Österreichische Fußballbund erklärte prompt, Feketes Namen bei der Nennung des Stadions nicht mehr verwenden zu wollen. Die Kapfenberger Stadtregierung setzte eine Historiker*innenkommission ein, die nicht nur die Vergangenheit von Fekete aufarbeiten, sondern gleich auch alle Verkehrsflächenbenennungen untersuchen und etwaige Umbenennungen empfehlen soll.
Und dann kam Heinz Glössl
An die Zeit rund um Kurt Waldheims Wahl zum Bundespräsidenten erinnerte ein Leserbrief des ehemaligen ÖVP-Bürgermeisters des Ortsteils Röthelstein der Stadtgemeinde Frohnleiten, Heinz Glössl. Selbst die Bezirkszeitung (19.12.22), an die der Brief ging, identifizierte „teils fragwürdigen Inhalt“. Glössl stößt sich daran, dass dem aus seiner Warte verdienstvollen Kapfenberger Ex-Bürgermeisters Fekete „die ihm zuerkannte Ehrung“ aberkannt werden soll, „nur weil er bei der Waffen-SS gedient hat“. Zudem versucht sich Glössl nicht nur in einer historischen Reinwaschung der Kriegsgeneration im Allgemeinen, der aus seiner Sicht „Dank, Anerkennung und Respekt“ gebühre, sondern auch in einer hart an Geschichtsrevisionismus grenzenden Exkulpation der Waffen-SS. Reaktionen dazu sind uns nicht bekannt.
Wenn heute den damaligen Soldaten der Waffen-SS global der Vorwurf gemacht wird, besonders grauenhaft gehandelt zu haben und deshalb versucht wird, deren Namen aus der Geschichte zu löschen, finde ich es als grenzenlose Feigheit und unmoralisches Vorgehen gegenüber dieser Generation.
Der Kapfenberger SPÖ-Altbürgermeister Franz Fekete war also SS-Uffz im KZ Buchenwald. In Kapfenberg wurden Rufe laut, ein nach ihm benanntes Stadion umzubenennen. Das wiederum stößt einem lokalen ÖVP-Politiker sauer auf, wie er per Leserbrief mitteilt:
1/4https://t.co/DsHRb2aDR5— Florian Wenninger (@F_Wenninger) December 20, 2022
Klagenfurt-Radlach/K: Ermittlungen wegen Rainer-Grab und kein Handlungsbedarf bei Globocnik-Grabtafel
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat nun aufgrund der Sachverhaltsdarstellung der Grünen Nationalratsbgeordneten Olga Voglauer Ermittlungen wegen des Grabs des ehemaligen Gauleiters von Kärnten und Salzburg, Friedrich Rainer, am Friedhof Annabichl in Klagenfurt eingeleitet, wie der „Standard“ (28.12.22) berichtet: Wie dem STANDARD nun bestätigt wurde, erteilte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) einen Ermittlungsauftrag. Es laufen Erhebungen nach dem Verbotsgesetz, in weiterer Folge könnte auch ein Verstoß gegen das Abzeichengesetz geprüft werden.
Angezeigt wurden die verbotene Lebensrune und ein Zitat von Adolf Hitler, die sich beide auf dem Grabstein befinden. Bislang noch nicht im Visier war jedoch die an ein Hakenkreuz erinnernde Ornamentik auf der Laterne des Grabs. Es fällt – angesichts des Umfelds – dabei schwer, an einen Zufall zu glauben.
Grabtafel für Odilo Globocnik
Völlig überrascht gibt sich auch der Bürgermeister der kleinen Kärntner Gemeinde Radlach, als der Standard-Redakteur Thomas Hoisl ihn damit konfrontierte, dass am Radlacher Friedhof eine Grabtafel ohne jegliche Kontextualisierung an den NS-Massenmörder Odilo Globocnik erinnert.
Dabei war das ominöse Grab vor einigen Jahren schon einmal dem slowenischen Germanisten Mihael Toš aufgefallen. Er forschte anlässlich eines pädagogischen Projekts zum Thema Holocaust und stieß über Gerüchte auf den Friedhof in Radlach: „Ich würde gerne sagen, dass ich das Grab entdeckt habe, aber zumindest einige Leute im Ort kennen die Inschrift und die Bedeutung”, sagt Toš, der damals mit Einheimischen ins Gespräch gekommen sei.
Der langjährige SPÖ-Bürgermeister der Gemeinde, Ewald Tschabitscher, will die Inschrift hingegen nicht kennen, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD: „Bis heute hatte ich keine Kenntnis von einem Grabstein mit dem Namen Odilo Globocnik.” Für ihn bestehe aktuell kein Handlungsbedarf: „Mich hat noch nie jemand darauf angesprochen oder sich dazu geäußert.“ (derstandard.at, 20.12.22)
Kein Handlungsbedarf also! Wird nun wie beim Rainer-Grab, auf dessen NS-Symbolik die Stadt Klagenfurt schon vor Jahren aufmerksam gemacht wurde, der altbekannte Kärntner Weg des Umgangs mit dem Nationalsozialismus und seiner Verbrechen beschritten? Zumindest solange, bis es nicht mehr anders geht?
Brixlegg/T: Verlorenes Handy am Tatort
Diese Meldung mit erheiternden Elementen aus der Tiroler Tageszeitung (24.12.22, S. 4) wollen wir unseren Leser*innen nicht vorenthalten
Brixlegg — Weil er sein Handy bei einem Hakenkreuz verlor, erhielt ein Unterländer am Mittwoch Besuch von der Polizei. Dabei wurden Drogen entdeckt. Auf den Fall aufmerksam wurde ein Polizist, der am Mittwoch zu Fuß auf dem Weg zur Inspektion in Kramsach war. Noch in Brixlegg entdeckte der Beamte einen beschädigten Zaun, daneben ein Handy und ein in den Schnee gedrücktes Hakenkreuz. Das Telefon führte zu einem 46-Jährigen, der offenbar unter Drogeneinfluss stand. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung spürte ein Polizeihund etwas Kokain, Cannabis und mehrere Hanfsetzlinge auf. Weiters fanden die Beamten eine gestohlene Bankomatkarte und Hakenkreuze auf einer Tabak-Tasche.
Tirol: Neonazi wieder verhaftet
Schon im Zuge seiner ersten Verhaftung im Dezember 2021 erklärten die Behörden, über ein halbes Jahr hinweg „intensive Ermittlungen“ (tirol.orf.at, 9.12.22) durchgeführt zu haben, die schließlich zu einer Hausdurchsuchung und der Verhaftung des heute 55-jährigen Tirolers geführt hatten. Vorgeworfen wurde damals dem Kufsteiner, zwei Neonazi-Websites betrieben zu haben.
Im Prozess wurde erörtert, dass Propagandaflyer und Visitenkarten inklusive Wohnungsadresse, die der Kufsteiner zur Bewerbung seiner Websites verteilt hatte, die Polizei auf die Spur brachten. Aber vielleicht dachte die Exekutive, dass niemand so dumm sein kann und Visitenkarten bei Begehung eines Delikts verteilt und ermittelte deshalb so intensiv? Die damalige Verhandlung endete mit einem Schuldspruch, sechs Monaten unbedingt, die der Neonazi bereits mit der Untersuchungshaft abgesessen hatte, sowie weiteren 18 Monaten auf Bewährung. Und die wird der Kufsteiner nun wohl absitzen müssen, nachdem er offenbar wieder eine braune Website an den Start und dafür wieder Flyer zur Verteilung brachte. Diesmal wurden die Flugblätter auf der spanischen Insel La Gomera aufgefunden, was jedoch auch nicht überrascht, da der Tiroler regelmäßig zwischen Spanien und Österreich pendelt. Ein Flyer wurde an die NS-Meldestelle geschickt, woraufhin diesmal „umfassende Ermittlungsmaßnahmen“ folgten. Die Erfolgsmeldung über die neuerliche Verhaftung ließ das Innenministerium mittels Presseaussendung und Artikel auf der BMI-Website verbreiten. Und so wissen wir nun, dass der wieder verhaftete Tiroler Richard K. überraschenderweise noch immer braun ist und der Innenminister „den Ermittlerinnen und Ermittlern der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst für ihre professionelle und intensive Arbeit“ dankt. Das Tiroler LVT erhält vom Innenminister jedoch keine verbale Anerkennung.
Wien: faschistischer Aufmarsch
Kaum zur Kenntnis genommen wurde, dass in Wien am 1.Jänner eine Truppe von ukrainischen Fans des NS-Kollaborateurs und Kriegsverbrechers Stepan Bandera anlässlich dessen Geburtstags durch die Stadt marschiert ist.
Mit einigen rot-schwarzen Fahnen, einer einzigen Fackel, jedoch ohne Porträt von Stepan Bandera, das ukrainische Rechtsradikale bei ihren traditionellen Märschen am 1. Jänner stets mitführen, marschierten die Demonstranten in Folge über den Ring zur russischen Botschaft in der Reisnerstraße. Eine Sängerin interpretierte zwei traditionelle Kampflieder der Bandera-Bewegung, deren Texte den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern sichtlich unbekannt waren. Gemeinsam intoniert wurde freilich „Unser Vater ist Bandera, die Ukraine unsere Mutter und für die Ukraine werden wir kämpfen”, ein bekannter Rocksong aus dem Jahr 2019, der zuletzt als provokante Kampfansage gegen Russland verwendet wurde. In Wurfweite der russischen Botschaft fand schließlich eine Abschlusskundgebung statt, bei der bekannte Slogans skandiert wurden. (vienna.at, 1.1.23)