Kickl, Corona und dann auch noch Rutter!

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Kickl krän­kelt an Coro­na, aber einen sei­ner stei­ri­schen Funk­tio­nä­re hat’s so schwer erwischt, dass er fast gestor­ben wäre. Sein Dan­kes- und Beken­ner-Pos­ting löscht er aber umge­hend. Wäh­rend Pfleger*innen und Ärzt*innen in den Spi­tä­lern am Anschlag arbei­ten, pos­tet Ober­schwurb­ler Mar­tin Rut­ter auf Tele­gram unver­dros­sen Fake-News über fast lee­re COVID-Stationen.

Kickl nicht krank?

Der FPÖ-Chef hat über Face­book bekannt­ge­ge­ben, er habe über Tests her­aus­ge­fun­den, dass er an Coro­na erkrankt sei: „Es hat jetzt also auch mich getrof­fen, wie so vie­le vor mir schon. Ich habe eine mil­de Sym­pto­ma­tik und bin der­zeit fie­ber­frei.“ Dabei soll­te Kickl es eigent­lich bes­ser wis­sen. Im Jän­ner schon stell­te Chef-Viro­lo­ge Kickl über den von ihm jetzt ver­wen­de­ten Anti­gen-Test fest: „Der Test fin­det de fac­to kei­ne Infi­zier­ten. Und wenn er einen posi­tiv Infi­zier­ten fin­det, dann ist die Feh­ler­wahr­schein­lich­keit mehr als 70 Pro­zent.” (Die Pres­se, 23.1.21)

Kickl gibt bekannt, dass er mittels Antigen- und PCR-Test positiv getestet wurde (Screenshot FB 15.11.21)

Kickl gibt bekannt, dass er mit­tels Anti­gen- und PCR-Test posi­tiv getes­tet wur­de (Screen­shot FB 15.11.21)

War­um Chef-Viro­lo­ge Kickl dann noch mit einem PCR-Test nach­setz­te, ist ver­mut­lich nicht nur ihm ein Rät­sel, denn – eben­falls im Jän­ner – urteil­te er noch mes­ser­scharf: „Wir wis­sen, dass der PCR-Test, und der steht im Zusam­men­hang mit dem, was Sie hier als Infek­tio­nen bezeich­nen, dafür nicht geeig­net ist, wofür er zum Ein­satz gebracht wird. Das ist die ers­te Lüge.“ („Im Zen­trum“, 10.01.2021). Bei Kick­ls COVID-Dia­gno­se kann es sich daher nur um ein gigan­ti­sches Lügen­ge­bäu­de han­deln, hin­ter dem sehr dunk­le Mäch­te stehen.

Kickl behauptet, positiver PCR-Test sei kein Nachweis für Corona-Infektion (TG 24.1.21)

Kickl behaup­tet, posi­ti­ver PCR-Test sei kein Nach­weis für Coro­na-Infek­ti­on (TG 24.1.21)

Ein FPÖ-Gemein­de­rat outet sich ins Out

Ähn­li­ches dürf­te auch bei dem FPÖ-Gemein­de­rat Micha­el Wag­ner aus Bad Glei­chen­berg der Fall sein. Der frei­heit­li­che Jung­funk­tio­när jubel­te im Okto­ber noch über sei­nen neu­en Job als Fach­re­fe­rent im stei­ri­schen FPÖ-Land­tags­klub, dann erwisch­te ihn das Virus und zwar „der­art schlimm (…), sodass ich auf der Inten­siv um mein Leben kämp­fen muss­te“. Des­halb ver­sprach der stei­ri­sche RFJ-Obmann reu­mü­tig am Wochen­en­de in sei­nem Face­book-Pos­ting, „auf jeden Fall in sechs Mona­ten zur Imp­fung“ zu gehen.

Michael Wagner Facebook-Profil

Micha­el Wag­ner Facebook-Profil

Weil so etwas aber nicht sein kann und darf, ver­schwand das Pos­ting ziem­lich bald wie­der von der öffent­li­chen Time­line des frisch Geret­te­ten. Wer jetzt sein Face­book-Kon­to auf­sucht, um ihm für sei­ne spä­ten Erkennt­nis­se Aner­ken­nung aus­zu­spre­chen, wird nur mehr eine coro­nafreie Time­line vorfinden.

Ober­schwurb­ler Rut­ter kann nicht rechnen

Auf Tele­gram kocht der­wei­len Ober­schwurb­ler Rut­ter eine ganz trü­be Sup­pe auf. Wäh­rend Pfleger*innen in den Spi­tä­lern bis zum Anschlag Corona-Patient*innen betreu­en und zu Tau­sen­den unter dem Mot­to „Fünf nach 12!“ pro­tes­tie­ren, raunt Rut­ter Rät­sel­haf­tes über Intensivstationen.

Offen­sicht­lich hat er sich irgend­wie Zugang zum Intra­net des AKH Wien ver­schafft und ver­sucht sich seit­her in Zah­len­akro­ba­tik, um dar­aus weit­rei­chen­de, aber den­noch fal­sche Schlüs­se zu zie­hen. Zum einen liegt das dar­an, dass Rut­ter nicht rech­nen kann. Nur 7 von 253 Bet­ten sei­en mit Covid-Patient*innen belegt, pos­tet er am 9. Novem­ber zu einem AKH-Intra­net-Screen­shot vom 5. Novem­ber. Rut­ter meint damit die Bet­ten von Inten­siv­sta­tio­nen (ICU) und die von inter­me­dia­ti­ven Care Units (ICMU), wo eine nicht inva­si­ve Beatmung statt­fin­det. Er gibt sogar die rich­ti­gen Grö­ßen­ein­hei­ten an: 130 ICU-Bet­ten und 153 ICMU-Bet­ten sind es im AKH. Macht ins­ge­samt wie­viel? 283 Bet­ten und nicht 253, wie Rut­ter rechnete.

Rutter: falsche Gesamtzahl, post-COVID weggelassen

Rut­ter: fal­sche Gesamt­zahl, post-COVID weg­ge­las­sen (TG 9.11.21)

Bettenstand AKH: 283 (ICU und IMCU)

Bet­ten­stand AKH: 283 (ICU und IMCU)

Wenn man schon mit Zah­len von Spi­tä­lern und Inten­siv­sta­tio­nen arbei­ten will, dann bit­te so, dass sie in ihren Kon­text ein­ord­net wer­den. Da wären zunächst ein­mal die Post-Covid-Pati­en­tIn­nen, die im Intra­net des AKH auch den ICU- und ICMU-Bet­ten zuge­rech­net wur­den: Zehn waren das am 5. Novem­ber – Rut­ter hat sie ein­fach ver­schwin­den las­sen. Dazu kommt noch der wesent­li­che Umstand, dass im AKH in ers­ter Linie die schwers­ten Fäl­le behan­delt wer­den, also Covid-Patient*innen, die auf die auf­wen­di­ge ECMO-Behand­lung ange­wie­sen sind. Der­zeit, so die Info, die wir von einem Per­so­nal­ver­tre­ter des AKH erhal­ten haben, sind das 20 Per­so­nen. Ins­ge­samt sind im AKH vier Sta­tio­nen mit Covid-Intensivpatient*innen belegt.

Was die nack­ten Zah­len, die übri­gens für ganz Wien (gemeint sind alle Wie­ner Spi­tä­ler) im Dash­board der AGES nach­zu­le­sen sind, nicht her­ge­ben, ist die gewal­ti­ge Belas­tung des Pfle­ge­per­so­nals durch COVID-Patient*innen auf Inten­siv­sta­tio­nen. Nach zwei Stun­den sind sie in ihrer Schutz­klei­dung kom­plett durch­ge­schwitzt, weil die Arbeit mit den Patient*innen, z.B. ihr Umdre­hen, extrem anstren­gend ist. Noch nie in sei­nen vie­len Berufs­jah­ren habe er eine ein­zel­ne Krank­heit erlebt, die so vie­le Kapa­zi­tä­ten gebun­den hat wie COVID. „Das hat es nicht gege­ben“, auch nicht bei schwe­ren Grippe-Epidemien.

Mil­li­ar­den für Corona-Honorare?

Am 13.November lädt Rut­ter ein Audio-File auf Tele­gram hoch mit dem Kom­men­tar: „Wahr­schein­lich aktu­el­le Insi­der Info – KH Stey­er [sic!], alle wer­den total ver­arscht?“ Ja, aber von Rut­ter bzw. der anony­men Frau­en­stim­me in dem Audio-File! Die raunt bedeu­tungs­voll, dass im Kran­ken­haus Steyr (nicht Stey­er, Rut­ter!) nur drei Per­so­nen auf der Inten­siv­sta­ti­on lie­gen wür­den. Aus der „Insi­der-Info“ geht nicht das Datum her­vor und auch nicht, ob alle Intensivpatient*innen damit gemeint sind oder die mit COVID. Wir neh­men an, die mit COVID, obwohl, so die Stim­me wei­ter, das gar nicht not­wen­dig wäre. War­um lie­gen die dann auf der Inten­siv­sta­ti­on, hän­gen an Schläu­chen, wer­den künst­lich beatmet und ernährt (wie der Jung­frei­heit­li­che aus der Steiermark)?

Rutter veröffentlich auf Telegram Audio-Datei, in der über die Anzahl der COVID-Patient*innen am KH Steyr gelogen wird (Screenshot TG 13.11.21)

Rut­ter ver­öf­fent­lich auf Tele­gram Audio-Datei, in der über die Anzahl der COVID-Patient*innen am KH Steyr gelo­gen wird (Screen­shot TG 13.11.21)

Weil, hören wir wei­ter, die Ärz­te dar­an ver­die­nen wür­den, dass ein­fa­che Krank­hei­ten oder Unfäl­le auf Coro­na umdia­gnos­ti­ziert und so beträcht­li­che Hono­ra­re an die Ärz­te ver­teilt wür­den: „Da geht es um Mil­li­ar­den“, so die anony­me Stim­me wei­ter. „Wir wer­den alle total ver­arscht!“ Ja, von der anony­men Person!

Ein Anruf bei Mar­kus Rei­ter, dem Diplom­kran­ken­pfle­ger und Lei­ter der Inten­siv­sta­ti­on des Kli­ni­kums Steyr, ergibt ein völ­lig ande­res Bild: Die im Audio-File genann­te Zahl von Corona-Patient*innen auf der Inten­siv­sta­ti­on (bzw. in ICMU-Bet­ten) ist falsch, sie lag bereits in der Ver­gan­gen­heit dar­über und aktu­ell sind es noch weit mehr Patient*innen, um deren Leben das Per­so­nal des Kran­ken­hau­ses Steyr kämpft. Auch Rei­ter berich­tet von den enor­men Belas­tun­gen, denen das Pfle­ge­per­so­nal der­zeit aus­ge­setzt ist und fügt hin­zu: „Wenn dann gesagt wird, es gibt eh genü­gend freie Bet­ten, dann wer­den wir damit dop­pelt gekränkt.“ Aber was küm­mern Rut­ter & Co schon die Realitäten?