Wie rechts ist unsere Polizei?

Wenn der Hund eines Polizis­ten Adolf gerufen wird, darf man wohl eine bes­timmte Ein­stel­lung des Hun­de­hal­ters ver­muten. Wenn sich die Lei­t­erin des Extrem­is­mus­refer­ats des Ver­fas­sungss­chutzes beim Anblick von haus­durch­suchen­den Polizis­ten denkt, jet­zt sei wohl der Tag der Abrech­nung  – ein Putsch der Recht­sex­tremen – gekom­men, dann muss man wohl davon aus­ge­hen, dass die Exper­tin nicht zufäl­lig zu dieser Ein­schätzung kommt. Hat die Polizei in Öster­re­ich ein Recht­sex­trem­is­mus­prob­lem? Beste­ht es aus bloßen Einzelfällen, oder ist es ein struk­turelles Problem?

Im Juni 2019 richtete die SPÖ-Abge­ord­nete Sabine Schatz eine par­la­men­tarische Anfrage an den Innen­min­is­ter, in deren Beant­wor­tung zu lesen war, dass zum dama­li­gen Zeit­punkt fünf Diszi­pli­narver­fahren gegen Polizeibeamte im Zusam­men­hang mit Anzeigen wegen des Ver­dachts der NS-Wieder­betä­ti­gung liefen. Fünf mögliche Wieder­betätiger unter 25.000 Polizeibeamten – das ist doch nicht viel, oder? Doch, es sind nicht nur um diese fünf Wieder­betätiger zu viel, son­dern auch um jene, die hin­ter dieser Hel­lz­if­fer die Dunkelz­if­fer bilden.

Es gibt noch eine inter­es­sante par­la­men­tarische Anfrage aus dem Jahr 2019 zu unserem The­ma. Mit ihr wollte Peter Pilz von der Liste Jet­zt etwas mehr über „die recht­sex­tremen Polizeis­chüler des Her­bert K.“ wis­sen: „Angesichts der ver­mehrten Werbe- und Rekru­tierungs­maß­nah­men des BM.I in recht­sex­tremen und anti­semi­tis­chen Medien stellt sich erneut die Frage, welche Per­so­n­en sich Ex-FPÖ-Innen­min­is­ter Her­bert Kickl als Polizis­ten und Polizistin­nen auf unseren Straßen wün­schte.“

Welche Per­so­n­en sich Kickl als Polizistin­nen und Polizis­ten wün­schte, kon­nte dieser nicht mehr als Innen­min­is­ter beant­worten. Die Antwort des dama­li­gen Innen­min­is­ters Peschorn ver­schweigt sich zwar zu der Frage, ob ein wegen Ver­het­zung verurteil­ter früher­er RFJ-Funk­tionär als Polizeis­chüler anheuern durfte, nen­nt aber immer­hin eine Zahl. Bei dreizehn Bedi­en­steten im Bere­ich des Innen­min­is­teri­ums beste­he „ein begrün­de­ter Ver­dacht, dass sie in Kon­takt mit der IBÖ ste­hen kön­nten“. Auch hier gilt: Neben jed­er Hel­lz­if­fer gibt es eine Dunkelziffer!

Wie viele Polizist*innen Sym­pa­thien oder gar Aktiv­itäten für die diversen Schat­tierun­gen der Staatsver­weiger­erszene hegen, wurde bis­lang nicht abge­fragt. Der Prozess gegen Aktivist*innen des Staaten­bun­des der Moni­ka Unger legte aber offen, dass Ungers Stel­lvertreter Jakob Stück­elschweiger, der zehn Jahre Haft (nicht recht­skräftig) aus­fasste, ein früher­er Funk­tionär der FPÖ Bezirk Leib­nitz (jeden­falls 2014) und ein pen­sion­iert­er Gen­darmeriebeamter ist. Stück­elschweiger, der sich wegen eines – laut Anklage – von ihm geplanten Aus­bruchsver­suchs mit Geisel­nahme zwis­chen­zeitlich neuer­lich vor Gericht ver­ant­worten muss, ist – Geburt­s­jahrgang 1947 – zwar schon lange in Pen­sion, aber hat er seine recht­sex­treme Hal­tung erst da erworben?

Stück­elschweiger im Jahr 2017, zitiert nach „Son­nen­staat­land“: „Poli­tik­er sind Mar­i­onet­ten der Rotschilds (sic!), der Freimau­r­er – seit 71 Jahren wer­den die Men­schen in Öster­re­ich belastet in allen Bere­ichen. Unsere Lebensweise wird mit ‚Spiel und Spaß‘ zugedeckt!“. Aber es find­et sich noch ein weit­er­er Polizist bei den Staaten­bündlern von Moni­ka Unger, die den Staat, also die Repub­lik Öster­re­ich, zwar völ­lig ablehnen, aber auf dessen Priv­i­legien nicht verzicht­en wollen. Johannes S. hat 2017 als noch aktiv­er Polizist seine Dien­st­freis­tel­lung mit vollen Bezü­gen einge­fordert, was die Repub­lik mit sein­er Ent­las­sung beantwortete.

Ob die Ent­las­sung aus dem Aktiv­di­enst mit­tler­weile schon recht­skräftig erfol­gte, ist gar nicht so sich­er. In den aller­wenig­sten Fällen enden diszi­pli­nar­rechtliche Maß­nah­men gegen recht­sex­treme Polizis­ten mit der stärk­sten Sank­tion, der Ent­las­sung. Das liegt nicht zulet­zt auch an der Per­son­alvertre­tung, die im Ver­fahren starke Rechte hat. Seit den 1990er-Jahren tritt die blaue „Aktion­s­ge­mein­schaft Unab­hängiger und Frei­heitlich­er“ (AUF) bei Per­son­alvertre­tungswahlen im Öffentlichen Dienst, vor­rangig bei der Exeku­tive, an. Mit­tler­weile hat der Glanz der AUF beträchtlich nachge­lassen. Das ist nicht zulet­zt auf eine lange Serie von bemerkenswert vie­len – auch krim­inellen – Aus­rutsch­ern von AUF-Funk­tionären zurück­zuführen, wie etwa den Tirol­er (Ex-)AUF-Vorsitzenden, den früheren AUF-Bun­desvor­sitzen­den Gratzer oder auch die EKIS-Bespitzelungsaf­färe.

Uns inter­essieren aber hier weniger krim­inelle Eska­paden von AUF-Funk­tionären als vielmehr recht­sex­treme Aktiv­itäten. 2011 erstat­tete das Innen­min­is­teri­um selb­st Anzeige gegen die AUF NÖ wegen des Ver­dachts der NS-Wieder­betä­ti­gung. Ermit­tlun­gen bzw. eine Anklage gab es jeden­falls nicht.

Dem Schärdinger Polizis­ten, AUF-Funk­tionär und FPÖ-Gemein­der­at, gegen den 2013 wegen sein­er recht­sex­tremen Umdich­tung der Bun­deshymne und die beson­dere Zunei­gung zu den braunen „Ziller­taler Türken­jägern“ kurzfristig von der Staat­san­waltschaft ermit­telt wurde, hat auch seine Unter­stützung durch Recht­sex­treme und Neon­azis jeden­falls nicht geschadet. Nach Ein­stel­lung der Ermit­tlun­gen und Aufhe­bung der Sus­pendierung ist er weit­er­hin als AUF-Funk­tionär tätig.

Die AUF hat mit­tler­weile zwar an Unter­stützung ver­loren, ist aber im Bere­ich der Polizei (auch des Bun­desheeres) nach wie vor über­durch­schnit­tlich stark. Während die FPÖ bei den Nation­al­ratswahlen 2019 nur 16,2 Prozent der gülti­gen Stim­men erre­ichte, liegt der Anteil der blauen AUF-Polizei bei den Per­son­alvertre­tungswahlen 2019 bei immer­hin 22,2 Prozent. In so sen­si­blen Ein­heit­en wie der WEGA, wo es in den 90er-Jahren noch etliche braune Aktiv­itäten gab, erre­ichte die AUF 2019 fast 36 Prozent. In der Abteilung Frem­den­polizei und Anhal­tevol­lzug – PAZ (Polizeian­hal­tezen­trum) kam die AUF gar auf eine absolute Mehrheit (50,92 %). Im Wiener Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz (LVT), in dem die AUF 2009 noch eine rel­a­tive Mehrheit erre­ichen kon­nte, ist ihr Stim­menan­teil seit­dem zwar kon­tinuier­lich geschrumpft, aber immer noch bei knapp 20 Prozent, während es im Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz (BVT) nur rote und schwarze Personalvertreter*innen gibt.

Als am 28. Feb­ru­ar 2018 Wolf­gang Preis­zler, damals FPÖ-Gemein­der­at in Gun­trams­dorf und Ober­stleut­nant, an der Spitze sein­er Ein­satz­gruppe zur Bekämp­fung der Straßenkrim­i­nal­ität (EGS) zu ein­er nachträglich als ille­gal eingestuften Haus­durch­suchung im BVT auf­taucht und dabei die Akten über recht­sex­treme Aktiv­itäten beschlagnahmt wer­den, gehen die Ver­mu­tun­gen der Lei­t­erin des Extrem­is­mus­refer­ats nicht zufäl­lig in eine bes­timmte Rich­tung: „Ich habe mir gedacht, das muss er jet­zt sein, der Tag X, von dem die Recht­sex­tremen immer reden. Die sagen ja, wenn wir an der Macht sind, dann hän­gen wir zuerst den Staatss­chutz auf, und dann die Jus­tiz” (wienerzeitung.at, 11.10.18). Nicht zulet­zt auf­grund der Chats zwis­chen Preis­zler, Gude­nus und Kickls Kabi­nettchef Teufel wäre es nicht ver­wun­der­lich, wenn da noch etwas nachkäme.

Nichts weist darauf hin, dass Preis­zler ein Funk­tionär der AUF ist, aber er ist ein in der Polizei bekan­nter und beken­nen­der Blauer, der auf seinem Face­book-Kon­to recht­sex­treme, anti­semi­tis­che und auch braune Seit­en teilte, wie dieser Beitrag von FPÖ Fails gut doku­men­tiert. Das Ermit­tlungsver­fahren wegen des Ver­dachts der Ver­het­zung, das gegen ihn deswe­gen ein­geleit­et wurde, ist wegen Ver­jährung (!) eingestellt wor­den. Von diszi­pli­nar­rechtlichen Kon­se­quen­zen ist sowieso nichts bekannt.

Bern­hard Blochberg­er (64) hat aus sein­er recht­sex­tremen Gesin­nung über Jahrzehnte kein Hehl gemacht. 1998 mussten für ihn die FPÖ-Abge­ord­neten Haupt, Par­tik-Pable, Stadler, Lafer und Kol­le­gen mit ein­er par­la­men­tarischen Anfrage aus­rück­en, um ihn gegen die ange­blich „unrichtige Unter­stel­lung des recht­sradikalen Umganges“ zu vertei­di­gen und eine Entschuldigung einzu­fordern. Von wegen unrichtig!

Der Gen­darmeriebeamte und AUF-Per­son­alvertreter Blochberg­er aus Krum­bach (NÖ) hat­te damals schon eine erfol­glose poli­tis­che Kar­riere in der Burg­er-NDP bzw. bei der NDP-Tarn­liste „Ein Herz für Inlän­der“ hin­ter und eine als langjähriger FPÖ-Gemein­der­at vor sich. Der Innen­min­is­ter ver­schwieg sich in sein­er Antwort zwar nicht völ­lig, was die ange­blich „unrichtige Unter­stel­lung“ betraf, beruhigte sich und vor allem die Öffentlichkeit aber mit der Ver­set­zung Blochberg­ers auf einen weniger sen­si­blen Arbeit­splatz. Amtlich war damit bestätigt, dass ein Recht­sex­tremer auch bei der Polizei (in der die Gen­darmerie wenige Jahre später aufging) ein ruhiges Plätzchen find­en kann. Blochberg­er blieb über die Jahre hin­weg sein­er Gesin­nung treu. Erst nach seinen braunen Wei­h­nachts­grüßen 2017 bequemte sich die FPÖ zu ein­er Dis­tanzierung, aber eine à la FPÖ: Laut FPÖ Niederöster­re­ich ist Blochberg­er gar kein Parteim­it­glied, son­dern als ‚unab­hängiger Kan­di­dat‘ an der Spitze der FPÖ-Liste in den Gemein­der­at in Krum­bach einge­zo­gen,“ bericht­en Medi­en wenige Tage nach Bekan­ntwer­den von Blochberg­ers Wei­h­nachts­grüßen. Und, so funk­tion­iert das in der FPÖ, im Jän­ner ist er erneut für die FPÖ in den Krum­bach­er Gemein­der­at einge­zo­gen. Die Polizei bzw. das Innen­min­is­teri­um haben bis zu sein­er Pen­sion­ierung offen­sichtlich keine weit­eren Diszi­pli­n­ar­maß­nah­men gegen Blochberg­er ergriffen.

Im Juni 2018 richtete Alfred Noll von der Liste Jet­zt eine par­la­men­tarische Anfrage an Innen­min­is­ter Kickl. Noll wollte wis­sen, warum die Ermit­tlun­gen nach dem NS-Ver­bots­ge­setz gegen den Polizis­ten Michael K. eingestellt wur­den, obwohl der seit 2013 sein Titel­bild auf Face­book mit einem Mod­ell­flugzeug mit Hak­enkreuz bestück­te und daneben ein Pro­fil­bild in Polizeiu­ni­form mit Polizeiau­to einge­blendet hat­te. Die Antwort von Kickl fiel sehr ein­sil­big aus. Kein Wun­der, Kickl musste ein­räu­men, dass den Ermit­tlungs­be­hör­den dieses Face­book-Kon­to ange­blich gar nicht bekan­nt war (Michael K. betrieb zumin­d­est drei) und dass nach der ersten Anzeige bzw. einem Bericht des „Stan­dard“ im Okto­ber 2017 keine Haus­durch­suchung durchge­führt wor­den war – die eigentlich oblig­a­torisch bei Anzeigen nach dem Ver­bots­ge­setz erfol­gt. Was und wie wurde da eigentlich ermittelt?

Auf seinen diversen Face­book-Kon­ten war Michael K. natür­lich mit Beruf­skol­le­gen befre­un­det – man tauschte sich auch mit Post­ings aus. Ist da nie­man­dem über die Jahre hin­weg das Hak­enkreuz, das Lied der SS, der SS-Sol­dat mit SS-Rune auf dem Helm oder der Link zu der Pro­pa­gan­da-Wei­h­nachtssendung des „Deutschen Reich­srund­funk“ aufgestoßen?

Eine Anzeige von uns brachte die Ermit­tlun­gen im Juni 2018 wieder in Gang. Michael K. wurde von einem Geschwore­nen­gericht in St. Pöl­ten zu 12 Monat­en bed­ingt verurteilt, das OLG Wien erhöhte auf 18 Monate; damit war Michael K. seinen Job los. Michael K. war zumin­d­est AUF-Sym­pa­thisant – das lässt sich aus seinen FB-Ein­trä­gen erken­nen. Anzunehmen ist daher, dass ihn die AUF bzw. ihr „gew­erkschaftlich­es“ Pen­dant, die „Frei­heitliche Exeku­tivgew­erkschaft“ (FEG) im straf- und diszi­pli­nar­rechtlichen Ver­fahren auch unter­stützt hat.

Die sym­bol­isch vielle­icht wirk­sam­ste Aktion der AUF über Jahre hin­weg war ihr Verpfle­gungs­bus, der bei Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen regelmäßig aufkreuzte und die im Ein­satz befind­lichen Beamt*innen mit Getränken und Snacks ver­sorgte. Damit wurde sig­nal­isiert: Wir sind für die Kolleg*innen da, die von den Mehrheits­frak­tio­nen von Rot und Schwarz und vor allem vom Dien­st­ge­ber im Stich gelassen wer­den. Außer­dem war da auch der poli­tis­che Unter­ton dabei: Wir stärken Euch gegen die Demon­stri­eren­den. Späte Ver­suche der anderen Frak­tio­nen, den Verpfle­gungs­bus der Blauen zu imi­tieren, wur­den natür­lich nur als hil­flose Kopierver­suche wahrgenom­men. Dass Türkis-Grün jet­zt die Ver­sorgung durch den Dien­st­ge­ber fest­geschrieben hat, entzieht der AUF eine ganz zen­trale und poli­tisch aufge­ladene Aktion: Wir da unten mit euch gegen die da oben.

Die AUF ist keine Organ­i­sa­tion mit recht­sex­tremer Ide­olo­gie, aber sie ist recht­sof­fen, vertei­digt recht­sex­treme Kol­le­gen, ist in Kam­pag­nen der FPÖ wie um die „Oper­a­tion Spring“ direkt einge­bun­den. Der frühere AUF-Funk­tionär Josef Klein­di­enst, der die blaue Bespitzelungsaf­färe um die Jahrtausendwende ins Rollen, schreibt in seinem Buch „Ich geste­he“: „In Wien wer­den min­destens fünf Polizis­ten seit Jahren regelmäßig von Geldern ein­er Partei bezahlt. Was von ihnen erwartet wird, liegt auf der Hand. Und selb­stver­ständlich erfol­gt die Abrech­nung nicht direkt über die Partei selb­st.

Klein­di­enst, der neben dem 2004 ver­stor­be­nen AUF-Vor­sitzen­den Michael Kreißl als einziger beschuldigter Polizist (Klein­di­enst machte Selb­stanzeige) aus der Spitze­laf­färe vor Gericht lan­dete, schlussendlich aber – wie Kreißl – freige­sprochen wurde, schreibt in seinem Buch auch über Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus inner­halb der Polizei bzw. der AUF. „In der AUF (Aktion­s­ge­mein­schaft Unab­hängiger und Frei­heitlich­er) gab es ein­mal kurzfristig einen Funk­tionär, der stets davon sprach die Konzen­tra­tionslager sofort wieder auf­sper­ren lassen zu wollen, ‚wenn erst ein­mal der Jörg Kan­zler sei‘.“

Der Jörg wurde nicht Kan­zler und der Nazi-Polizist laut Klein­di­enst aus der AUF aus­geschlossen, aber anscheinend nicht aus dem Polizei­di­enst – jeden­falls fehlt eine entsprechende Anmerkung. Auch der von Klein­di­enst beschriebene Gen­darm, der „in einem Plas­tik­sack­erl zehn kleine Hitlerköpfe auf­be­wahrt, die er gele­gentlich her­ausholt“ und von Festgenomme­nen auch küssen lässt, blieb anscheinend ohne Sanktionen.

Unter den Polizeibeamten gibt es immer wieder welche, die Vorurteile gegen Juden hegen. Das mag ide­ol­o­gis­che Gründe haben; mag durch Grup­pen­dy­namik nach bes­timmten Vor­fällen (…) ent­standen sein – der Anti­semitismus ist jeden­falls mein­er Erfahrung nach in der Polizei vorhanden.

Wie Vorge­set­zte ihre anti­semi­tis­chen Mitar­beit­er erken­nen? Früher oder später immer, in aus­geprägten Fällen sofort. Wie etwa bei jen­em, den die Kol­le­gen nur noch mit einem schlicht­en „Heil Hitler“ begrüßen, was der mit einem freudi­gen Lächeln quit­tiert. Der Gruß wird im übri­gen auch vor Kom­man­dan­ten und Offizieren übermittelt.

Schlichte Übertrei­bung, Rach­sucht oder ein­fach nur Phan­tasien eines ent­täuscht­en Men­schen, der den Polizei­di­enst quit­tiert hat? Das waren beliebte, aber wenig glaub­hafte Ablenkungsver­suche aus den Rei­hen von Polizei und AUF gegenüber Klein­di­enst, der mit sein­er Selb­stanzeige und auch der Buchveröf­fentlichung ein großes Risiko einge­gan­gen ist.

Was außer­dem ist mit jen­em Wiener Polizis­ten, der im April 2016 in Nick­els­dorf bei ein­er Gren­zkon­trolle einen ungarischen Aut­o­fahrer mit „Heil Hitler“ begrüßt hat und dafür von Geschwore­nen beim Lan­des­gericht Eisen­stadt mit 8:0 schuldig gesprochen wurde (ob das Urteil ange­focht­en oder recht­skräftig wurde, geht aus der Berichter­stat­tung eben­so wenig her­vor wie allfäl­lige diszi­plinäre Maß­nah­men). Bemerkenswert allerd­ings ist an diesem Fall, dass er von seinem Polizis­tenkol­le­gen angezeigt wurde.

In der Regel gilt allerd­ings, dass ein Korps­geist inner­halb der Polizei dominiert, der von der Ein­stel­lung „Alle gegen uns“ genährt wird. Die Wagen­burg­men­tal­ität in der Polizei ist eine sehr große Hürde für Polizist*innen, die gegen ras­sis­tis­che und recht­sex­treme Kol­le­gen vorge­hen wollen.

In einem Chat, der uns zuge­spielt wor­den ist, unter­hiel­ten sich 2010 zwei Polizis­ten über ihren Kol­le­gen H.S., einen Per­son­alvertreter der AUF. Bei­de sind der Ansicht, dass die Art und Weise, wie H.S. im Parteien­verkehr mit Men­schen umge­ht, ras­sis­tisch, recht­sex­trem und untrag­bar ist – so wie seine Post­ings auf Face­book. Bei­de hofften darauf, dass die „Interne“ oder „von ganz oben“ Maß­nah­men gegen H.S. set­zen. Verge­blich. Soweit wir die Lauf­bahn von H.S. mitver­fol­gen kon­nten, ist der nach wie Per­son­alvertreter der AUF und Man­datar der FPÖ. Das bietet auch Schutz bei einem Disziplinarverfahren.

Als das „pro­fil“ (Nr. 14 vom 30.3.18) eine Geschichte über rechte Ten­den­zen in der Polizei brachte mit der Frage an einen renom­mierten Krim­i­nal­sozi­olo­gen, ob Polizis­ten eine Par­al­lelge­sellschaft am recht­en Rand bilden wür­den, antwortete der, dass er zwar einen leicht­en Hang ins Autoritäre , aber keine sig­nifikan­ten Abwe­ichun­gen von der Nor­mal­bevölkerung erken­nen könne. Da wider­sprechen wir ganz entsch­ieden. Zum einen gibt es unseres Wis­sens keine Stu­di­en aus den let­zten 10 bis 20 Jahren, in denen empirisch die poli­tis­chen Ein­stel­lun­gen von Polizist*innen abge­fragt und analysiert wor­den wären. Auch der interne Umgang (starr hier­ar­chis­che Struk­turen, autoritäre Charak­tere, Männlichkeit­skult, Sex­is­mus gegenüber Polizistin­nen) und die Auswirkun­gen von poli­tis­chen Vor­gaben etwa durch die Verknüp­fung von Migra­tion mit Krim­i­nal­ität auf ras­sis­tis­che Struk­turen und Ver­hal­tensweisen inner­halb der Polizei soll­ten abge­fragt und analysiert wer­den, um sich ein Bild über die poli­tis­chen und men­tal­en Ein­stel­lun­gen von Polizist*innen zu ver­schaf­fen und Verän­derun­gen einzuleit­en. Ein Aus­flug in die Gedenkstätte Mau­thausen und ein paar Unter­richt­sein­heit­en über den Nation­al­sozial­is­mus reichen da nicht aus und dienen eher als Feigenblatt.

Außer­dem: Die partei- und inter­essen­spoli­tis­chen Ein­stel­lun­gen inner­halb der Polizei weichen dur­chaus sig­nifikant vom all­ge­mein poli­tis­chen Kli­ma ab. Die AUF lag 2019 bei der Polizei deut­lich über dem FPÖ-Ergeb­nis bei der Nation­al­ratswahl und in beson­ders sen­si­blen Ein­heit­en wie Frem­den­we­sen und Wega (siehe oben) weit drüber. Auch wenn es zu sim­pel wäre, recht­sex­treme, ras­sis­tis­che, sex­is­tis­che und autoritäre Posi­tio­nen inner­halb der Polizei nur der AUF zuzuord­nen, sind diese Wahlergeb­nisse ein Indika­tor. Generell sollte eigentlich gel­ten, dass die Polizei als ein zen­trales Ord­nungsin­stru­ment, das mit erhe­blichen Voll­macht­en aus­ges­tat­tet ist, eben ger­ade nicht ein Spiegel­bild der Gesellschaft repräsen­tieren darf, wenn es eine demokratis­che Ord­nung und ihre Werte vertei­di­gen soll.

➡️ Weit­er zu: Chronik der recht­sex­tremen Vor­fälle bei der Polizei zwis­chen 2010 und 2020 
➡️ Weit­er zu: Die Polizei­in­spek­tion des schlecht­en Geschmacks

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