Was wurde denn aus … Helmut Pilhar?

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In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den wer­den wir unter die­sem Titel über Per­so­nen aus der rechts­extre­men Sze­ne berich­ten, die zwar aus der Öffent­lich­keit ver­schwun­den oder abge­taucht, aber den­noch wei­ter­hin aktiv sind. Wir begin­nen mit Hel­mut Pil­har (55), der als einer der glü­hends­ten Ver­fech­ter der anti­se­mi­ti­schen „Ger­ma­ni­schen Medi­zin“ durch die Lan­de zog und 2016 in der Reichs­bür­ger­sze­ne, kon­kret beim „Staat Nie­der­ös­ter­reich“ sei­ne „Lebend­mel­dung“ abgab.

Einem brei­ten Publi­kum bekannt wur­de Hel­mut Pil­har erst­mals im Jahr 1995. Damals hat­ten er und sei­ne Frau Eri­ka ihr schwer­kran­kes Kind Oli­via (damals 6), das an einem sehr sel­te­nen Tumor der Nie­re, dem Wilms-Tumor, litt, der Behand­lung durch die Schul­me­di­zin ent­zie­hen woll­ten. Die Eltern lan­de­ten in der Fol­ge bei Ryke Geerd Hamer, einem wild anti­se­mi­ti­schen deut­schen Arzt, der die von ihm erfun­de­ne „Ger­ma­ni­sche Neue Medi­zin“ pro­pa­gier­te, dem aber damals schon die Appro­ba­ti­on als Arzt ent­zo­gen wor­den war. Weil sich der Gesund­heits­zu­stand von Oli­via Pil­har von Tag zu Tag ver­schlech­ter­te, bean­trag­ten und erhiel­ten die Behör­den das Sor­ge­recht, um eine adäqua­te the­ra­peu­ti­sche Behand­lung sicherzustellen.

Nach einer medi­al beglei­te­ten mehr­wö­chi­gen Flucht durch halb Euro­pa kehr­ten die Pil­hars nach Öster­reich zurück. Der Tumor, der inzwi­schen die Grö­ße eines Fuß­balls erreicht und dem Kind gro­ße Schmer­zen berei­tet hat­te, konn­te durch schul­me­di­zi­ni­sche Behand­lung ope­ra­tiv und mit Che­mo­the­ra­pie ent­fernt wer­den – Oli­via erlitt auch kei­nen Rück­fall. Auf der Flucht immer medi­al prä­sent: Ryke Geerd Hamer, der allen Erns­tes erklär­te, „sei­ne Pati­en­tin lit­te höchs­tens fünf­zehn Minu­ten am Tag unter Schmer­zen. Doch die­se von den Kame­ras immer wie­der ein­ge­fan­ge­nen Schmer­zen waren es, die die öffent­li­che Mei­nung end­gül­tig zum Kip­pen brach­ten.“ (Die Zeit, Nr. 32/1995)

1997 wur­de vom Ober­lan­des­ge­richt Wien das Urteil der Erst­in­stanz – jeweils acht Mona­te beding­ter Haft wegen fahr­läs­si­ger Kör­per­ver­let­zung und Ent­zie­hung einer Min­der­jäh­ri­gen aus der Macht der Erzie­hungs­be­rech­tig­ten – gegen Hel­mut und Eri­ka Pil­har bestä­tigt. Den Erfolg der „Schul­me­di­zin” taten Pil­har und Hamer damit ab, dass sich das Kind zum Zeit­punkt sei­ner Behand­lung ohne­hin schon in der Aus­hei­lungs­pha­se befun­den habe. Ver­tei­digt wur­den die Pil­hars damals übri­gens von dem Wie­ner Anwalt Erich Rebas­so, der 2012 von der rus­si­schen Mafia ermor­det wurde.

Wie der „Spie­gel“ (Nr. 32/1995) damals berich­te­te, waren Mit­glie­der der obsku­ren neu­re­li­giö­sen Bewe­gung „Fiat Lux“ an der Flucht der Pil­hars betei­ligt. Ob die Pil­hars damals Anhän­ger die­ser Bewe­gung waren, ist nicht belegt. Sicher ist hin­ge­gen, dass Hel­mut Pil­har nach der Hei­lung sei­ner Toch­ter zu einem der glü­hends­ten Anhän­ger von Hamer und des­sen „Ger­ma­ni­scher neu­er Medi­zin“ (GNM) wur­de. Eine deut­sche Zei­tung bezeich­ne­te ihn als „Laut­spre­cher des Wahns“. Pil­har reis­te als Vor­tra­gen­der und Pro­pa­gan­dist der GNM quer durch Euro­pa, ver­trieb und ver­kauf­te Hamer-Bücher und hetz­te – so wie sein Lehr­meis­ter – gegen die „jüdi­sche Medi­zin“ und den „Che­mo-Holo­caust“.

Germanische Heilkunde bis 2017

Ger­ma­ni­sche Heil­kun­de bis 2017

2009 stör­ten Anhän­ger der GNM, dar­un­ter Hel­mut Pil­har, einen Vor­trag in der Syn­ago­ge von Kro­nach (D), der sich mit der Hamer-Ideo­lo­gie aus­ein­an­der­setz­te, mit anti­se­mi­ti­schen Äuße­run­gen. Wäh­rend die Medi­zin­jour­na­lis­tin Kris­ta Feder­spiel die Zahl der durch Hamers Metho­den und „Rat­schlä­ge“ zu Tode gekom­me­nen Men­schen auf rund 500 schätzt, steigt Hel­mut Pil­har 2010 zum von Hamer ernann­ten Uni­ver­si­täts­do­zen­ten der ima­gi­nä­ren „Uni­ver­si­tät San­defjord“ in Nor­we­gen auf und wird des­halb 2013 von der Bezirks­haupt­mann­schaft Wie­ner Neu­stadt zu einer Geld­stra­fe von 1.000 Euro ver­ur­teilt. Im Unter­schied zu Hamer, der in Deutsch­land und Frank­reich zu meh­re­ren Haft­stra­fen ver­ur­teilt wur­de (die er auch teil­wei­se absit­zen muss­te), kam Pil­har für den lebens­ge­fähr­den­den Schwach­sinn, den er ver­brei­te­te, ziem­lich güns­tig davon.

Die Ideo­lo­gie der GNM fand nicht nur in der eso­te­ri­schen und Impf­geg­ner­sze­ne ein emp­fangs­be­rei­tes Publi­kum, son­dern auch und vor allem in der rechts­extre­men Com­mu­ni­ty, die sich durch den offe­nen und aggres­si­ven Anti­se­mi­tis­mus ange­spro­chen fühl­te. Pil­har hält zum Bei­spiel bis heu­te an der irren Behaup­tung Hamers fest, dass die Juden, die GNM prak­ti­zie­ren (und gesund­heit­lich davon pro­fi­tie­ren) wür­den, sie des­halb den Gojim ver­bie­ten würden.

Pilhars Antisemitismus: GNM für Gojim verboten

Pil­hars Anti­se­mi­tis­mus: GNM für Gojim verboten

2009 stirbt Sig­hild B., die Toch­ter des Sied­ler­paars Bal­dur und Ant­je B. von der rechts­extre­men „Art­ge­mein­schaft – Ger­ma­ni­sche Glau­bens­ge­mein­schaft“, die Sied­lungs­pro­jek­te im Osten Deutsch­lands betreibt. Sig­hild B., ein vier­jäh­ri­ges Kind, muss­te elend an Dia­be­tes (!) ster­ben, weil es von sei­nen Eltern im Sin­ne der GNM behan­delt wur­de. 2015 wer­den die Eltern zu jeweils acht Mona­ten beding­ter Haft wegen fahr­läs­si­ger Tötung ver­ur­teilt. Bal­durs Vater Rai­mund B. war übri­gens ein nach Deutsch­land emi­grier­ter öster­rei­chi­scher Neo­na­zi, sei­ne Mut­ter „Freia“ lehn­te eine Che­mo­the­ra­pie ab, als sie an Krebs erkrank­te, wor­an sie starb.

2016 unter­zeich­net Pil­har sei­ne skur­ri­le „Lebend­mel­dung“ für das Völ­ker­rechts­sub­jekt „Staat Nie­der­ös­ter­reich“, befin­det sich also im Bereich der Reichs­bür­ger und Staats­ver­wei­ge­rer. Unge­fähr zeit­gleich bas­telt Hamer von sei­nem Exil in Nor­we­gen aus an einem „Staat Ger­ma­ni­en“, der aber vor sei­nem Tod 2017 nicht mehr rich­tig fer­tig wird.

"Lebendmeldung" Pilhar (Screenshot Sonnenstaatland)

„Lebend­mel­dung” Pil­har (Screen­shot Sonnenstaatland)

2017 muss sich Pil­har wie­der ein­mal vor Gericht ver­ant­wor­ten. Weil er sich in einem gericht­li­chen Streit mit einem ande­ren Hamer-Jün­ger von der Rich­te­rin nicht fair behan­delt gefühlt hat­te, bedroh­te er die Rich­te­rin in vier Brie­fen mit angeb­li­chen Pfand­rechts­ti­teln, die er über ein mal­te­si­sches Inkas­so­bü­ro ein­trei­ben woll­te. Die „Ent­schä­di­gung“ von der Rich­te­rin woll­te er natür­lich eben­so wie die 100 Mil­lio­nen, die er im Febru­ar 2017 vom frisch als Bun­des­prä­si­dent ange­lob­ten Alex­an­der Van der Bel­len als „Wie­der­gut­ma­chung“ für Oli­via und ande­res ver­lang­te, in har­ten Euros aus­be­zahlt erhal­ten – und nicht in der Luft­wäh­rung sei­nes „Staa­tes Niederösterreich“.

Pilhars bescheidene Forderung an VdB: 100 Mio. als finanzielle Entschädigung usw.

Pil­hars beschei­de­ne For­de­rung an VdB: 100 Mio. als finan­zi­el­le Ent­schä­di­gung usw.

Für die Dro­hung gegen die Rich­te­rin kas­sier­te Hel­mut Pil­har Ende Juli 2017 ein Jahr Haft auf Bewäh­rung – wegen Wider­stan­des gegen die Staats­ge­walt. Das Ver­fah­ren wegen übler Nach­re­de wur­de abge­trennt – sein Ver­tei­di­ger Adri­an Hol­laen­der mel­de­te Beru­fung an.

Ende 2018 kün­digt Pil­har dann die Schlie­ßung sei­nes „Ein­zel­un­ter­neh­mens“ an – angeb­lich, weil ihm der Wild­wuchs in Hamers „Leh­re“ eben­so zu schaf­fen macht wie die gesetz­li­chen Bestim­mun­gen im Gesund­heits­we­sen – die hof­fent­lich Schar­la­ta­nen das Leben schwer machen.

Pilhar schließt sein "Einzelunternehmen"

Pil­har schließt sein „Ein­zel­un­ter­neh­men”

2019 pre­digt Pil­har auf sei­ner Web­site aller­dings unver­dros­sen wei­ter von den angeb­li­chen Heil­erfol­gen der GNM. Im März 2020 bejam­mert sich Pil­har dann auf sei­nem Blog wegen sei­ner Schuld am Tod von Hamer: „Also ich könn­te jetzt nicht 100%ig sagen, dass ich da der Aus­lö­ser war. Das könn­te auch das gewe­sen sein.“ – Also was? Pil­hars Eigen­dia­gno­se bleibt etwas unklar, aber ein zar­ter Ablö­sungs­pro­zess von Hamer deu­tet sich an – Anti­se­mit bleibt er dennoch.

Pil­hars neu­er Schwarm bzw. Über­va­ter scheint Erwin Annau zu sein. Sei­ne Jam­me­rei über Hamers Tod und sei­ne Schuld dar­an setz­te Pil­har näm­lich aus Para­gu­ay ab, aus dem „El Parai­so Ver­de“ von Erwin Annau, „mei­nem Domi­zil in Para­gu­ay“. Dort will er auch blei­ben und mit den „bes­ten Köp­fen der Ger­ma­ni­schen Heil­kun­de“ zusam­men arbeiten.

Annaus Kolonie in Paraguay auf FB

Annaus Kolo­nie in Para­gu­ay auf FB

Wer aber ist Erwin Annau? Annau selbst hat einen beein­dru­cken­den Lebens­lauf ver­fasst und online gestellt, der aller­dings eine wesent­li­che Pha­se sei­nes Lebens nicht sehr gut aus­leuch­tet: sei­ne stei­le Kar­rie­re bei Sci­en­to­lo­gy. Dort ist Annau zwar aus­ge­stie­gen, aber sei­ne jün­ge­ren Ansich­ten deu­ten kei­ne Ver­bes­se­rung an – ganz im Gegenteil!

Erwin Annaus Scientology Kurse

Erwin Annaus Sci­en­to­lo­gy Kurse

Kein Volk auf die­ser Erde hat mehr Repa­ra­ti­ons­zah­lun­gen für (teil­wei­se von ande­ren began­ge­nen) Kriegs­ver­bre­chen bezahlt als die Deut­schen (und Öster­rei­cher). Kein Volk wur­de mehr zum Opfer­volk der Welt gemacht als die Deut­schen (und Öster­rei­cher). Kein Volk wur­de in der von den Sie­ger­mäch­ten erfun­de­nen „Geschich­te“ mehr ver­leum­det als die Deutschen.

Mit Annaus Posi­tio­nen dürf­te Pil­har, der im „El Parai­so Ver­de“ schon sein Gemü­se anbaut, kein Pro­blem haben. Chem­trails hat er dort auch noch nicht gese­hen, schreibt er völ­lig ver­zückt – wir in Öster­reich eigent­lich auch nicht.

Pilhars Germanische Heilkunde neu – mit "Nachhilfe" via Skype um 49,90€/Stunde und "Kasse"-Button

Pil­hars Ger­ma­ni­sche Heil­kun­de neu – mit „Nach­hil­fe” via Sky­pe um wohl­fei­le 49,90€/Stunde und „Kasse”-Button

Annau erwar­tet gera­de in die­sen Tagen einen Ansturm von Aus­wan­de­rern auf die ger­ma­ni­sche Kolo­nie: „Die Kolo­nie El Parai­so Ver­de in Grün­dung berei­tet sich auf einen Ansturm von Aus­wan­de­rern nach Ende des Coro­na Lock­downs vor. Allei­ne 5G wird tau­sen­de von Deutsch­land ver­trei­ben. Der direk­te oder indi­rek­te Impf­zwang wird tau­sen­de nach Para­gu­ay brin­gen.

Eigenwerbung von Annau für El Paraiso Verde 16m2 (sic!) für 20.000 Bewohner

Eigen­wer­bung von Annau für El Parai­so Ver­de 16 m² (sic!) für 20.000 Bewohner

Der letz­te Ansturm von Aus­wan­de­rern aus Deutsch­land und Öster­reich erfolg­te übri­gens nach 1945 – durch Nazis wie Josef Men­ge­le, die dort eine freund­li­che Auf­nah­me fan­den: „Heu­te ist Para­gu­ay als Zufluchts­ort für die SS-Eli­te in Mode“ schrieb Simon Wie­sen­thal dazu im „Spie­gel“. Deut­sche Kolo­nien gab es aller­dings schon viel frü­her in Para­gu­ay – erfolg­reich waren sie aller­dings auch nicht wirk­lich (s. SdR Nov. 2011 „Mar­tin Graf auf anti­se­mi­ti­schen Spu­ren. Wo war Mar­tin Graf?“)

 

➡️ Ein­trag zu Hel­mut Pil­har auf Son­nen­staat­land wiki
➡️ Ein­trag zu Hel­mut Pil­har auf psiram.com
➡️ Ein­trag zu Ryke Geerd Hamer auf wiki­pe­dia
➡️ Ger­ma­ni­sche Neue Medi­zin (GNM) — eine „Todes­fal­le”? — Dr. Ryke Geerd Hamer ein „Schar­la­tan”? (ein aus­ge­zeich­ne­ter Bei­trag über die GNM mit Auf­trit­ten von Hamer, Pil­har und einem österr. Free­man), hier ein kür­ze­rer Bei­trag des BR
➡️ Pro­no Ever zu Erwin Annau

Pilhar tadelt das Landesgericht Wiener Neustadt mit päpstlicher Hilfe

Pil­har tadelt das Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt mit päpst­li­cher Hilfe

➡️ Was wur­de denn aus … Karl Steinhauser
➡️ Was wur­de denn aus … Gary Lauck?