Wochenschau KW 49/19

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Ein „kar­misch“ gesteu­er­ter Hilfs­she­riff muss­te sich in Linz vor Gericht ver­ant­wor­ten. Was wie ein Film­mix aus Hol­ly­wood und Bol­ly­wood klingt, spielt in der hei­mi­schen Sze­ne der Staats­ver­wei­ge­rer. Ein Stu­dent, der Schieß­übun­gen aus phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Grün­den gemacht haben will und zu dem Zweck sei­ne Waf­fe mit auf die Uni schlepp­te, kas­sier­te eine beding­te Haft­stra­fe. Und ein 19-jäh­ri­ger Hal­lei­ner wur­de gleich wegen 182 Ver­ge­hen gegen das Ver­bots­ge­setz ange­zeigt. Mit ihm 38 wei­te­re Per­so­nen aus dem In- und Ausland.

Spital/Klagenfurt: Ver­kehrs­re­ge­lung mit Hitlergruß
Wien: Waf­fe für phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Übungen
Linz: Kar­misch gesteu­er­ter Hilfs­she­riff vor Gericht
Hallein/Sbg.: Hun­der­te Straf­ta­ten nach dem Verbotsgesetz

Spital/Klagenfurt: Ver­kehrs­re­ge­lung mit Hitlergruß

Das kommt uns irgend­wie bekannt vor, aber nicht alle kom­men vor Gericht damit durch: „Am 3. Okto­ber die­ses Jah­res wur­de er aller­dings beob­ach­tet, wie er im Früh­ver­kehr betrun­ken an einer stark fre­quen­tier­ten Kreu­zung in Spit­tal an der Drau den Vor­bei­fah­ren­den etwa eine Vier­tel­stun­de lang immer wie­der den Hit­ler­gruß zeig­te. Der Ange­klag­te bestritt dies. Er habe nur gewinkt, vier oder fünf Leu­te gegrüßt, bekräf­tig­te er mehr­mals.“ (APA via vol.at, 2.12.19) Er, das ist ein 37-jäh­ri­ger Kärnt­ner, der, nach­dem er an einer Tank­stel­le aus­rei­chend Gers­ten­saft getankt hat­te, sich an eine Spi­ta­ler Kreu­zung begab, um dort mit stram­mer Hal­tung und mehr­fach aus­ge­streck­tem Arm zu „win­ken“. Pech für ihn, dass gera­de ein Poli­zist vor­bei kam und die ver­meint­li­che Wink­ges­te anders inter­pre­tier­te: „Es sei ein­deu­tig der Hit­ler­gruß gewe­sen. Der Ange­klag­te habe dabei auch eine stram­me Kör­per­hal­tung ange­nom­men.“ (APA)

Und da gab’s offen­bar auch noch eine Text­nach­richt mit „Sieg Heil“, die der Kärnt­ner im Juli ver­schickt haben soll. Auch hier äußer­te sich der Ange­klag­te wenig krea­tiv: „Er habe das Han­dy nicht mit Code gesperrt gehabt. Es kön­ne leicht sein, dass sein Freund sein Han­dy genom­men und die­se Nach­richt ver­schickt habe. Er habe das sicher nie geschrie­ben.“ (APA)

Das Urteil fiel auf­grund ande­rer Vor­stra­fen recht hart aus: 15 Mona­te Haft – nicht rechtskräftig.

Wien: Waf­fe für phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Übungen

Der Fall des 39-jäh­ri­gen M.L., der in einem Hör­saal an der Uni Wien mit Schuss­waf­fe auf­ge­taucht war, ging durch die Medi­en. Nun muss­te sich der Che­mi­ker und Phy­sik­stu­dent vor Gericht ver­ant­wor­ten, und da gab er sich recht – sagen wir – naiv. „War­um er über­haupt eine Waf­fe habe, fragt die Rich­te­rin. Er habe sich die Glock aus ‚phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Grün­den‘ zuge­legt, meint er. Bei einem che­mi­schen Expe­ri­ment habe er sich ver­letzt, sei­ne rech­te Hand sei seit­dem teil­wei­se taub. Um dem bei­zu­kom­men, müs­se er ‚Geschick­lich­keits- und Kon­zen­tra­ti­ons­übun­gen‘ mit der Glock aus­füh­ren.“ (wienerzeitung.at, 5.12.19)

Der Mann the­ra­piert sich also mit Schieß­übun­gen. Ob er auch gefragt wur­de, war­um er, nach­dem ihm die Glock abge­nom­men wor­den war, mit einem Mes­ser an der Uni auf­tauch­te, wis­sen wir nicht. Ein­schlä­gig gerüs­tet mar­schier­te er auch zum Pro­zess: „Laut einer anwe­sen­den Medi­en­ver­tre­te­rin erschien der Mann zur Ver­hand­lung mit Taschen­mes­ser und Wür­ge­ket­te, muss­te die­se aber bei der Sicher­heits­schleu­se am Ein­gang abge­ben.“ (kurier.at, 5.12.19)

Ver­ständ­lich dass die Rich­te­rin „ein ungu­tes Gefühl“ hat­te. Sie ver­häng­te (nicht rechts­kräf­tig) eine unbe­ding­te Haft­stra­fe von acht Mona­ten und die Ver­pflich­tung zu einem psych­ia­tri­schen Test und allen­falls zu einer Behand­lung. L. wird noch ein zwei­tes Mal vor Gericht erschei­nen müs­sen, ein sepa­ra­tes Ver­fah­ren wegen Ver­het­zung – Tweets mit isla­mo­pho­ben Inhal­ten und Gewalt­phan­ta­sien – ist noch anhängig.

M.L.: Islamophob und "Ich will im Kampf gegen den Islam sterben und möglichst viele töten!"

M.L.: Isla­mo­phob und „Ich will im Kampf gegen den Islam ster­ben und mög­lichst vie­le töten!”

Linz: Kar­misch gesteu­er­ter Hilfs­she­riff vor Gericht

Er war Mit­glied des „Staa­ten­bund Öster­reich“, des Phan­ta­sie­ge­richts­hof „Inter­na­tio­nal Com­mon Law Court of Jus­ti­ce“ (ICCJV) und stand wegen des Ver­bre­chens der staats­feind­li­chen Ver­bin­dung sowie wegen des Ver­ge­hens nach dem Ver­bots­ge­setz vor Gericht.

Sei­nen Ein­stieg in die Staats­ver­wei­ge­rer-Sze­ne beschrieb er mit ‚Wut auf den Staat‘, die er nach mehr­ma­li­gen Füh­rer­schein­ab­nah­men gehabt habe und die ‚sicher nicht unbe­rech­tigt war’. Die­se Wut sei „viel­leicht kar­misch bedingt eine Reso­nanz­ge­schich­te von mir“ gewe­sen. ‚Sind Sie sehr eso­te­risch?’, frag­te der Rich­ter. ‚Nein, eher bud­dhis­tisch ange­haucht.‘ Er gab zu, beim ICCJV ein ‚Hilfs-She­riff‘ gewe­sen zu sein, die­ser ‚Sta­tus‘ habe ihm gefal­len. Er habe gedacht, ‚das kann mir hel­fen, dass gegen mich nicht vor­ge­gan­gen wird’. Er hät­te auch bei ‚Ver­haf­tun­gen‘ die­ser selbst ernann­ten Gerichts­bar­keit, der zufol­ge nur mehr das Natur­recht gel­ten soll­te, mit­hel­fen müs­sen, bestä­tig­te er auf Nach­fra­ge des Staats­an­walts – ‚von dem habe ich mich gefürch­tet‘. Was genau geplant gewe­sen wäre, wis­se er nicht, nur dass man ‚kor­rup­te Poli­ti­ker ein­sper­ren‘ habe wol­len. ‚In eige­nen Gefäng­nis­sen‘, ergänz­te er. (ooe.orf.at, 4.12.19)

So fing es wohl auch für den nun Verurteilten (nicht rechtskräftig) an: Das fiktive Gericht ICCJV („International Common Law Court of Justice Vienna") suchte fiktive Sheriffs.

Das fik­ti­ve Gericht ICCJV („Inter­na­tio­nal Com­mon Law Court of Jus­ti­ce Vien­na”) such­te fik­ti­ve Sheriffs.

Zusätz­lich kam Holo­caust­leug­nung als Ankla­ge­punkt hin­zu. Der 41-Jäh­ri­ge soll auf Face­book den Spruch „Adolf Hit­ler hat kei­ne Juden ver­ga­sen las­sen, aber Juden haben Nicht­ju­den mas­sen­haft ver­gast“ geteilt haben. Nach einem ein­stim­mi­gen Schuld­spruch folg­te das rechts­kräf­ti­ge Urteil mit 30 Mona­ten Haft. „Die Vor­wür­fe der ver­such­ten Bestim­mung zum Amts­miss­brauch, der ver­such­ten Nöti­gung und des schwe­ren Betrugs – wur­den aus­ge­schie­den. Hier sol­len noch Zeu­gen gehört wer­den.“ (ooe.orf.at, 5.12.19)

Hallein/Sbg.: Hun­der­te Straf­ta­ten nach dem Verbotsgesetz

Die­ser Fall wird die Jah­res­sta­tis­tik 2019 zu rechts­extre­men Anzei­gen in die Höhe schnel­len las­sen. In Salz­burg wur­de ein 19-jäh­ri­ger Hal­lei­ner gleich wegen 182 Straf­ta­ten nach dem Ver­bots­ge­setz ange­zeigt. Und nicht nur das: Ver­netzt war der Hal­lei­ner mit 24 Per­so­nen aus dem Aus­land und wei­te­ren 14 Per­so­nen aus Öster­reich, die 241 Delik­te nach dem Ver­bots­ge­setz began­gen haben sollen.

Eine Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen zwei 19-Jäh­ri­gen im Juni 2019 – angeb­lich aus poli­ti­schen Grün­den – bil­de­te den Aus­gang der poli­zei­li­chen Ermittlungen.

Laut Poli­zei sol­len die bei­den 19 Jah­re alten Öster­rei­cher unter­schied­li­cher poli­ti­scher Gesin­nung gewe­sen sein, und das wie­der­um soll zur Eska­la­ti­on des Streits geführt haben. Schließ­lich sei einer der bei­den geflüch­tet, der zwei­te ver­folg­te ihn aber laut Poli­zei und der Streit wur­de noch hef­ti­ger. Der ver­folg­te Mann sag­te spä­ter zur Poli­zei, er habe sich bedroht gefühlt und des­halb sei­ne Gas­pis­to­le gezückt und auf sei­nen Wider­sa­cher gerich­tet. Bei der anschlie­ßen­den Ran­ge­lei drück­te der 19-Jäh­ri­ge dann ab. Der Schuss aus der Gas­pis­to­le traf sei­nen Geg­ner in den Bauch und ver­letz­te ihn leicht. Ein zwei­ter Schuss ver­fehl­te den jun­gen Mann. (salzburg.orf.at, 17.6.19)

Der Hal­lei­ner, der den Schuss abge­ge­ben hat­te, geriet somit ins Visier der Poli­zei, die dann im Zuge wei­te­rer Ermitt­lun­gen die Ver­stö­ße gegen das Ver­bots­ge­setz  ent­deck­te. Das war jedoch bei wei­tem nicht alles. Anzei­gen gibt’s laut poli­zei­li­cher Mel­dung auch wegen „sie­ben Ver­het­zun­gen, vier Straf­ta­ten nach dem Waf­fen­ge­setz (Besitz ver­bo­te­ner Waf­fen), einer Sach­be­schä­di­gung (Auf­kle­ben von poli­ti­schen Sti­ckern), drei Straf­ta­ten nach dem Sucht­mit­tel­ge­setz, einer schwe­re Nöti­gung und einer gefähr­li­che Dro­hung“.

Meldung LPD Salzburg (4.12.19): 19-jähriger Tennengauer angezeigt

Mel­dung LPD Salz­burg (4.12.19): 19-jäh­ri­ger Ten­nen­gau­er angezeigt