Als 2003 nach einer Initiative von David Ellensohn (Grüne Wien) seitens der Stadt der Rang des Ehrengrabes für die Grabstelle von Walter Nowotny aberkannt wurde, war die Aufregung groß. „Heftiger Protest gegen die Aberkennung kam von der FPÖ. Ihr nicht amtsführender Stadtrat Johann Herzog bezeichnete Nowotny im Gemeinderat als ‚hervorragenden Soldaten’.“ (derstandard.at, 25.3.03) Johann Herzog (FPÖ-Landtagsabgeordneter in Wien) war es in der Folge auch, der mit anderen Ewiggestrigen den Verein zur Pflege des Grabes von Walter Nowotny gründete. Der Verein organisiert am Zentralfriedhof ebenfalls die von diversen älteren und jüngeren Nazis gerne besuchte jährliche Kranzniederlegung.
Am 11. November marschierten die Kameraden wieder auf, darunter – wie in jedem Jahr – eine Reihe von FPÖ-Funktionären, Burschenschafter und Kameradschaftsbündler, wie es auf der Website von Rechtsdrall durch zahlreiche Fotos belegt ist. Die Rede hielt diesmal der Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete Wolfgang Jung. Als pensionierter Bundesheeroffizier unterliegt Jung nach wie vor dem Beamtendienstrecht, somit stellt sich die Frage, ob es mit dem Dienstrecht vereinbar ist, der Ehrung eines hochdekorierten Nazi-Offiziers beizuwohnen.
Genau diese Frage wird nun die zuständige Disziplinarkommission zu beantworten haben, denn die Grüne Landtagsabgeordnete Birgit Hebein hat ihr eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt:
Ich möchte Ihnen folgenden Sachverhalt mit dem Ersuchen um Überprüfung zur Kenntnis bringen:
Während man in ganz Österreich der Judenverfolgung nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 gedachte, fanden sich am Sonntag, den 11.11.2018, mehrere FPÖ-Politiker und Rechtsextreme auf dem Wiener Zentralfriedhof ein, um des Fliegerpiloten Walter Nowotny zu gedenken.
Nowotny, der für Hitlers Wehrmacht mehr als 250 Abschüsse vermeldet hatte, wird von Nazis als Kriegsheld verehrt. Weil er bis zuletzt als glühender Anhänger Hitlers galt, wurde seinem Grab vor 15 Jahren der Status eines Ehrengrabes aberkannt.
Mitten unter den TeilnehmerInnen dieses ins neonazistisch gehenden Gedenkens, an dem in der Vergangenheit schon rechtsextreme Szenegrößen wie Gottfried Küssel und Martin Sellner teilgenommen haben, befand sich der Bundesheeroffizier i.R. und Ex-Mitarbeiter im Heeresnachrichtenamt Wolfgang Jung. Er hielt im Rahmen der Veranstaltung auch einen Redebeitrag, in dem er Nowotny als unpolitischen Soldaten darstellte, der lediglich pflichtbewusst seinen Dienst versehen hätte und dem daher keine Vorwürfe zu machen seien.
Nähere Informationen finden sich unter https://derstandard.at/…/FPOe-Politiker-gedenken-erne…
Gemäß § 2 Abs. 3 Heeresdisziplinargesetz 2014 sind Berufssoldaten des Ruhestandes u.a. disziplinär zur Verantwortung zu ziehen
1. wegen Verletzung der Pflichten die ihnen im Dienststand auferlegt waren, oder
2. wegen gröblicher Verletzung der ihnen im Ruhestand auferlegten Pflichten.
Gemäß § 41 Abs. 1 Wehrgesetz 2001 gebietet der Dienst im Bundesheer den Soldaten, alles zu tun, was den Aufgaben des Bundesheeres förderlich ist, und alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Bundesheeres abträglich sein könnte.
Da die Teilnahme eines hohen Bundesheeroffiziers an einer derartigen Veranstaltung, mag sich dieser auch im Ruhestand befinden, sicherlich geeignet ist, das Ansehen des Österreichischen Bundesheeres zu beschädigen, ersuche ich um Überprüfung ob durch dieses Verhalten eine Pflichtverletzung nach den angeführten oder anderen Bestimmungen vorliegt, welches durch die Disziplinarbehörde zu ahnden ist.
Was das Gedenken an die NS-Opfer, an die Deserteure und WiderstandskämpferInnen betrifft, monieren Rechtsextreme, dass doch endlich ein Schlussstrich zu ziehen sei. Wenn es um die Verehrung eines Nazis geht, sieht die Sache dann deutlich anders aus. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …