Wochenschau KW 26

Lesezeit: 6 Minuten

Das Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt leis­te­te die­se Woche die Haupt­ar­beit in Sachen Wie­der­be­tä­ti­gung. Allein vier Ver­ur­tei­lun­gen und einen Frei­spruch gab es die­se Woche zu dem Auf­marsch von kroa­ti­schen Rechts­extre­men in Blei­burg, ein Kärnt­ner kas­sier­te 19 Mona­te für Nazidreck in sozia­len Netz­wer­ken. Der Pro­zess gegen einen schwer gewalt­tä­ti­gen Blu­den­zer Neo­na­zi muss­te ver­tagt wer­den – und ‚Püp­pi‘ wird kei­ne Hul­di­gun­gen mehr am Ulrichs­berg emp­fan­gen können.

Klagenfurt/Bleiburg (I): „Kroa­ti­scher Gruß” ist Hitlergruß

Die Geschwo­re­nen waren sich einig und befan­den, dass der 69-jäh­ri­ge Kroa­te, der sich da am Mon­tag, 25. Juni vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt wegen Wie­der­be­tä­ti­gung beim rechts­extre­men Auf­marsch in Blei­burg ver­ant­wor­ten muss­te, schul­dig ist im Sin­ne der Ankla­ge. Der Ange­klag­te war in der ORF-Doku „Kroa­ti­sche Hit­ler­grü­ße in Kärn­ten“ (deren Redak­teu­rin dafür vor kur­zem mit dem Civis-Medi­en­preis aus­ge­zeich­net wur­de) zu sehen gewe­sen, wie er Adolf Hit­ler lob­te und die Hand zum Hit­ler­gruß hob. Weil er am ers­ten Ver­hand­lungs­tag im April bestrit­ten hat­te, den Hit­ler­gruß gezeigt zu haben, wur­de zur Ein­ho­lung eines Gut­ach­tens durch einen Sach­ver­stän­di­gen vertagt.

Der Gut­ach­ter, ein His­to­ri­ker der Uni­ver­si­tät Zagreb, konn­te aber die Ver­ant­wor­tung des Ange­klag­te, dass es sich bei sei­ner Hand­be­we­gung um den ‚kroa­ti­schen Gruß‘ gehan­delt habe, ein­deu­tig widerlegen:

In ers­ter Linie wer­de unter dem kroa­ti­schen Gruß der Aus­spruch: ‚Za dom sprem­ni’ ver­stan­den, über­setzt ‚Alles für die Hei­mat.’ Die­ser Gruß bestehe seit Ende 1931, Anfang 1932, der Gruß habe zu die­ser Zeit kei­ne Hand­be­we­gung umfasst. Wäh­rend des Usta­scha-Regimes habe man begon­nen, zu dem Gruß den rech­ten Arm zu heben, ana­log zum Hit­ler-Gruß. Eine offi­zi­el­le Anord­nung für die Ver­wen­dung des Gru­ßes habe es nicht gege­ben. (ORF Kärn­ten, 25.6.2018)

Kroa­ti­scher Gruß ist ein­deu­tig Hit­ler­gruß; Kärn­ten Report vom 23.05.2017 [ORF2]

Das Urteil, zwei Jah­re bedingt, ist bereits rechts­kräf­tig. Als dem Kroa­ten erklärt wur­de, dass er nicht mehr ins Gefäng­nis müs­se, nahm er die Stra­fe an und wur­de wegen eines gegen ihn aus­ge­spro­che­nen Auf­ent­halts­ver­bots sofort an die Gren­ze eskortiert.

Klagenfurt/Bleiburg (II): Zwei wei­te­re Ver­ur­tei­lun­gen wegen Wiederbetätigung

Am Diens­tag, 26. Juni, muss­ten sich zwei wei­te­re Per­so­nen wegen ihres Auf­tritts beim Auf­marsch am Loi­ba­cher Feld in Blei­burg vor Geschwo­re­nen in Kla­gen­furt ver­ant­wor­ten. Der eine, „ein 54-jäh­ri­ger Kroa­te hat­te bei der umstrit­te­nen Ver­an­stal­tung den Hit­ler­gruß gezeigt, ein 26-Jäh­ri­ger hat­te ein T‑Shirt mit einem SS-Toten­kopf und dem Spruch ‚Bes­ser tot als rot„getragen’.“ (ORF Kärn­ten, 26.6.2018)

Der jün­ge­re Ange­klag­te ver­such­te sich zunächst noch mit der Aus­re­de, wonach er nicht gewusst habe, dass das öffent­li­che Zei­gen des SS-Toten­kopfs in Öster­reich straf­bar sei, schei­ter­te aber in der Fol­ge an den hun­der­ten ein­schlä­gi­gen Fotos auf sei­nem Han­dy, die ihn unter ande­rem auch mit dem Hit­ler­gruß zeig­ten. Er nahm das Urteil, 18 Mona­te bedingt, eben­so an wie der 54-Jäh­ri­ge, der sich dann am Nach­mit­tag wegen des Hit­ler­gru­ßes ver­ant­wor­ten muss­te und eben­falls zu 18 Mona­ten bedingt ver­ur­teilt wur­de. (OÖN)

Klagenfurt/Bleiburg (III): Ein Frei­spruch, eine Verurteilung

Am Frei­tag, 29.6., muss­ten sich wei­te­re zwei Kroa­ten wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung in Kla­gen­furt ver­ant­wor­ten. Ein 79-jäh­ri­ger Ange­klag­ter bekann­te sich zwar für schul­dig, erklär­te sei­ne Hand­be­we­gung aber so:

Ich woll­te eine Freun­din grü­ßen, aber das ist dann so aus­ge­legt wor­den, dass ich den Hit­ler­gruß machen woll­te. Wenn das so aus­ge­legt wor­den ist, dann tut es mir auch leid und ich beken­ne mich schul­dig.“ (Klei­ne Zei­tung)

Weil ein Video zwar die ein­schlä­gi­ge Hand­be­we­gung, dann aber sofort ein Win­ken zeigt, spre­chen die Geschwo­re­nen von der Ankla­ge frei. Der zwei­te Ange­klag­te vom Frei­tag, auch ein Kroa­te (67), in sei­ner Hei­mat­ge­mein­de Gemein­de­rat, war vor Gericht gestän­dig: „Bei der Fei­er habe ich dann ein Hei­mat­lied gehört, dadurch war ich in gro­ßer Eupho­rie und habe mich dazu hin­rei­ßen las­sen, die Hand zu heben.” (Klei­ne Zei­tung) Eine Ges­te im Sinn des Natio­nal­so­zia­lis­mus habe er aber damit nicht machen wol­len, er wer­de so etwas nie wie­der machen, ver­ant­wor­te­te er sich. In die­sem Fall erfolg­te ein ein­stim­mi­ger Schuld­spruch der Geschwo­re­nen und die Ver­ur­tei­lung zu 15 Mona­ten beding­ter Haft. Bei­de Urtei­le sind noch nicht rechtskräftig.

Kla­gen­furt: Noch eine Wie­der­be­tä­ti­gung, aber nicht in Bleiburg

Am Don­ners­tag, 28.Juni, muss­te sich noch einer wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor Geschwo­re­nen in Kla­gen­furt ver­ant­wor­ten. Dem 28-jäh­ri­gen Ange­klag­ten aus Spittal/Drau wur­de von der Ankla­ge vor­ge­wor­fen, zwi­schen Mai 2016 und Juni 2017 auf Face­book und Whats­App Nazidreck wie die Schwar­ze Son­ne, die Odal­ru­ne und die Zah­len­kom­bi­na­ti­on 18/88 ver­öf­fent­licht und sich außer­dem am Unter­arm sowie am Hals Odal­ru­nen-Tat­toos und am Schien­bein eine Schwar­ze Son­ne ver­passt zu haben. Über Whats­App hat er auch noch ein­schlä­gi­ge Fotos verschickt.

Schwar­ze Son­ne ori­gi­nä­res Sym­bol des NS daher verboten

Dem Ange­klag­ten, der sich auf eine psy­chi­sche Erkran­kung, star­ke Medi­ka­men­te und Alko­hol berief, war schon klar, was er damit tat, was auch ein Gut­ach­ter bestä­tig­te. An der Ent­fer­nung sei­ner Tat­toos arbei­te er, erklär­te er, und: „Es war dumm von mir. Ich wür­de das heu­te nie wie­der machen.“ (Klei­ne Zei­tung)

Odal­ru­ne im NS ver­wen­det von HJ und SS (Divi­si­on Prinz Eugen) ‑daher verboten

Nach kur­zer Bera­tung waren sich die Geschwo­re­nen einig: Schul­dig im Sinn der Ankla­ge. Das Urteil, 19 Mona­te Haft auf Bewäh­rung und eine Geld­stra­fe in der Höhe von 1.200 Euro, ist noch nicht rechtskräftig.

Feld­kirch: Ein Neo­na­zi dreht durch

Vor einem hal­ben Jahr zog der 32-jäh­ri­ge Blu­den­zer mit „Heil Hit­ler“, Hit­ler­gruß und wei­te­ren Nazi-Paro­len durch Blu­denz, beschimpf­te in einem Lokal Gäs­te als „Volks­ver­rä­ter“ und schlug am Blu­den­zer Bahn­hof einen jun­gen Mann kran­ken­haus­reif. Nach sei­ner Fest­nah­me erklär­te er den Poli­zis­ten, dass Hit­ler ein Pro­phet gewe­sen sei. Die Staats­an­walt­schaft Feld­kirch klag­te ihn wegen Wie­der­be­tä­ti­gung und schwe­rer Kör­per­ver­let­zung an, am Frei­tag, 29.6., muss­te er sich des­halb vor dem Lan­des­ge­richt Feld­kirch den Geschwo­re­nen stellen.

Vor Gericht ver­such­te er es mit gespiel­ter Reu­mü­tig­keit: „Ja, ich beken­ne mich schul­dig, lei­der kann ich es nicht mehr rück­gän­gig machen“ (Vor­arl­ber­ger Nach­rich­ten), ließ sich dann aber auch die Behaup­tung ent­lo­cken, dass Hit­ler ein Mann für das Volk gewe­sen sei. Zwi­schen sei­nen diver­sen Dro­gen­ent­zü­gen sei er auf den Hit­ler gekommen

Um fest­zu­stel­len, ob der Ange­klag­te, der zum Tat­zeit­punkt laut Poli­zei 1,5 Pro­mil­le im Blut hat­te, über­haupt zurech­nungs­fä­hig gewe­sen sei, wird nun ein psych­ia­tri­sches Gut­ach­ten ein­ge­holt und die Ver­hand­lung wur­de auf unbe­stimm­te Zeit ver­tagt. (Update hier)

Püp­pi kommt nicht mehr zum Ulrichsberg

1995 dürf­te das letz­te Jahr gewe­sen sein, in dem die Toch­ter von SS-Kapo Hein­rich Himm­ler, Gud­run Bur­witz, beim Ulrichs­berg- Auf­marsch die Ehrun­gen der alten Kame­ra­den ent­ge­gen­ge­nom­men hatte.

Himm­ler mit Toch­ter Gud­run in der Doku „Der Anständige”

Die Neo­na­zi-Akti­vis­tin, die sich nie von ihrem schwer­kri­mi­nel­len Vater distan­ziert hat­te, war bis ins hohe Alter für den Ver­ein „Stil­le Hil­fe“ tätig, über den Alt- und Neo­na­zis betreut und finan­zi­ell unter­stützt wur­den. Der Auf­marsch am Ulrichs­berg bzw. das damit ver­bun­de­ne Tref­fen der SS-Vete­ra­nen in Krum­pen­dorf war einer ihrer weni­gen öffent­li­chen Auftritte:

Wo waren Sie im Krieg? Bei wel­cher Ein­heit haben Sie gedient?”, fragt sie streng. „5. SS-Pan­zer-Divi­si­on Wiking”, ant­wor­tet Vagner Kris­ten­sen zackig. „Frei­wil­li­ger in der Däni­schen Waf­fen-SS?” „Jawoll!” Die Frau ver­zieht kei­ne Mie­ne. Ihre grau­en Haa­re sind zu einem Dutt geformt; an ihrer Blu­se haf­tet eine gro­ße sil­ber­ne Bro­sche, auf der vier Pfer­de­köp­fe im Kreis ange­ord­net sind. Sie erge­ben ein Haken­kreuz. Vagner Kris­ten­sen nimmt Hal­tung an. Ihm ist nicht ent­gan­gen, dass sie die glei­chen eis­blau­en Augen hat wie ihr Vater. Die Frau, die vor ihm im Hotel Rosen­heim in Krum­pen­dorf in Kärn­ten sitzt, ist Gud­run Bur­witz. (Andrea Röp­ke, Püp­pis Kame­ra­den)

Jetzt ist Himm­lers Toch­ter, von ihrem Vater „Püp­pi“ genannt, in einem Münch­ner Alters­heim ver­stor­ben.