Der blaue Kandidat und die blaue Blume. Ein Dossier

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Zu Recht adelt „Standard“-Kolumnistin Rena­te Gra­ber die jüngs­ten Aus­las­sun­gen von Nor­bert Hofer zur Korn­blu­me mit dem Kom­men­tar „Hofers Socken­wun­der“. Die Unver­fro­ren­heit, mit der Hofer den erdrü­cken­den poli­ti­schen Bal­last der Korn­blu­me in der deutsch-völ­ki­schen Bewe­gung weg­re­den will, legt nicht die unver­fälsch­te Blu­me frei, die tat­säch­lich nichts für ihre poli­ti­sche Instru­men­ta­li­sie­rung kann, son­dern zeigt den ech­ten Hofer.

Hofer in „Österreich“ zur Kornblume

Hier der Aus­zug aus dem „Österreich“-Interview vom 1.5.2016, der auf die Korn­blu­me Bezug nimmt.


ÖSTERREICH: Wer­den Sie bei der Ange­lo­bung wie­der die Korn­blu­me tragen?
HOFER: Nein, aber ich ste­he dazu, sie getra­gen zu haben.
ÖSTERREICH: War­um die Kornblume?
HOFER: Weil sie blau ist! Es ist die Europablume!
ÖSTERREICH: Für mich ist das ein belas­te­tes Sym­bol. Die Schö­ne­ria­ner haben sie getra­gen, die ille­ga­len Nazis
HOFER: Wir dür­fen uns von Nazis und Rechts­extre­men die Sym­bo­le nicht weg­neh­men las­sen. Die Korn­blu­me hat es vor­her schon gege­ben. Wei­ße Socken sind auch belas­tet ‑trotz­dem wer­den sie von Ten­nis­spie­lern getra­gen. Jeder Ver­such, mich ins Nazi-Eck zu rücken, wird schei­tern. Ich ver­ab­scheue die­ses Regime, will dort nicht anstrei­fen, aber ich lass mir unse­re Sym­bo­le nicht weg­neh­men. (Öster­reich, 1.5.2016)


 

Nor­bert Hofer mit Kornblume
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Werner Doralt zu Hakenkreuz und Kornblume

In einem Leser­brief an die „Pres­se“ spitzt der Finanz­wis­sen­schaf­ter Wer­ner Doralt zu:

„Wenn die Abge­ord­ne­ten der FPÖ die Korn­blu­me als Sym­bol ihrer Gesin­nung tra­gen und die ille­ga­len Nazis eben­falls die Korn­blu­me als ihr Sym­bol tru­gen, weil das Haken­kreuz — damals wie heu­te — ver­bo­ten war, dann liegt der Schluss nahe, dass die Korn­blu­me heu­te wie damals als Aus­druck der­sel­ben Gesin­nung getra­gen wird“. (Die Pres­se, 31.10.2008)

Presseaussendung der FPÖ

„Noch ein­mal sei durch die Korn­blu­me gesagt, dass die­ses zar­te Gewächs in kei­nen Zusam­men­hang mit „ille­ga­len Nazis” kon­stru­iert wer­den kann. Zu kei­nem Zeit­punkt wur­de im Zei­chen der Korn­blu­me Gewalt aus­ge­übt“ (OTS FPÖ 28.10.2008).

Hitler in „Mein Kampf“ zur Kornblume

„Auch ich hat­te so einst die Mög­lich­keit, schon in ver­hält­nis­mä­ßig frü­her Jugend am Natio­na­li­tä­ten­kampf des alten Öster­reich teil­zu­neh­men. Für Süd­mark und Schul­ver­ein wur­de da gesam­melt, durch Korn­blu­men und schwarz­rot-gold­ne Far­ben die Gesin­nung betont, mit „Heil“ begrüßt, und statt des Kai­ser­lie­des lie­ber „Deutsch­land über alles“ gesun­gen, trotz Ver­war­nung und Stra­fen. Der Jun­ge ward dabei poli­tisch geschult in einer Zeit, da der Ange­hö­ri­ge sei­nes soge­nann­ten Natio­nal­staa­tes meist noch von sei­nem Volks­tum wenig mehr als die Spra­che kennt. Daß ich damals schon nicht zu den Lau­en gehört habe, ver­steht sich von selbst. In kur­zer Zeit war ich zum fana­ti­schen „Deutsch-natio­na­len“ gewor­den, wobei dies aller­dings nicht iden­tisch ist mit unse­rem heu­ti­gen Parteibegriff“


„Ham­mer-Ver­lag … Völ­ki­sche Post­kar­ten … Haken­kreuz-Nadeln und All­deut­sche Par­tei-Abzei­chen. (Korn­blu­me mit schwarz-weiß-rotem Band)”
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Stopptdierechten über die Kornblume

Die blaue Korn­blu­me – schwerst belas­te­tes poli­ti­sches Symbol
3. Novem­ber 2013

Nur in einem Neben­satz erwähn­ten die meis­ten Medi­en anläss­lich der Ange­lo­bung des neu­en Natio­nal­rats, dass sich die FPÖ-Abge­ord­ne­ten mit Korn­blu­men schmück­ten. Gab es 2006 und 2008 noch Auf­re­gung dar­über, the­ma­ti­sier­ten dies­mal nur noch weni­ge Medi­en das frag­wür­di­ge Ritu­al der FPÖ

Dass die Korn­blu­me („die blaue Blu­me“) auch in der deut­schen Roman­tik des 19. Jahr­hun­derts Ver­wen­dung fand , ist eine gern gebrauch­te Aus­re­de. Hier inter­es­siert sie uns als poli­ti­sches Sym­bol und als sol­ches tauch­te sie in Öster­reich um 1880 als Erken­nungs­zei­chen der Bewe­gung des rabia­ten Anti­se­mi­ten Georg von Schö­ne­rer auf. In Schö­ne­rers groß­deut­scher Par­tei All­deut­sche Ver­ei­ni­gung sah man die Korn­blu­me als „Sym­bol der deut­schen Treue“ an. Ihre Ver­wen­dung wur­de des­halb von den Behör­den der öster­rei­chi­schen Mon­ar­chie auch zeit­wei­se unter Straf­an­dro­hung gestellt . Nach dem Ver­bot der Natio­nal­so­zia­lis­ten 1933 wur­de die Korn­blu­me — als Ersatz für das ver­bo­te­ne Haken­kreuz – das Sym­bol und Erken­nungs­zei­chen der ille­ga­len Nazis in Österreich. 


Korn­blu­me im Abzei­chen des „All­deut­schen Ver­eins „Schö­ne­rer“”
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Nach 1945 tauch­te die his­to­risch belas­te­te Korn­blu­me daher nicht zufäl­lig als Sym­bol des deutsch­na­tio­na­len Lagers in Öster­reich wie­der auf. 

1993 schrieb der anti­fa­schis­ti­sche Autor Wolf­gang Purtschel­ler über die neo­na­zis­ti­sche Arbeits­ge­mein­schaft für Poli­tik (AFP): “Im Pro­gramm der Poli­ti­schen Aka­de­mie der AFP steht … unter Punkt 15 mit schö­ner Regel­mä­ßig­keit fol­gen­der Satz nach­zu­le­sen: ‘Ande­re wer­fen ihre Sym­bo­le über Bord – wir wol­len sie pfle­gen. Wir bit­ten jeden Teil­neh­mer, sich am Bücher­tisch eine Korn­blu­me zu besor­gen und zu tra­gen!’ … Insi­der wis­sen aber, daß besag­te Korn­blu­me vor dem ‘Anschluß’ das gehei­me Erken­nungs­zei­chen … der ille­ga­len öster­rei­chi­schen NSDAP (war).”

Auch der neo­na­zis­ti­sche Bund frei­er Jugend (BfJ), ein Able­ger der AFP, ver­wen­de­te die Korn­blu­me als Symbol:

Dass die Korn­blu­me –eine unschul­di­ge Acker­pflan­ze – in ande­ren Län­dern bzw. in der Roman­tik auch Ver­wen­dung gefun­den hat bzw. fin­det, kann nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass sie hier­zu­lan­de in einem ein­deu­ti­gen Kon­text gebraucht wur­de und wird. Das Haken­kreuz hat­te als Swas­tika ursprüng­lich auch eine ande­re Bedeutung. 

Dank der FPÖ hat das poli­ti­sche Sym­bol Korn­blu­me, das eins­ti­ge Zei­chen der ille­ga­len Nazis, Deutsch­na­tio­na­len und Anti­se­mi­ten, neu­er­lich Ein­zug ins Par­la­ment gehalten…


Bild­quel­le: oe24.at
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Zur Lek­tü­re emp­foh­len: Korn­blu­men (PDF)