Hat der Angeklagte in der Nacht vom 10. auf den 11. Jänner dieses Jahres in Villach in der Lederergasse „Sieg Heil“ gerufen und die Hand zum Hitlergruß hochgerissen? Und hat er auf Facebook unter ein Foto, das ihn und zwei Freunde zeigt, dazu gepostet: „Auf dass die Juden untergehen” Was diesen Satz betrifft, so kann er sich einfach nicht erinnern, ihn verfasst zu haben. Der Richter dazu: „Typisch österreichisches Schicksal, Erinnerungslücken!”
Ähnlich ist, was die Szene in der Lederergasse betrifft: Der Angeklagte zählt dem Richter die Unmengen an Alkohol auf, die er zusammen mit seinen Freunden getrunken haben will. Da leidet nicht nur das Erinnerungsvermögen, sondern auch die Zurechnungsfähigkeit. Jedenfalls sieht das der Verteidiger so – und wohl auch der Angeklagte, wenn das Gehirn es noch erlaubt.
Wenn aber die Zurechnungsfähigkeit nicht gegeben ist und der Angeklagte, nur von Reflexen und irgendwelchen dumpfen Instinkten gesteuert, den Arm zum Hitlergruß hochgerissen und ihn zum Schreiben seines antisemitischen Postings wiederbetätigt hat, dann wäre natürlich der Vorsatz nicht vorhanden und die Wiederbetätigung hinfällig. Die beiden Vorfälle hatten sich innerhalb von 20 Stunden ereignet. Da müsste sich ein Dauerrausch wohl auf seltsame Weise mit der Beherrschung einer Tastatur kombiniert haben.
Der Angeklagte, der mehrfach wegen Eigentums- und Gewaltdelikten vorbestraft und praktischerweise gerade wegen Körperverletzung inhaftiert ist, hat –zumindest für den Vorfall in der Lederergasse – eine Teilerinnerung. Irgendwer habe auf der Straße „Sie“ gerufen, da habe er „Heil“ zurückgerufen. Der Staatsanwalt will wissen, ob er dabei die Hand gehoben habe. Darauf meint der Angeklagte, dass es schon sein könne, „wenn ich Heil schreie, dass da die Hand hinaufgeht“ (kleinezeitung.at).
Daraufhin der Richter: „Ist das ein automatischer Reflex, was Angeborenes?” Das bringt den Angeklagten ins Grübeln. Das Ergebnis seines Nachdenkprozesses ist die Äußerung, dass es vielleicht seine Freunde gewesen sein könnten. Die seien rechts, und daher habe er vielleicht so agiert.
Die Polizisten im Zeugenstand hatten eine völlig andere Erinnerung. Zum einen sei der „Sieg Heil“-Ruf „zusammenhängend“ erfolgt, zum andern habe sich der Angeklagte bei der polizeilichen Einvernahme sehr wohl an seinen antisemitischen Spruch erinnern können. Die Alkoholisierung sei außerdem nicht stark gewesen.
Im Oktober soll das Gutachten Klärung bringen. Dann sind die Geschworenen dran, sich ein Urteil zu bilden.