Nach der – straflos gebliebenen — Ankündigung, kriminelle Nordafrikaner und ihre Angehörigen aus der Stadt (Innsbruck) jagen zu wollen, hat sich die FPÖ Tirol eine weitere Gruppe unter den Schwächsten vorgenommen, die sie vertreiben will: bettelnde Menschen. Über einen Detektiv ließ die Partei zwei Monate lang Innsbrucker BettlerInnen bespitzeln.
Maximal 17 (in Worten: siebzehn!)Menschen betteln in Innsbruck täglich, weiß die FPÖ jetzt nach einer zweimonatigen Spitzelaktion, die zwischen 24. März und 25. Mai von einer Detektei durchgeführt wurde. Im Schnitt sind zwölf bis fünfzehn Menschen in Innsbruck bettelnd unterwegs – so die peinlichen „Erkenntnisse“ der FPÖ Tirol, die damit die „Machenschaften der Bettlermafia in Tirol“ aufgedeckt haben will.
Die „Erkenntnisse“ der FPÖ und ihrer Spitzelei: „Wir haben nachgewiesen, dass diese Personen arbeitsteilig zusammenarbeiten“ (Kurier Tirol,9.7. 2014) , erläuterte der FPÖ-Landesparteiobmann Abwerzger, der außerdem eine „streng hierarchische Struktur“ feststellen konnte.
Diese Erkenntnisse sind so überwältigend und eindeutig, dass sie auch und gerade auf die FPÖ zutreffen: ist auch sie deshalb eine mafiose Struktur?
Der „Kurier“ schreibt jedenfalls: „Dass sich Bettler untereinander organisieren, gemeinsam anreisen und auch absprechen, wo Passanten um Geld gebeten würden, hat in der Vergangenheit aber nicht einmal die Bettelllobby in Abrede gestellt und gemeint: Sollte es zu Nötigung oder Ausbeutung kommen, gäbe es dagegen bereits Gesetze“ (Kurier Tirol, 9.7.).

Die FPÖ Tirol kümmert das alles nicht. Am Tag, wo Österreichs Medien über ein Baumafia-Netzwerk mit einer Schadenssumme von 140 Millionen Euro für die Steuerzahler berichten, empört sich die FPÖ über eine angebliche Bettlermafia aus durchschnittlich 12 bis 15 bettelnden Menschen in Innsbruck. Sogar in die Schale oder den Hut hat die FPÖ den BettlerInnen angeblich geschaut und will dabei über den Detektiv festgestellt haben, „dass ein Bettler pro Tag auf 90 Euro kommt“ (Krone Tirol, 9.7.2014). „Pro Monat würde das insgesamt weit mehr als 20.000 Euro ergeben“ (Tiroler Tageszeitung, 9.7.14) , will Abwerzgers Detektiv eruiert haben. Nur: wie macht man das – wie stellt man das fest?
Wie die FPÖ zu ihren Erkenntnissen von mafiösen Bettler-Strukturen kommt, ist eine andere Frage. Die Antwort gibt FPÖ-Klubobmann Federspiel: „Wir haben keinen Zeugen, der uns erklärt hat, dass er gezwungen wird, hier zu betteln“ (Kurier Tirol, 9.7.) – Macht ja nix, Hauptsache, die FPÖ kann gegen mafiose Strukturen bei den Bettlern hetzen. So ganz nebenbei will die FPÖ die Bettler auch noch als Schauspieler enttarnt haben, also als Menschen, die körperliche Behinderungen und Armut nur vortäuschen: “Bettler, die untertags gebückt und mit Krücken gehen, fahren dann gemütlich mit dem Roller“.Und: “Die sogenannten Krüppel sind keine Krüppel. Sie müssen sogar Schuhe anziehen, die ihnen wehtun. Am Abend trinken sie dann fröhlich ein Bier” (DerStandard.at). Schauspielende Menschen in ärmlicher Kleidung, Krücken und schlechten Schuhen, die „gemütlich“ mit dem Roller (Vespa?) von ihrer streng hierarchischen und arbeitsteilig organisierten Arbeit wegfahren und dann noch am Abend „fröhlich“ ein Bier trinken, weil sie viel Kohle für die Mafia verdient haben? So viel Stumpfsinn und Hetze verursacht Übelkeit!
Die Lösung für die FPÖ ist natürlich, die ganze Bettlerszene in Innsbruck sofort zu unterbinden. Am einfachsten wäre es für Federspiel, sie nach Salzburg zu verbringen: “Die können ja nach Salzburg, wo man sich ihnen (sic!) angeblich gerne annimmt“.