Der Protest-Aufruf, in dem die Abberufung Norbert Weidners als Chefredakteur der Verbandszeitschrift der Deutschen Burschenschaft (DB) gefordert wurde, war im Vorfeld des diesjährigen Burschentags in Eisenach kursiert. Auf der uns vorliegenden Liste von fast 600 Unterzeichnern findet sich nur ein Burschenschafter aus Österreich. Die Österreich-Burschis, die sonst zu allen Fragen des Deutschtums bevorzugt Stellung nehmen, finden die Sprüche Weidners offensichtlich nicht kritikwürdig. Einzig ein Alter Herr der Grazer Burschenschaft Alemannia, der pensionierte Uni-Historiker Günter Cerwinka hat den Protestaufruf gegen Weidner unterschrieben. Das laute Schweigen der österreichischen Burschenschaften kann er damit nicht übertönen. Wir haben zwar nichts Besseres erwartet, aber bei diesem Anlass sei doch hervorgehoben: Während der deutsche Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU), der ebenfalls Burschenschafter ist, den Aufruf unterzeichnet hat, glänzten die politisch aktiven Burschenschafter und Alten Herren der DB aus den Reihen der FPÖ von Martin Graf bis Harald Stefan durch ihre vornehme Zurückhaltung.
Auf dem Burschentag selbst scheiterte die Abwahl Weidners knapp. Die gemäßigten Bünde zogen daraufhin ihre Amtsträger aus dem Vorstand der DB zurück. Die DB steht vor der Spaltung oder Selbstauflösung, jedenfalls vor einem weiteren Aderlass. Immerhin: Österreichs Korporierte können sich zugutehalten, dass sie nicht unmaßgeblich dafür verantwortlich sind, dass schon Dutzende Bünde seit den 1990er-Jahren die DB verlassen haben.
Die österreichischen Mitgliedsbünde der DB, die allesamt in der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) organisiert sind, haben auf dem gescheiterten Burschentag in Eisenach nicht nur die Abwahl von Weidner verhindert, sondern ihre Machtpositionen ausgeweitet.
Die Burschenschaft Nibelungia aus Wien, die schon seit 2005 in der BG organisiert ist, wurde – mit knapper Mehrheit — als neuer Mitgliedsbund in die DB aufgenommen und verstärkt dort das rechte Lager. In der BG selbst dominieren die österreichischen Burschenschaften mit 24 Bünden, während sich aus Deutschland nur weitere 20 Bünde zur BG bekennen.
Auch eine weitere Position fiel den österreichischen Hardlinern in die Hände. Walter Tributsch von der Burschenschaft Teutonia löste den als Pressereferent der DB zurückgetretenen Michael Schmidt ab und bildet mit Weidner von den Raczeks Bonn, Matthias Breuer (ebenfalls Raczeks), Maximilian Reingruber ( Germania Salzburg, Danubia München) und Bruno Burchhart (Olympia Wien) die rechte Speerspitze bei den Funktionären des Dachverbands DB. Die österreichischen Burschenschaften marschieren vor, die aus Deutschland verlassen langsam, aber sicher den Verband DB. Bei den Alten Herren in Deutschlands Bünden mehren sich jedenfalls die Austritte. Eine unangenehme Sache, denn die Alten Herren finanzieren die Burschenschaften.
Die rechtsextreme Wiener Burschenschaft Teutonia, die in den 1990er-Jahren ein beachtliches Kontingent von VAPO-Aktivisten stellte, ist übrigens mit der Danubia München und den Bonner Raczeks über die BG hinaus im „Ostdeutschen Kartell“ eng verbunden. Die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks war nicht nur im Vorjahr mit einem Antrag auf Einführung eines Arierparagrafen vorgeprescht, wonach es „besonders in Zeiten fortschreitender Überfremdung nicht hinnehmbar [ist], dass Menschen, welche nicht vom deutschen Stamm sind, in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen werden“, sondern pflegte in der Vergangenheit auch enge Kooperation mit anderen österreichischen Burschenschaftern von der Brixia Innsbruck und der Olympia Wien.