FPÖ-Hofers Interview in der NPD-Postille

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Das Inter­view, das Nor­bert Hofer (FPÖ) der Neonazi-„Theorie“-Zeitschrift „hier & jetzt“ gege­ben hat, liegt uns nun im Wort­laut vor. Neben einer bil­li­gen Pole­mik gegen die Grü­nen ent­hält es durch­aus bemer­kens­wer­te, wenn auch wider­sprüch­li­che Fest­stel­lun­gen zur Atom­ener­gie. Mit einem raschen Aus­stieg aus der Atom­ener­gie hat Hofer nichts am Hut und in die Kern­fu­si­on setzt er durch­aus Hoffnungen.


Fak­si­mi­le des Arti­kels in der hier&jetzt

Inter­viewt wird Nor­bert von Arne Schim­mer und Thors­ten Thom­sen. Schim­mer, der Chef­re­dak­teur von „hier & jetzt“, ist Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter der NPD Sach­sen und Alter Herr einer Bur­schen­schaft. Thom­sen hat „Öster­reich-Bezug“: Er schrieb für die „Aula“ und refe­rier­te auch bei den „Kärnt­ner Kul­tur­ta­gen“, einer Ver­an­stal­tung des Deut­schen Kul­tur­werks Öster­reich, bei der sich Frei­heit­li­che, ande­re Rechts­extre­me und Neo­na­zis her­um­tum­meln. Thom­sen ist Vor­sit­zen­der des NPD-„Bildungswerks für Hei­mat und natio­na­le Iden­ti­tät“, das seit 2009 „hier & jetzt“ herausgibt.

Die in der Wol­le ein­ge­färb­ten NPD-Inter­view­er streu­en in ihre Fra­gen ganz bei­läu­fig etwas von ihrem Wis­sen über ihre dubio­sen brau­nen Bezugs­quel­len ein: „In Deutsch­land war der Begriff der Aut­ar­kie wohl zuletzt in der spä­ten Wei­ma­rer Repu­blik in den Krei­sen um Hans Zeh­rer und Fer­di­nand Fried ein Kris­tal­li­sa­ti­ons­punkt kon­ser­va­tiv-revo­lu­tio­nä­ren Denkens.“

Hofer geht auf die ihm ange­bo­te­nen his­to­ri­schen Bezugs­quel­len nicht ein, kennt sie viel­leicht wirk­lich nicht. Dar­um hier nur soviel: Fer­di­nand Fried (eigent­lich Fer­di­nand Fried­rich Zim­mer­mann) war natür­lich Nazi, SS-Sturm­bann­füh­rer und wil­der Anti­se­mit. So rich­tig einer nach dem Geschmack der Inter­view­er! Hans Zeh­rer hat­te eine etwas ver­bo­ge­ne poli­ti­sche Bio­gra­phie, unter­stütz­te aber eben­falls die NSDAP und ließ sich von sei­ner jüdi­schen Frau scheiden.

Zurück zu Hofer. Als ihm die Inter­view­er mit ihrer Fra­ge, ob die Ener­gie­de­bat­te nicht hys­te­ri­sche Züge tra­ge und die For­de­rung nach einem sofor­ti­gen Atom­aus­stieg nicht uto­pisch sei, Ein­schät­zun­gen auf die Zun­ge legen, appor­tiert Hofer brav, spricht von einer hys­te­ri­schen Debat­te rund um den Kli­ma­schutz und davon, dass es „wenig sinn­voll [wäre], von heu­te auf mor­gen die Wer­ke zu schlie­ßen. Das kann aber kein Argu­ment sein, den Aus­stieg nicht mit­tel­fris­tig umzusetzen.“

Mit­tel­fris­tig? Damit konn­te sich Ange­la Mer­kel schon vor der Kata­stro­phe in Fuku­shi­ma abfin­den. Was ist der „mit­tel­fris­ti­ge“ Zeit­ho­ri­zont von Hofer? Er sagt es nicht direkt, gibt aber einen Anhalts­punkt: „Ins­ge­samt müs­sen wir davon aus­ge­hen, dass die Reser­ven für anrei­cher­ba­res Uran in etwa 55 Jah­ren zu Ende gehen.“ Aha! Jeden­falls ist es für ihn nicht so wich­tig, „ob jetzt bei­spiels­wei­se Deutsch­land den beschlos­se­nen Atom­aus­stieg fünf Jah­re frü­her oder spä­ter durchführt.“


Fak­si­mi­le des Arti­kels in der hier&jetzt

Aber Hofer kommt den deut­schen Kame­ra­den auch noch auf einer ande­ren Ebe­ne ent­ge­gen: „Für mich ist klar, dass die deut­schen Kern­kraft­wer­ke auf­grund der tech­ni­schen Qua­li­fi­ka­ti­on deut­scher Inge­nieu­re nicht mit jenen in vie­len ande­ren Län­dern ver­gleich­bar sind.“ Und an ande­rer Stel­le plä­diert er für die direk­te „tech­ni­sche“ Koope­ra­ti­on zwi­schen Öster­reich und Deutsch­land, was den säch­si­schen Kame­ra­den sicher gut gefällt, weil sie die Koope­ra­ti­on auf einer ande­ren Ebe­ne ja schon seit Jah­ren pfle­gen: „Da ist es klug, die her­vor­ra­gen­den Inge­nieu­re in Deutsch­land und Öster­reich recht­zei­tig mit der Ent­wick­lung von Sys­te­men zu beauf­tra­gen, die hei­mi­sche Ener­gie­quel­len best­mög­lich nut­zen.“ – Es hat offen­sicht­lich einen bana­len Grund, war­um das Bekennt­nis zur deut­schen Sprach- und Kul­tur­ge­mein­schaft im neu­en FPÖ-Pro­gramm, für das Hofer ver­ant­wort­lich zeich­net, wie­der auf­ge­nom­men wur­de: Die Koope­ra­ti­on der her­vor­ra­gen­den Inge­nieu­re ist damit gemeint.

Ziem­lich selt­sam mutet auch Hofers Hoff­nung an, dass die Kern­fu­si­ons­for­schung, ein Mil­li­ar­den­grab, „irgend­wann zu einem Durch­bruch kom­men wird“. Selt­sam auch des­we­gen, weil die EURATOM, von der Hofer behaup­tet, dass sie nur von der FPÖ abge­lehnt wer­de („wäh­rend, zumin­dest hier­zu­lan­de, die Grü­nen sich an die­ses heik­le The­ma nicht wagen“), ja einer der Haupt­fi­nan­ziers und Prot­ago­nis­ten der Kern­fu­si­on (Pro­jekt ITER) ist. Was will er, der Hofer? Kern­fu­si­on? Dann muss er für EURATOM sein. Oder will er raus aus EURATOM? Dann gibt es kei­ne Hoff­nung für die Kernfusion.

Und was die Grü­nen “hier­zu­lan­de“ betrifft, soll­te sich Hofer eigent­lich dar­an erin­nern kön­nen, dass die jüngs­te par­la­men­ta­ri­sche Initia­ti­ve zum Aus­stieg aus EURATOM von ihnen gekom­men ist. Aber egal! Mehr als Hofers Visio­nen zu Atom­fu­si­on und Atom­aus­stieg inter­es­siert uns ja, war­um der stell­ver­tre­ten­de FPÖ-Vor­sit­zen­de Hofer einer NPD-Zei­tung ein Inter­view gibt? War es nicht Hofer, der sei­nem Par­tei­ka­me­ra­den Königs­ho­fer die gel­be bzw. rote Kar­te ange­kün­digt hat wegen des­sen brau­nen Kontakten?