Die Paramilitärs hatten die Roma den ganzen Tag lang eingeschüchtert. Als am späteren Abend ein 14-jähriger Roma von vier Paramilitärs attackiert und verprügelt wurde, eskalierte die Situation: In einer Massenschlägerei wurden zumindest vier Personen verletzt (eine davon schwer). Die von den angegriffenen Roma benachrichtigte, aber sehr spät eintreffende Bereitschaftspolizei nahm mehrere Personen fest, darunter zwei Organisatoren der Paramilitärs und zumindest einen Roma.
Auf der Website des in Budapest erscheinenden deutschsprachigen „Pester Lloyd“ findet sich unter dem Titel „Eskalation der Gewalt“ ein Bericht des Vorfalls.
In Gyöngyöspata, einer 80 km östlich von Budapest gelegenen Gemeinde mit etwa 2800 EinwohnerInnen, terrorisieren rechtsextremistische Paramilitärs seit Anfang März gezielt die Roma-Bevölkerung. Der Terror ging so weit, dass sich das ungarische Rote Kreuz vor dem Osterwochenende genötigt sah, die Roma des Ortes in ein „Ferienlager“ zu evakuieren, da deren Sicherheit auf Grund eines geplanten paramilitärischen Trainingslagers in Gyöngyöspata nicht garantiert werden konnte. Die Polizei schritt zwar gegen das Trainingslager formal ein und nahm zwei Organisatoren kurzfristig fest, ließ jedoch die übrigen Rechtsextremisten unbehelligt, die in der Folge in Privathäusern unterkamen.
Nach der Rückkehr der Roma von der seitens der Regierung realitätsverschleiernd „Erholungsurlaub“ genannten Flucht vor der Gewaltdrohung am Montag, provozierten die Paramilitärs unter anderem durch offenes Zeigen von Schusswaffen, Steinwürfen auf von Roma bewohnten Häusern und verbale Aggression. Das Verprügeln des 14-jährigen Roma, der sich weit vom eigentlichen Geschehen entfernt aufhielt, führte schließlich zum Gewaltausbruch.
Die Ortschaft war etwa zwölf Stunden nach dem Gewaltausbruch von Bereitschaftspolizei regelrecht besetzt. Ein Organisator der Paramilitärs hat die aus dem Vorfall resultierende Öffentlichkeit dazu genutzt, im Zuge seiner Festnahme die Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters sowie weitere paramilitärische Ausbildungslager und die Fortsetzung der Aktionen seiner Organisation anzukündigen. Zu diesen zählt er unter anderem auch paramilitärische Camps für Sechsjährige. Damit ist die Ankündigung der ungarischen Regierung vom Osterwochenende, dass sich die Paramilitärs aus Gyöngyöspata zurückziehen und ihre Aktivitäten einstellen würden, als Propaganda entlarvt.
Lokale Roma-AktivistInnen des Ortes berichten in Solidaritätsblogs von Fluchtvorbereitungen der Roma-Bevölkerung aus Gyöngyöspata. Der Bericht des „Pester Lloyd“ ist mit Links versehen, die die Eskalation der letzten Wochen darstellen. Die Zeitung hat außerdem einen Themenschwerpunkt „Roma“ eingerichtet. Hintergrundinformationen in englischer Sprache liefert auch ein Blog, der von BürgerrechtlerInnen zur Unterstützung der Roma von Gyöngyönspata eingerichtet wurde. Auf diesem finden sich auch Verweise auf Unterstützungsmöglichkeiten und Termine sowie Berichte von Solidaritätsaktionen für die vom rechtsextremistischen Terror bedrohten Roma.
Siehe auch:
- gyongyospatasolidarity — Bloody Fight in Gyöngyöspata
- pesterlloyd.net — Roma in Ungarn: Rückkehr vom „Osterausflug”
- pesterlloyd.net — Offene Kämpfe zwischen Roma und Neonazis in Ungarn
- Ungarn: Rechtsextreme Jobbik-Wehr marschiert wieder
- Ungarn: Rechtsextreme Bürgerwehr terrorisiert Roma
- pesterlloyd.net: “Erste Geständnisse beim Prozess um Romamorde in Ungarn”