Braunaus steirischer Hitler und sein „Arbeitertum“

Der Hit­­ler-Dop­­pel­­gän­­ger, der in den letz­ten Tagen in Brau­nau am Inn her­um­spa­ziert ist und posiert hat, wur­de am Mon­tag abends auf Anord­nung der Staats­an­walt­schaft Ried fest­ge­nom­men und wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ange­zeigt. War das eine völ­lig über­zo­ge­ne Reak­ti­on? Wir mei­nen: sicher nicht! Denn Harald Z. (25) aus der Stei­er­mark hät­te sich eigent­lich schon viel […]

14. Feb 2017

Harald Z. sorg­te mit sei­nem Auf­zug in den letz­ten Tagen dafür, dass auch die Welt­pres­se wie­der ein­mal über Brau­nau, Hit­ler und die Nazis in Öster­reich berich­ten konn­te. In den sozia­len Netz­wer­ken toben vie­le, dass die Fest­nah­me völ­lig über­zo­gen, der Harald Z. viel­leicht nur ein Narr oder Pro­vo­ka­teur, ein Sei­ten­schei­tel und Ober­lip­pen­bart a la Hit­ler noch lan­ge kei­ne Wie­der­be­tä­ti­gung sei und — ja natür­lich! – die Flücht­lin­ge alle mög­li­chen Ver­bre­chen ver­üben dürf­ten ohne fest­ge­nom­men zu werden.

In zahlreichen Foren wird Unverständnis über die Festnahme geäußert und jenseitige Vergleiche angestellt.
In zahl­rei­chen Foren wird Unver­ständ­nis über die Fest­nah­me geäu­ßert und jen­sei­ti­ge Ver­glei­che angestellt.

Wäh­rend der Brau­nau­er Bür­ger­meis­ter Johan­nes Waid­ba­cher (ÖVP) offen sei­ne Rat­lo­sig­keit ein­ge­steht, ver­sucht es sein Vize von der FPÖ mit der übli­chen blau­en Tak­tik: „Er kön­ne sich auch vor­stel­len, dass es sich um einen Pro­vo­ka­teur „vom lin­ken Rand“ han­deln könn­te“ (kurier.at, 13.2.2017).

Das sehen nicht nur wir anders, son­dern auch die Staats­an­walt­schaft Ried und der Spre­cher der Poli­zei Ober­ös­ter­reichs: „Wir haben ihn ange­zeigt wegen Wie­der­be­tä­ti­gung. Nicht wegen des Barts, nicht wegen des Schei­tels, son­dern wegen des Gesamt­auf­tritts und der Ver­herr­li­chung des NS-Regimes“ (kurier.at)

Sicher ist, dass auch die Staats­an­walt­schaft Wien gegen Harald Z. wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ermit­telt (nachrichten.at 13.2.2017). Ob des­we­gen, weil er als Hit­ler-Poser am völ­lig abge­stürz­ten Wie­ner Pegi­da-Auf­marsch in Favo­ri­ten im April 2016 unter­wegs war, oder aus ande­ren Grün­den, ist unklar.

Pegida-Demo, Graz, 28. Mai 2016 - auch hier marschiert Harald Z. auf - Bildquelle: Peter Palme
Pegi­da-Demo, Graz, 28. Mai 2016 — auch hier mar­schiert Harald Z. auf — Bild­quel­le: Peter Palme

Sicher ist, dass Harald Z. bei der eben­falls abge­stürz­ten Pegi­da-Demo in Graz am 28. Mai 2016 in der Hit­ler-Pose auf­mar­schiert und dabei auch Poli­zis­ten auf­ge­fal­len ist. Die Fotos zei­gen einen von Poli­zis­ten eskor­tier­ten Harald Z., der sich anschei­nend auch aus­wei­sen muss­te. Wur­de er ange­zeigt? Gegen ihn ermit­telt? Anschei­nend nicht. Dem Online-Maga­zin Vice erklär­te die Poli­zei damals: „Einen Bart kann sich jeder rasie­ren. Es gab kei­nen Vorfall“.

Polizisten eskortierten Harald Z., am Rande der Demo in Graz... - Bildquelle: Peter Palme.
Poli­zis­ten eskor­tier­ten Harald Z., am Ran­de der Demo in Graz… — Bild­quel­le: Peter Palme.
...angezeigt wurde er damals offenbar nicht. - Bildquelle: Peter Palme.
…ange­zeigt wur­de er damals offen­bar nicht. — Bild­quel­le: Peter Palme.

Lädt zum „Öster­rei­chi­schen Arbeiter-Stammtisch”
Dabei hät­te die Poli­zei zu die­sem Zeit­punkt längst genug Mate­ri­al in den Hän­den haben müs­sen, um Harald Z. wegen Wie­der­be­tä­ti­gung anzu­zei­gen. Hat der stei­ri­sche Ver­fas­sungs­schutz geschla­fen? Ist ihm nicht auf­ge­fal­len, dass Harald Z. seit 2015 in sei­ner ost­stei­ri­schen Hei­mat Stamm­ti­sche zu orga­ni­sie­ren ver­such­te? Stamm­ti­sche, über die „heu­te“ Augen­zeu­gen berich­ten lässt, dass dort nur über „rech­tes Zeug“ gere­det wor­den sei.

„Hei­mat­lich gesinn­te Öster­rei­cher, Hand- und Kopf­ar­bei­ter, Fami­li­en-erscheint in Mas­sen!“, heißt es etwa in der Ein­la­dung zum „4. Öster­rei­chi­schen Arbei­ter-Stamm­tisch“ der in einer stei­ri­schen Gemein­de statt­fand. Als „Red­ner“ für den „frei­en öffent­li­chen Vor­trag“ wird Harald Z. ange­kün­digt Ver­spro­chen wird nichts Gerin­ge­res als „die Wahr­heit über die ‚Gewalt­ein­wir­kun­gen vom Isla­mi­schen Staat??’ und die soge­nann­ten Ein­wir­kun­gen der Abma­chung und Siche­rung von Lissabon.”

Kopf der Zeitung "Das Arbeitertum" von Harald Z., erschienen im Jahr 2015
Kopf der Zei­tung „Das Arbei­ter­tum” von Harald Z., erschie­nen im Jahr 2015

Zeit­schrift „Das Arbeitertum“
2015 ist auch die Geburts­stun­de einer von Harald F. her­aus­ge­ge­be­nen und redi­gier­ten Zeit­schrift. Ihr Titel: „Das Arbei­ter­tum“. Zwei­mo­nat­lich soll sie erschei­nen. Preis des Ein­zel­hef­tes soll eine „frei­wil­li­ge Spen­de“ sein. Schon das Mot­to der Zeit­schrift soll­te eigent­lich deut­lich machen, woher der Wind weht:

„Lernt das Volk ver­ste­hen, dann wird das Volk Euch verstehen“.

Es han­delt sich um einen gering­fü­gig gekürz­ten Spruch von Reichs­pro­pa­gan­da­mi­nis­ter Joseph Goeb­bels. Im Ori­gi­nal bei Goeb­bels folg­te noch ein „ler­nen“ am Satz­en­de. Gut — ein knap­pes Nazi-Sätz­chen macht noch kei­nen Nazi-Som­mer. Aber ein­mal auf den Geschmack gekom­men, lässt sich unschwer fest­stel­len, dass Harald Z. nicht nur über sei­nen Ober­lip­pen­bart und den Sei­ten­schei­tel ein Hit­ler-Ver­eh­rer ist, son­dern auch des­sen Schrif­ten und Reden kennt und sie flei­ßig in sei­ner Zeit­schrift zitiert bzw. auch mutiert.

Denn eines hat Harald Z. schon kapiert: es gibt ein Ver­bots­ge­setz. Des­halb ist es rat­sam, aus den Zita­ten von Hit­ler die all­zu deut­li­che Bezug­nah­me auf das Groß­deut­sche Reich her­aus­zu­strei­chen und „deutsch“ manch­mal durch „öster­rei­chisch“ zu erset­zen. Eine bewähr­te Metho­de – das fällt dann jeden­falls dem stei­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz nicht auf! Gut, dem fällt auch dann noch nichts auf, wenn der Ver­fas­ser sol­cher Zei­len im Hit­ler-Kos­tüm vor sei­ner Nase aufmarschiert!

Harald Z. schreibt im „Arbei­ter­tum“ (Nr. 2 / 2015) etwa zum Bundesheer:

„Unter schwers­ten Ver­hält­nis­sen ist die­ses klei­ne Instru­ment unse­rer natio­na­len Selbst­ver­tei­di­gung ent­stan­den. In sei­nem Geis­te ist es der Trä­ger unse­rer bes­ten sol­da­ti­schen Tra­di­tio­nen. In pein­li­cher Gewis­sen­haf­tig­keit hat das öster­rei­chi­sche Volk aber damit sei­ne ihm im Frie­dens­ver­trag auf­er­leg­te Pflich­ten erfüllt“.

Die Sät­ze sind Hit­lers Reichs­tags­re­de vom 23. März 1933 ent­nom­men. Ein­zi­ger Unter­schied: das „deut­sche“ Volk wur­de durch das öster­rei­chi­sche ersetzt und die anschlie­ßen­de (heuch­le­ri­sche) Pas­sa­ge Hit­lers, wonach der im Frie­dens­ver­trag geneh­mig­te „Ersatz der Schif­fe unse­rer Flot­te“ nur unge­nü­gend umge­setzt wor­den sei, wur­de man­gels Flot­te in Öster­reich kom­plett gestrichen.

Vergleich von Harald Z.s Arbeiterstammtisch und dem Original 1933.
Ver­gleich von Harald Z.s Arbei­ter­stamm­tisch und dem Ori­gi­nal 1933: Gleich ist etwa der Titel, das Lay­out und Schrift­bild (etwa „Orts­grup­pe” und „Red­ner”), die Ein­la­dung am Ende an „Hand- und Kopf­ar­bei­ter” usw.

In der Nr. 1/2015 von „Arbei­ter­tum“ zitiert sich Z. angeb­lich selbst („Sozia­lis­mus laut „Z.““). Das Zitat, das er sich da zuschreibt, stammt aber 1:1 von Hit­ler, der die­se Sprü­che in einer Rede zur „ger­ma­ni­schen Demo­kra­tie“ auf der NS-Ordens­burg Vogel­sang 1937 von sich gege­ben hat.

Wir fas­sen zusam­men: Harald Z. hält 2015 und 2016 „Arbeiter“-Stammtische nach Hit­ler­schem Vor­bild in ost­stei­ri­schen Wirts­häu­sern ab, gibt eine Zeit­schrift mit viel NS-Ideo­lo­gie und Hit­ler- bzw. Goeb­bels-Zita­ten her­aus, mar­schiert in Graz bei einer Pegi­da-Demo 2016 in Hit­ler-Kos­tü­mie­rung auf und dem stei­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz fällt dazu nichts ein und auf?

2016 fällt Harald Z. aber auch in Wien auf und dann 2017 in Brau­nau, wo er schließ­lich fest­ge­nom­men wird, bevor ihn die inter­na­tio­na­len TV-Sta­tio­nen auf sei­nen Spa­zier­gän­gen abfil­men kön­nen. Harald Z. – soviel steht fest – hät­te schon längst wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ange­zeigt gehört!

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