Lesezeit: 3 Minuten

Reiseportale mit brauner Vergangenheit?

Das ursprüng­lich als Start-Up gegrün­de­te Unter­neh­men Unis­ter betreibt u.a. belieb­te Online-Rei­­se­­por­­ta­­le wie ab-in-den-urlaub.de, fluege.de oder Travel24. Ges­tern wur­de außer­dem bekannt, dass zwei „Öster­rei­cher mit Neo­na­­zi-Bio­­­gra­­fi­en“ in dem Unter­neh­men mit­mi­schen. Die Web­fir­ma Unis­ter mit Sitz in Leip­zig betreibt an die 90 Inter­net­por­ta­le, beschäf­tigt rund 1100 Mitarbeiter_innen und ist wahr­lich nicht unbe­kannt. Für Skan­da­le und Auf­se­hen sorgte […]

19. Aug 2016

Die Web­fir­ma Unis­ter mit Sitz in Leip­zig betreibt an die 90 Inter­net­por­ta­le, beschäf­tigt rund 1100 Mitarbeiter_innen und ist wahr­lich nicht unbe­kannt. Für Skan­da­le und Auf­se­hen sorg­te Unis­ter bis­lang nicht nur weil 2012 Vor­wür­fe der Steu­er­hin­ter­zie­hung sowie des Ver­si­che­rungs- und Com­pu­ter­be­trugs im Raum stan­den. Vor kur­zem ver­un­glück­te auch Grün­der und Gesell­schaf­ter Tho­mas Wag­ner nach einer mys­te­riö­sen Vene­dig-Rei­se mit 1,5 Mil­lio­nen Euro Bar­geld im Gepäck bei einem bis­lang unge­klär­ten Flug­zeug­ab­sturz in Slo­we­ni­en. Seit rund einem Monat befin­det sich das Unter­neh­men auch noch in einem Insol­venz­ver­fah­ren. Die Fir­ma scheint jedoch nicht zur Ruhe zu kom­men da sich ges­tern auch noch her­aus­stell­te, dass zwei „Öster­rei­cher mit Neo­na­zi-Bio­gra­fien“ in der Fir­ma bedeu­ten­de Funk­ti­on haben.

In einer gemein­sa­men Recher­che von ZEIT und Säch­si­scher Zei­tung heißt es: „Jah­re­lang unbe­merkt von der Öffent­lich­keit und selbst von hoch­ran­gi­gen Mit­ar­bei­tern haben min­des­tens zwei Män­ner mit schil­lern­der Neo­na­zi-Bio­gra­fie an den Rei­se­kon­zern ange­dockt.“ Dort sol­len sie in ihren Funk­tio­nen als Bera­ter und Teil­ha­ber bzw. Besit­zer eines nicht unbe­deu­ten­den Aktio­nen­an­teils Ein­fluss auf das Unter­neh­men genom­men haben.

Die bei­den sind auch in Öster­reich kei­ne Unbe­kann­ten. Rein­hard Rade ist zwar in Ober­bay­ern auf­ge­wach­sen, aber in Inns­bruck gebo­ren. In den 1980ern war er u.a. bei den Repu­bli­ka­nern in Deutsch­land aktiv. Für Unis­ter fun­gier­te er laut eige­nen Anga­ben als „Bera­ter der Gesell­schaf­ter und Son­der­be­auf­trag­ter der Geschäfts­füh­rung“. Obgleich er selbst immer wie­der abstrei­tet, in den letz­ten Jah­ren poli­tisch aktiv gewe­sen zu sein, fiel er bei­spiels­wei­se im Zuge der Demons­tra­tio­nen des Leip­zi­ger Pegi­da Able­gers Legi­da auf. Auch der zwei­te gro­ße Aktio­när stammt ursprüng­lich aus Öster­reich und ist den Behör­den nicht unbe­kannt: Hans Jörg Schi­ma­nek („Schi­ma­nek Juni­or”) aus Nie­der­ös­ter­reich. Er stand in den 1990ern im Visier von Ermitt­lun­gen wegen neo­na­zis­ti­scher Akti­vi­tä­ten, Mit­te der 1990er wur­de er sogar wegen Wie­der­be­tä­ti­gung und sei­ner Tätig­kei­ten in einer öster­rei­chi­schen Wehr­sport­grup­pe in Lan­gen­lois (der Volks­treu­en Außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on – VAPO des Gott­fried Küs­sel) zu acht Jah­ren Haft ver­ur­teilt, jedoch früh­zei­tig ent­las­sen. Gemein­sam mit Küs­sel und ande­ren Kame­ra­den war Schi­ma­nek außer­dem auf­ge­fal­len, als er 2009 das SS-Vete­ra­nen­tref­fen am Kärnt­ner Ulrichs­berg besuchte.


Hans Jörg Schi­ma­nek jun. 2009 wäh­rend des SS-Vete­ra­nen­tref­fens am Kärnt­ner Ulrichs­berg (Bild­quel­le: u‑berg.at)

Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Rade und Schi­ma­nek ist jedoch nicht neu. Gemein­sam sol­len die bei­den, die bereits seit ihrer Jugend befreun­det sind, u.a. auch im Bür­ger­krieg im ehe­ma­li­gen Jugo­sla­wi­en im Ein­satz gewe­sen sein. Nach sei­ner Haft­ent­las­sung war Schi­ma­nek nach Leip­zig gegan­gen, wo er in der Fir­ma „Bau­be­treu­ung für Mit­tel­deutsch­land GmbH” (BBM) tätig wur­de, deren dama­li­ger Geschäfts­füh­rer nie­mand ande­rer als Rein­hard Rade war. Wie ein Han­dels­re­gis­ter­aus­zug aus dem Jahr 1994 zeigt, waren Schi­ma­nek und Rade auch Gesell­schaf­ter der Leip­zi­ger Fir­ma Con­dor Pro­jekt­ent­wick­lung GmbH. Die­se Zusam­men­ar­beit wur­de nun offen­sicht­lich bei Unis­ter fortgesetzt.

Das Unter­neh­men selbst distan­ziert sich zwar von rechts­extre­mem Gedan­ken­gut und bestrei­tet deren Ein­fluss, den­noch blei­ben neben den gan­zen Unge­reimt­hei­ten zum mys­te­riö­sen Todes­fall des Fir­men­grün­ders auch die Fra­gen, wie Rades Gesin­nung und Ver­gan­gen­heit so lan­ge unbe­merkt blei­ben konn­ten und wel­chen Ein­fluss die bei­den tat­säch­lich auf das Unter­neh­men aus­ge­übt haben.

Verwandte Beiträge