Wer klagt die „Aula“?

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Als „Land­pla­ge“, als „Kri­mi­nel­le“, die nach der Befrei­ung des KZ Maut­hau­sen rau­bend und plün­dernd durch das Land gezo­gen sei­en, wur­den des­sen Häft­lin­ge von der „Aula“ bzw. deren Autor Fred Dus­wald beschimpft. Für die Staats­an­walt­schaft war die­se Ver­höh­nung der Opfer kein Pro­blem, son­dern gerecht­fer­tigt. Jetzt kla­gen zehn KZ-Über­le­ben­de ihren Ruf ein. Aber wer sind die­se Klä­ge­rIn­nen? Eine Kurz­be­schrei­bung aus der Klagsschrift.

Allen Klä­ge­rIn­nen ist gemein­sam, dass sie bzw. ihre Ange­hö­ri­gen wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus in Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger depor­tiert und inter­niert und erst im Mai 1945 befreit wur­den. Wir zitie­ren im fol­gen­den aus der Klags­schrift und belas­sen auch deren Abkür­zun­gen (Kl für Klä­ger bzw. Klä­ge­rin). Die Beschrei­bun­gen sind sehr knapp, aber den­noch aufschlussreich.

3.1 Zum Erstkläger Dušan Stefančič

Der ErstKl wur­de im Janu­ar 1944 in Ljublja­na wegen poli­ti­scher Wider­stands­tä­tig­keit gegen die deut­sche Besat­zung ver­haf­tet und in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Dach­au gebracht, von wo er wei­ter in zwei Außen­la­ger des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Natz­wei­ler depor­tiert wur­de. Dort wur­de er u.a. in der unter­ir­di­schen Flug­zeug­pro­duk­ti­on in Stol­len – im sog. „Salz­bad“ — zur Zwangs­ar­beit eingesetzt.

Am 25.08.1944 wur­de der ErstKl in das KZ Maut­hau­sen und nach eini­gen Tagen in das 1940 erbau­te Neben­la­ger Gusen II depor­tiert, wo er bis zur Befrei­ung des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers durch die US-Armee am 07.05.1945 als Zwangs­ar­bei­ter in der unter­ir­di­schen Flug­zeug­pro­duk­ti­on ein­ge­setzt war.

3.2 Zum Zweitkläger Dušan Stojiljković (idF kurz: ZweitKl)

Der ZweitKl, Mit­glied der Volks­be­frei­ungs­ar­mee im dama­li­gen Jugo­sla­wi­en und einer Wider­stands­grup­pe gegen das NS-Regime, wur­de 1943 in das KZ Ban­ji­ca depor­tiert und im Sep­tem­ber 1944 in das KZ Maut­hau­sen überstellt.

Dort wur­de er im Stein­bruch zur Zwangs­ar­beit gezwun­gen. Auf­grund schwers­ter phy­si­scher Arbeit im Stein­bruch erkrank­te der ZweitKl und wur­de des­halb in der Krank­heits­sta­ti­on im KZ Maut­hau­sen auf­ge­nom­men, wo er medi­zi­ni­schen Ver­su­chen aus­ge­setzt war. Nach die­sen medi­zi­ni­schen Expe­ri­men­ten ver­schlech­ter­te sich sein Gesund­heits­zu­stand zuneh­mend, sodass er nach der Befrei­ung des KZ Maut­hau­sen 1945 drei Mona­te im Kran­ken­haus Linz behan­delt wer­den musste.

3.3 Zum Drittkläger Vladimir Jovanović (idF kurz: DrittKl)

Der DrittKl wur­de als poli­ti­scher Häft­ling zunächst in die KZ Nis und Ban­ji­ca und schließ­lich im Sep­tem­ber 1944, in das KZ Maut­hau­sen depor­tiert. Von hier kam er in das Neben­la­ger Gusen, wo er durch die US-Armee im Mai 1945 befreit wurde.

3.4 Zum Viertkläger Ljubomir Zečević (idF kurz: ViertKl)

Der ViertKl wur­de im Novem­ber 1943 in das KZ Maut­hau­sen als poli­ti­scher Häft­ling depor­tiert. Spä­ter wur­de der ViertKl in die Neben­la­ger Redl-Zipf und Eben­see über­stellt, wo er zur Zwangs­ar­beit in einer unter­ir­di­schen Fabrik ein­ge­teilt wur­de. Im Mai 1945 wur­de der ViertKl von der US-Armee befreit.

3.5 Zum Fünftkläger Leszek Polkowski (idF kurz: FünftKl)

Der FünftKl wur­de am 02.08.1944 in der Nähe von War­schau ver­haf­tet. Zunächst wur­de er nach Prusz­kow und dann in das KZ Maut­hau­sen und schließ­lich in das Außen­la­ger Eben­see deportiert.

Nach der Befrei­ung des KZ konn­te er nicht sofort die Heim­rei­se antre­ten, da er zu schwach war. Er befand sich daher bis zum Juli 1945 in Ebensee.

3.6 Zum Sechstkläger Stanislaw Zalewski (idF kurz: SechstKl)

Der SechstKl wur­de am 13.09.1943 in War­schau wegen sei­ner Tätig­keit im Wider­stand gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­haf­tet und zunächst in ver­schie­de­nen Gefäng­nis­sen fest­ge­hal­ten und anschlie­ßend in das KZ Aus­schwitz-Bir­ken­au, das KZ Maut­hau­sen und das Neben­la­ger Gusen I und Gusen II depor­tiert, wo er im Mai 1945 befreit wurde.

3.7 Zum Siebtkläger Jan Wojciech Topolewski (idF kurz: SiebtKl)

Der SiebtKl wur­de am 05.08.1944 wäh­rend des War­schau­er Auf­stan­des gegen das NS-Ter­ror­re­gime ver­haf­tet und mit der gesam­ten Fami­lie in das Ver­nich­tungs­la­ger KZ Aus­schwitz depor­tiert. Im Sep­tem­ber 1944 wur­de er in das KZ Maut­hau­sen und anschlie­ßend in das Neben­la­ger Gusen überstellt.

Nach der Befrei­ung im Mai 1945 muss­te er auf­grund sei­nes durch die Inter­nie­rungs­be­din­gun­gen mas­siv ange­schla­ge­nen kör­per­li­chen Zustands einen län­ge­ren Zeit­raum im Kran­ken­haus in Mün­chen verbringen.

3.8 Zum Achtkläger Pavel Branko (idF kurz: AchtKl)

Der AchtKl wur­de am 26.06.1942 von der slo­wa­ki­schen Poli­zei ver­haf­tet und im Novem­ber wegen staats­feind­li­cher Betä­ti­gung, d.h. wegen poli­ti­schen Wider­stands gegen das NS-Regime, zur lebens­lan­gen Frei­heits­stra­fe ver­ur­teilt. Im Febru­ar 1945 wur­de er der Gehei­men Staats­po­li­zei (Gesta­po) über­ge­ben und am 20.02.1945 in das KZ Maut­hau­sen depor­tiert. Hier wur­de der AchtKl bis zur Befrei­ung durch die US-Armee im Mai 1945 interniert.

3.9 Zum Neuntkläger Prof. Rudolf Gelbard (idF kurz: NeuntKl)

Der NeuntKl ist Jude und wur­de am 02.10.1942 als Kind mit sei­nen Eltern in das KZ The­re­si­en­stadt depor­tiert, wo er erst im Mai 1945 durch die Rote Armee befreit wur­de. Die Gemein­de Wien hat den NeuntKl mit sei­nen Eltern Ende Mai mit einem PKW abge­holt und nach Wien zurückgebracht.

Wäh­rend sei­ner Inhaf­tie­rung im KZ wur­de er ab Novem­ber 1944 zur täg­li­chen Arbeit gezwun­gen. Der NeuntKl wur­de zunächst dem Bahn­hofs­kom­man­do zuge­wie­sen, wo er Kof­fer von Leu­ten, die zur Depor­ta­ti­on bestimmt wur­den, zu den Wag­gons brin­gen muss­te. Anschlie­ßend wur­de der NeuntKl zur Besei­ti­gung der Asche­beu­tel von ermor­de­ten Lager­in­sas­sen ein­ge­setzt. Der NeuntKl war in die­ser Zeit – wie alle KZ-Häft­lin­ge – enor­men kör­per­li­chen Ent­beh­run­gen aus­ge­setzt. So erkrank­te er auch an einer dop­pel­sei­ti­gen Lungenentzündung.

3.10 Zur Zehntklägerin Caroline Shklarek-Zelman (idF kurz: ZehntKl)

Die Zehnt­klä­ge­rin (idF kurz: ZehntKl) ist die Toch­ter von Leon Zel­man, eines Juden, der als Zwölf­jäh­ri­ger in das Ghet­to in Litz­mann­stadt und von dort in das KZ Aus­schwitz und in der Fol­ge in das KZ Maut­hau­sen, das Neben­la­ger Eben­see, depor­tiert wurde.

Hier wur­de er zur Zwangs­ar­beit in den Stol­len gezwun­gen und ist auf Grund der Schwerst­ar­beit und der uner­träg­li­chen Lebens­be­din­gun­gen schwer krank gewor­den. Am Ende der Haft konn­te er kei­ne Nah­rung mehr zu sich nehmen.

Der Vater der ZehntKl wur­de Anfang Mai von den US-Trup­pen befreit und anschlie­ßend vom Roten Kreuz betreut.