Abschied von einem Nazi per Inserat

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Das Inse­rat, das die „Klei­ne Zei­tung“ am 30.5. 2015 abdruck­te, ist so ein­deu­tig ein­schlä­gig, dass einem ganz anders wird. Immer­hin schrei­ben wir das Jahr 2015, aber in einer öster­rei­chi­schen Tages­zei­tung kann den­noch in der Rubrik Todes­an­zei­gen ein SS-Mann wür­di­gend ver­ab­schie­det wer­den. Das schwüls­tig reak­tio­nä­re und daher bei Nazis und Neo­na­zis sehr belieb­te Stif­ter-Zitat, das die Todes­an­zei­ge ein­lei­tet, ist ver­gleichs­wei­se noch harmlos.

„Lois Pock“ ist gestor­ben, der „Unter­sturm­füh­rer“, der auch „Trä­ger des Gol­de­nen Jugend-Ehren­ab­zei­chens“ und des „EK II“ war, so beginnt die Todes­an­zei­ge. Mit Lebens- und Todes­ru­ne wird dann Geburts- und Todes­tag bezeich­net. Die Rang­be­zeich­nung „Unter­sturm­füh­rer“ gab’s nur bei der SS, das „EK II“, also das Eiser­ne Kreuz Zwei­ter Klas­se war eine eher nie­der­ran­gi­ge Kriegs­aus­zeich­nung. Anders ver­hält es sich mit dem Gol­de­nen Jugend-Ehren­ab­zei­chen. Gemeint ist das Gol­de­ne HJ-Ehren­zei­chen. Der Hin­weis auf die HJ wur­de eben­so weg­ge­las­sen wie der auf die SS – der Kon­text macht ohne­hin alles klar! Das Gol­de­ne HJ-Ehren­zei­chen wur­de nur an Jugend­li­che ver­lie­hen, die vor dem 2. Okto­ber 1932 in einer Nazi-Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on aktiv tätig waren: Der Ver­stor­be­ne war also nicht nur SS-Offi­zier, son­dern schon lan­ge vor der Okku­pa­ti­on Öster­reichs ein Jung-Nazi.

Es folgt ein Satz, der unfass­bar zynisch ist: „Einer der letz­ten der Erleb­nis­ge­ne­ra­ti­on hat die gro­ße Über­fahrt ange­tre­ten.“ Dann der abge­wan­del­te Wahl­spruch der SS fett­ge­druckt: Sei­ne Ehre hieß Treue!“ Spä­tes­tens hier ist eigent­lich die Gren­ze zum NS-Ver­bots­ge­setz über­schrit­ten. Aber damit noch nicht genug: Der Ver­fas­ser der Todes­an­zei­ge, Her­mann Woger, ver­ab­schie­det sich „für die Kame­ra­den aus den Sieb­zi­ger­jah­ren“.

Die Sieb­zi­ger­jah­re? Was haben die Sieb­zi­ger­jah­re mit dem ver­stor­be­nen Alt­na­zi zutun? Sie haben jeden­falls mit dem Ver­fas­ser der Anzei­ge zu tun. Her­mann Woger, Mit­glied der schla­gen­den (und deut­schen) Bur­schen­schaft Stiria, war damals – so wie etli­che ande­re Bur­schen­schaf­ter – im Umfeld der neo­na­zis­ti­schen Akti­on Neue Rech­te (ANR), die 1977 für die Hoch­schü­ler­schafts­wah­len kan­di­dier­te, tätig. Woger war auch, so Andre­as Peham vom DÖW in sei­nem Bei­trag „Durch Rein­heit zur Ein­heit“, ein NDP-Kader. 1980 orga­ni­sier­te er das Komi­tee „Waf­fen­stu­den­ten für Dr. Bur­ger“ anläss­lich der Kan­di­da­tur des Neo­na­zi Nor­bert Bur­ger für die Prä­si­dent­schafts­wah­len. Das waren anschei­nend die „Kame­ra­den aus den Sieb­zi­ger­jah­ren“ – rechts­extre­me Bur­schen­schaf­ter, die in diver­sen Nazi-Zir­keln unter­wegs waren und dabei offen­sicht­lich auch mit dem Ver­stor­be­nen zusam­men­ge­trof­fen sind.