Blauer Kulturkampf in Groß Enzersdorf

Lesezeit: 3 Minuten

Was wäre das für eine Kul­tur, die aus­ge­rech­net die FPÖ zu ihrer Ver­tei­di­gung benö­ti­gen wür­de? Die FPÖ Groß Enzers­dorf mobi­li­sier­te jeden­falls für den Erhalt „unse­rer“ Kul­tur, weil ein Bewoh­ner ein Kreuz vor sei­nem Haus umge­schnit­ten hat­te. Die Ingre­di­en­zi­en für den blau­en Kul­tur­kampf, der in einer Kund­ge­bung am 10. Jän­ner mün­de­te, waren schnell zusammengerührt.

Ein Ägyp­ter, der in Groß-Enzers­dorf ein Haus erwor­ben hat, lässt im Dezem­ber 2014 ein Wege­kreuz, das unmit­tel­bar vor sei­nem Haus auf einem Grün­strei­fen steht, durch Bau­ar­bei­ter umsä­gen. Der zwei­fel­los ille­ga­le Vor­gang fin­det rasch sei­nen Weg in die Öffent­lich­keit und zur FPÖ. Aus dem Ägyp­ter wird rasch ein „gläu­bi­ger Mos­lem“, aus dem umge­säg­ten (60 Jah­re alten) Jesus­kreuz ein „his­to­ri­sches Kru­zi­fix“.

Die Gemein­de reagiert eigent­lich vor­bild­lich: Sie sucht sofort das Gespräch mit dem Pfar­rer als Eigen­tü­mer­ver­tre­ter und dem Haus­be­sit­zer, der dazu ver­pflich­tet wird, auf sei­ne Kos­ten Repa­ra­tur und Wie­der­errich­tung des Kreu­zes zu finan­zie­ren. Ein geeig­ne­ter Ort für die Neu­auf­stel­lung wird noch gesucht, denn der Pfar­rer ist der Mei­nung, dass das Kreuz, ein Wege­kreuz, eigent­lich nicht mit­ten in eine Sied­lung gehöre.

Die FPÖ ist mit die­ser Lösung nicht zufrie­den, son­dern wit­tert Ver­rat an der christ­li­chen Kul­tur. Das Kru­zi­fix müs­se genau dort wie­der auf­ge­stellt wor­den, wo es vor­her gestan­den habe. Dem Ägyp­ter ste­he es ja frei, das Land zu ver­las­sen, wenn er sich von unse­rer Kul­tur pro­vo­ziert füh­le, so der FPÖ-Obmann Rene Azinger.

Ende Jän­ner 2015 sind in Nie­der­ös­ter­reich Gemein­de­rats­wah­len – da geht sich noch ein klei­ner Kul­tur­kampf aus. Eine Peti­ti­on wird gestar­tet: „Das Kreuz in Groß-Enzers­dorf muss wie­der an sei­ne ursprüng­li­che Stel­le.“ 776 Per­so­nen haben bis­her die Peti­ti­on unter­schrie­ben, aus Groß-Enzers­dorf aller­dings nicht mehr als 30. Deut­sche, slo­wa­ki­sche, spa­ni­sche, ja sogar thai­län­di­sche Unter­stüt­ze­rIn­nen behar­ren dar­auf, dass in Groß-Enzers­dorf das Kreuz wie­der an der alten Stel­le errich­tet wer­den müs­se. Und natür­lich vie­le Wie­ner! Blaue Wie­ner in ers­ter Linie. Ver­mut­lich sind sie von „unzen­su­riert“ über den „Kul­tur­ver­lust“ alar­miert wor­den. Dort weiß ein Ver­tei­di­ger der abend­län­di­schen und blau­en Kul­tur, was zu tun wäre: „Viel­leicht wür­de dem Tschuschenschwein…ein bren­nen­des Kreuz in sei­nem Gar­ten bes­ser gefallen ?!“

In vol­ler Pracht zeigt sie sich da die blaue Kul­tur. Ein bren­nen­des Kreuz ist es zwar nicht gewor­den, aber ein pro­vi­so­ri­sches Kreuz wur­de von den „Iden­ti­tä­ren” tat­säch­lich vor dem Haus des Ägyp­ters neu auf­ge­stellt. Der Kul­tur­kampf muss­te jeden­falls wei­ter­ge­hen, schließ­lich sind es noch eini­ge Wochen bis zu den Gemeinderatswahlen.

Also rief die FPÖ zu einer „Kund­ge­bung für den Erhalt der öster­rei­chi­schen Kul­tur“ auf. Ob es his­to­risch- „kul­tu­rel­le“ Grün­de hat­te, dass nicht die nie­der­ös­ter­rei­chi­sche FPÖ, son­dern die Wie­ner FPÖ die Pres­se­aus­sendung dafür ins Netz stell­te? Schließ­lich war Groß-Enzers­dorf in einer Zeit, da Wien „Groß-Wien“ und Deutsch­land „Groß-Deutsch­land“ war, Teil von Wien.

Bei der Kund­ge­bung am 12.1. waren die Wie­ner Blau­en mäch­tig ver­tre­ten: durch die Abge­ord­ne­ten Gude­nus, Irschik, Baron, Hof­bau­er und Mah­da­lik. Sogar der abge­säg­te Mar­tin Graf war prä­sent, wie die NÖN berich­ten. Von der nie­der­ös­ter­rei­chi­schen FPÖ fehl­ten alle Gran­den. Trotz Groß­auf­ge­bot der Wie­ner – sogar der Pegi­da-Mann „Donar Wien” soll das Kund­ge­ben geübt haben – kamen nicht mehr als rund 80 Per­so­nen zusam­men, um sich gemein­sam zu fürchten.

Ein „unzensuriert“-Poster hat­te vor der Kund­ge­bung noch kräf­tig vor der jiha­dis­ti­schen Gefahr, die von Groß Enzers­dorf aus­geht, gewarnt: „Heu­te schnei­den sie unse­re Kreu­ze um, mor­gen schnei­den sie unse­re Köp­fe ab …”

Im Stadt­park von Groß Enzers­dorf hat­te sich im Kon­trast und als Alter­na­ti­ve zum blau­en Kul­tur­mief eben­falls am Sams­tag „eine bunt zusam­men­ge­wür­fel­te Grup­pe“ unter dem Mot­to „Unse­re Kul­tur ist welt­of­fen“ zusam­men­ge­fun­den: Rote, Grü­ne, Schwar­ze , Neos, Jugend­li­che und Leu­te aus der Pfar­re, wie die „NÖN“ (13.1.2015) berichteten.