Gänserndorf (NÖ): Die blauen Intriganten

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Eine Frau, die schwer betrun­ken auf einer Stra­ße tor­kelt, wird dabei gefilmt. Das Video wird auf You­Tube gestellt. Die Frau ist FPÖ-Vor­sit­zen­de von Gän­sern­dorf. Das Video ver­brei­tet sich rasch. Bei die­sem schein­bar simp­len Vor­gang kön­nen ver­schie­de­ne Aspek­te beleuch­tet wer­den. Einer davon ist der von Albert Stein­hau­ser, Jus­tiz­spre­cher der Grü­nen: Er for­dert das Recht auf Pri­vat­sphä­re ein, doch da gibt es noch mehr zu erzählen.

Aus­ge­rech­net ein Grü­ner ver­tei­digt das Recht auf Pri­vat­sphä­re, das auch für eine blaue Poli­ti­ke­rin gel­ten muss? Die blau­en Pos­ter in den diver­sen Foren von Face­book sind kurz­fris­tig etwas irri­tiert, dann besin­nen sie sich auf ihre ange­stamm­te Rol­le und bekla­gen die Frau als Opfer der poli­ti­schen Geg­ner. Dass kein Tag ver­geht, an dem nicht irgend­wo auf Face­book von einem Blau­en der Wie­ner Bür­ger­meis­ter als ewi­ger Trun­ken­bold ver­höhnt wird, kommt ihnen dabei nicht in den Sinn. Dabei soll­te für alle gel­ten, was Stein­hau­ser ein­for­dert: „Über den Durst trin­ken ist nicht gesund und klug – das wis­sen wir alle – aber jeden­falls auch nicht gesetz­wid­rig. Das soll und muss jeder/jede mit sich aus­ma­chen.“ Es gilt aber auch die­ser Satz von Stein­hau­ser: „Es wäre jeden­falls ein Witz, wenn die Che­fin der FPÖ-Gän­sern­dorf zurück­tre­ten müss­te bzw. wür­de, aber ihr ras­sis­ti­scher Par­tei­kol­le­ge Höbart („Asyl­wer­ber sind Erd- und Höh­len­men­schen“) wei­ter blei­ben darf.“

Zurück zum Video: Es zeigt, wie eine Per­son aus einem ruhen­den PKW her­aus die alko­ho­li­sier­te Frau filmt. Dann bewegt sich der PKW lang­sam vor­wärts (dabei wird wei­ter gefilmt), der PKW über­holt die Frau, wird geparkt, und in der Fol­ge bewegt sich der Fah­rer zu Fuß und fil­mend auf die betrun­ke­ne Frau und ihren Beglei­ter zu und bie­tet „Hil­fe“ an (sei­ne Stim­me wird dabei aus­ge­blen­det). Klar ist aus dem Ablauf: Dem Fil­mer, der anonym blei­ben will, geht es nicht um Hil­fe, son­dern um Bloß­stel­lung der Frau. In einer kur­zen Sequenz schwenkt die Kame­ra über die Arma­tur des PKW. Dabei sind auch zwei Stoff­tie­re erkenn­bar: Es sind anschei­nend die bei blau­en Fans sehr belieb­ten HC-Bären.

Der Fah­rer ein Fan von HC Stra­che, der die Stadt­par­tei­vor­sit­zen­de durch ein Video bloß­stellt? Ist sogar sehr gut denk­bar, denn die FPÖ Stadt­par­tei von Gän­sern­dorf hat gera­de eini­ge auf­re­gen­de Wochen mit Spal­tung und Par­tei­aus­trit­ten hin­ter sich. Im Okto­ber trat die gesam­te FPÖ-Frak­ti­on im Gän­sern­dor­fer Gemein­de­rat aus der Par­tei aus, weni­ge Tage spä­ter wur­de Sabi­ne S. zur Stadt­par­tei­vor­sit­zen­den gewählt. Die Aus­ge­tre­te­nen, die ihre Man­da­te behal­ten, wol­len bei den Gemein­de­rats­wah­len am 25. Jän­ner als Bür­ger­lis­te antre­ten. Die FPÖ, die bis­her mit fünf Man­da­ten im Gemein­de­rat ver­tre­ten war, muss zur Wahl ohne ein ein­zi­ges Man­dat im Gemein­de­rat antreten.


Häss­lich und hell­braun, aber beliebt bei Blau­en: der HC-Bär

Dem­entspre­chend schlecht ist die Stim­mung zwi­schen den blau­en Kon­tra­hen­ten, die sich gegen­sei­tig vor­wer­fen, aus der Stadt­par­tei einen Fami­li­en­be­trieb gemacht zu haben. Wie so oft bei den Blau­en sind kei­ne poli­ti­schen Bruch­li­ni­en erkenn­bar. Der Streit dürf­te tat­säch­lich in ers­ter Linie um Pfrün­de und Pos­ten getobt haben. Inner­par­tei­lich ist der Streit ent­schie­den, aber die nächs­ten Wochen geben den Aus­schlag, wer bei den Wah­len die Nase vorn haben wird. Da kann so ein Video wich­ti­ge Punk­te brin­gen. Das ist jeden­falls auch ein Aspekt.