Offenhausen (OÖ): Nazitreff mit Beiwohnung

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Mitt­ler­wei­le ist es klar: Die Ein­la­dun­gen der neo­na­zis­ti­schen Akti­ons­ge­mein­schaft für Poli­tik (AfP) wei­sen den Gast­hof Lau­ber in Offen­hau­sen (OÖ) als Ver­an­stal­tungs­ort für die 49. Poli­ti­sche Aka­de­mie aus. Wobei der Titel „Poli­ti­sche Aka­de­mie” für ein Neo­na­zi-Tref­fen um eini­ge Eta­gen zu hoch gegrif­fen ist. Neo­na­zis aus halb Euro­pa mar­schie­ren auf, und der Ver­fas­sungs­schutz schaut zu?

In den ver­gan­ge­nen Tagen bzw. Wochen wucher­ten die Spe­ku­la­tio­nen. Zum einen, weil zunächst Salz­burg für das Neo­na­zi-Tref­fen ange­kün­digt war, zum ande­ren, weil die für NS-Wie­der­be­tä­ti­gung zustän­di­ge Behör­de, der Ver­fas­sungs­schutz, ein­mal mehr kei­ne Klar­heit über die poli­zei­li­che Stra­te­gie schaf­fen wollte.

Mitt­ler­wei­le ist klar: Die AfP kann die­ses Jahr nicht mehr auf Her­mann Görings Burg nach Mau­tern­dorf ein­la­den. In der Burg­schen­ke Mau­tern­dorf im Lung­au ist eine Neo­na­zi-Trup­pe nicht mehr will­kom­men – in Offen­hau­sen schon. Im Gast­hof Lau­ber hat die AfP schon etli­che Male getagt. Erich Lau­ber, der Wirt, hat dafür auch schon das Ver­dienst­ab­zei­chen der AfP „für Volk und Hei­mat“ ver­lie­hen bekom­men. Gesin­nungs­mä­ßig dürf­te es auch kein grö­be­ren Pro­ble­me geben: Erich Lau­ber war frü­her Gemein­de­rat der FPÖ in Offenhausen!


Rechts­extre­me sam­meln sich zur AFP-Aka­de­mie im Gast­haus Lau­ber in Offenhausen

Sei­ne Frau, Bri­git­te Lau­ber, wuss­te schon 2002, woher angeb­lich die Pro­ble­me kom­men: „Wenn es Pro­ble­me gibt, dann wegen irgend­wel­chen Demons­tran­ten”, erklär­te sie damals der Ober­ös­ter­rei­chi­schen Rund­schau (17.10.2002), um dann noch klar­zu­stel­len, was sie von der AfP-Trup­pe hält: „Das sind alles hoch­ge­bil­de­te anstän­di­ge Leu­te, die per­sön­li­che Ein­stel­lung unse­rer Gäs­te geht uns außer­dem nichts an.” Ihr nächs­ter Satz beschreibt aller­dings ein rea­les Pro­blem: „Noch dazu“, so Frau Lau­ber, „wo doch die Staats­po­li­zei der Ver­an­stal­tung prak­tisch rund um die Uhr beiwohnt.“

Die „Bei­woh­nung“ durch den Ver­fas­sungs­schutz als Güte­sie­gel für den Neo­na­zi-Ver­ein? Seit Jahr­zehn­ten wohnt der Ver­fas­sungs­schutz den AfP-Aka­de­mien bei und auch die wil­des­ten The­men und Typen haben nichts an der fak­ti­schen Unbe­denk­lich­keits­er­klä­rung für die AfP ändern kön­nen. Da wur­de von Neo­na­zis über den natio­na­len Wider­stand (sprich: den Auf­bau von Neo­na­zi­grup­pen) dis­ku­tiert – der Ver­fas­sungs­schutz wohn­te bei und erklär­te dann vor der nächs­ten Ver­an­stal­tung, dass man lei­der nichts ande­res machen kön­ne als bei­zu­woh­nen. „Beob­ach­ten“ sagt der Ver­fas­sungs­schutz dazu, aber wenn es um Kon­se­quen­zen aus den „Beob­ach­tun­gen“ geht, dann sucht man die Aus­re­de bei der poli­ti­schen Par­tei AfP, gegen die man nicht vor­ge­hen kön­ne. Natür­lich kann man, das haben wir schon im letz­ten Bei­trag über die AfP klargemacht.

Auf­schluss­reich ist eine Bemer­kung des Bezirks­haupt­manns Gru­ber im Jahr 2002 gegen­über der OÖ Rund­schau: „Die AFP ist als poli­ti­sche Par­tei ein­ge­tra­gen. Eine recht­li­che Hand­ha­be hät­ten wir nur dann, wenn die Par­tei­be­hör­de, also das Innen­mi­nis­te­ri­um, Mate­ri­al gegen die AFP gesam­melt hät­te.” Wie ist die­se Bemer­kung zu ver­ste­hen? Dass es kein auf­schluss­rei­ches Mate­ri­al zur AfP gibt? Dass die Beob­ach­tun­gen des Ver­fas­sungs­schut­zes etwa den Ein­drü­cken der Frau Lau­ber ent­spre­chen? Weil die Neo­na­zis mit Mes­ser und Gabel essen kön­nen und die Ver­fas­sungs­schüt­zer – sofer­ne bei­woh­nend – freund­lich begrüßen?

Die Refe­ren­tIn­nen

Mit der Ein­la­dung von Refe­ren­tIn­nen der faschis­ti­schen Par­tei Job­bik aus Ungarn, aber vor allem der Neo­na­zi-Trup­pe „Gol­de­ne Mor­gen­rö­te“ aus Grie­chen­land hat die AfP viel­leicht eine Spur zu deut­lich gemacht, wo sie sich poli­tisch ver­or­tet. Die brau­nen Mord- und Radau­brü­der von der „Gol­de­nen Mor­gen­rö­te“ als „hoch­ge­bil­de­te, anstän­di­ge Leu­te“ ver­kau­fen, das ist auch dann unmög­lich, wenn sie im Anzug daher­kom­men wür­den. Waren es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zumeist die Kon­tak­te zu den deut­schen Neo­na­zis, die durch (eher öffent­lich unbe­kann­te) Refe­ren­ten und Teil­neh­mer betont wur­den, so ist es dies­mal der inter­na­tio­na­le Anspruch und auch die kla­re pro­rus­si­sche Ach­se, die durch den Auf­tritt der natio­nal-patrio­ti­schen Kom­mu­nis­tin (was durch­aus mit Natio­nal­so­zia­lis­tin über­setzt wer­den kann) Jaros­la­wa Puschyk aus Donezk unter­stri­chen wird. Puschyk, die zuletzt auch in Deutsch­land unter­wegs war und beim Neo­na­zi-Auf­marsch in Bad Nenn­dorf einen Rede­bei­trag hielt, wird in der Ein­la­dung der AfP damit zitiert, dass sie mit der von Mos­kau aner­kann­ten Bewe­gung „Rus­si­scher Natio­na­ler Befrei­ungs­kampf“ gegen die „trans­at­lan­ti­sche feind­li­che Über­nah­me in der Ukrai­ne“ auftrete.

Aus Grie­chen­land kommt ein Pana­jo­tis Kla­dis aus Athen von der Neo­na­zi-Par­tei „Gol­de­ne Mor­gen­rö­te“, die in der Ein­la­dung so beschrie­ben wird: „In die­sem Cha­os ent­wi­ckel­te die natio­na­lis­ti­sche Par­tei der ‚Gol­de­nen Mor­gen­rö­te’ eine unglaub­li­che Dyna­mik.” Kla­dis wird als Abge­ord­ne­ter vor­ge­stellt, der über die „natio­na­le Bewe­gung in Grie­chen­land“ refe­rie­ren soll. Es gibt aber kei­nen Abge­ord­ne­ten zum grie­chi­schen Par­la­ment mit die­sem Namen, wohl aber einen „Panagio­tis Kla­dis“, der 2006 wegen eines ras­sis­ti­schen Mor­des zu einer lang­jäh­ri­gen Haft­stra­fe ver­ur­teilt wor­den ist.

Janos Bencsik und David Atti­la Kovacs sind die Abge­sand­ten von Job­bik. Auch nicht ers­te Gar­ni­tur – bei dem Treff 2010 war noch ein rich­ti­ger Job­bik-Par­la­men­ta­ri­er und glü­hen­der Anti­se­mit, Mar­ton Gyön­gyö­si dabei. Die bei­den Nach­wuchs­kräf­te dür­fen über die „Über­win­dung der libe­ra­len Demo­kra­tie mit ihren deka­den­ten Ver­falls­er­schei­nun­gen“ schwa­feln – ein schö­nes Auf­bau­re­fe­rat für Jungna­zis, der Ver­fas­sungs­schutz wird sicher flei­ßig mitschreiben.

Ein zumin­dest vor­läu­fig noch unbe­schrie­be­nes Blatt ist Euge­ne Demp­sey, ein in Deutsch­land leben­der Ire, der den „alt her­ge­brach­ten Kon­flikt in sei­ner Hei­mat“ aus inter­na­tio­na­lis­ti­scher und natio­na­lis­ti­scher Per­spek­ti­ve beleuch­ten will und dabei zu dem für Neo­na­zis wenig über­ra­schen­den Ergeb­nis kom­men wird, dass der tum­be Natio­na­lis­mus „die nöti­gen Ant­wor­ten auf die offe­nen Fra­gen“ liefert.

Die rest­li­chen Refe­ren­ten sind schon ziem­lich abge­stan­den, haben sie doch schon etli­che Male ‚more of the same‘ refe­riert. Pierre Krebs wird als Vor­den­ker der „Iden­ti­tä­ren Bewe­gung“ her­aus­ge­putzt und soll wohl den einen oder ande­ren Bur­schen­schaf­ter anlo­cken, wäh­rend Richard Melisch sei­nen Käse dies­mal durch die Ankün­di­gung, „auf bis­her unter Ver­schluss gehal­te­ne Archi­ve“ zurück­zu­grei­fen, geschmack­lich auf­pep­pen will. Ihren Absturz in die Drit­te Welt wol­len die USA laut Melisch „drin­gend“ durch einen gro­ßen Krieg ver­hin­dern, weil es im Inne­ren „bro­delt“: Schon 14 Bun­des­staa­ten sind laut Melisch „eth­nisch gekippt“ und die „Euro­p­i­den nur mehr eine von drei Min­der­hei­ten“.

Wer nach die­sem Refe­rat noch nicht geis­tig völ­lig gekippt ist, hat ver­mut­lich auch schon den Vor­trag von Hans Janic­zek über­stan­den, der die Tagung mit einem Refe­rat über die „Ursa­chen zum Aus­bruch des 1. Welt­krie­ges“ ein­lei­ten will. Damit sind wir auch schon beim sprach­li­chen Höhe­punkt der Ein­la­dung: „Er (…) lei­tet damit die Tagung ein, wel­che sich schwer­punkt­mä­ßig mit den heu­ti­gen Kon­stel­la­tio­nen am Vor­abend eines Krie­ges beschäf­tigt, in wel­chen uns erneut skru­pel­lo­se Dun­kel­män­nern [sic!] stür­zen wollen.”

Auch eine Film­vor­füh­rung „Wie west­li­che Medi­en lügen“ (stammt der Film­tipp von HC Stra­che? Udo Ulfkot­te?) sowie „Volks- und Frei­heits­lie­der“ zur Ent­span­nung für die intel­lek­tu­ell gefol­ter­ten Besu­che­rIn­nen sind vorgesehen.

➡️ Kurier: Rechts­extre­mes Tref­fen fin­det statt
➡️ Stan­dard: For­de­rung nach Ver­bot der rechts­extre­men AFP