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Die Alpen-Donau-Neonazis (Teil 1): Die Schneckenpost vom Verfassungsschutz

Am Umgang mit den Mel­dun­gen bei der Mel­de­stel­le NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung lässt sich gut erken­nen, wie die zustän­di­gen Behör­den mit Wie­der­be­tä­ti­gung, aber auch mit den Mel­den­den umge­hen, Dar­an ändert sich auch dadurch nichts, dass das Innen­mi­nis­te­ri­um in Zukunft Namen von Mel­den­den nur mehr auf aus­drück­li­chen Wunsch an die Staats­an­walt­schaft wei­ter­ge­ben will. Mit­te Jän­ner 2014 geht auf Facebook […]

6. Aug 2014

Mit­te Jän­ner 2014 geht auf Face­book die Fan-Sei­te „alpen-donau.info“ online. Ihr erklär­tes Ziel: „Infor­ma­tio­nen über die poli­ti­schen Gefan­ge­nen Gott­fried Küs­sel, Felix B. und Wil­helm Chris­ti­an A.“. Tat­säch­lich geht es kaum um Infos zu den drei ver­ur­teil­ten Neo­na­zis – die FB-Fan-Sei­te fun­giert als Teaser für die Web­sei­te „alpen-donau.info“, die aber erst Mit­te Febru­ar online geht.

Die­se bei­den Daten sind des­halb bemer­kens­wert, weil im jetzt auf alpen-donau.info ver­öf­fent­lich­ten „Anfalls­be­richt“ des Bun­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz (BVT) zwei Mails an die NS-Mel­de­stel­le in den knap­pen Text hin­ein­ko­piert wur­den, die sich nicht auf die Home­page, son­dern auf die FB- Fan­sei­te bezie­hen. Mög­li­cher­wei­se ent­hält der „Anfalls­be­richt“ des BVT ja noch viel mehr und bes­se­re Infor­ma­tio­nen zu alpen-donau.info als die im gekürz­ten Fak­si­mi­le, aber wahr­schein­lich ist es nicht.

Ein „Anfalls­be­richt“ ist defi­niert über die Straf­pro­zess­ord­nung (StPO). Er wird erstellt, wenn und sobald die Behör­de vom Ver­dacht eines schwer wie­gen­den Ver­bre­chens oder einer sons­ti­gen Straf­tat von beson­de­rem öffent­li­chen Inter­es­se Kennt­nis erlangt.

Wich­tig ist das Wört­chen „sobald“: die bei­den ver­öf­fent­lich­ten Mel­dun­gen wur­den gemacht am 21.1. bzw. am 14.2.2014. Anzu­neh­men, dass auch die ande­ren Mel­dun­gen kurz nach dem Start der FB-Fan-Sei­te bzw. der Home­page bei der Mel­de­stel­le ein­tru­del­ten. Dort hat­te man es aber offen­sicht­lich nicht eilig. Der – soweit wir das beur­tei­len kön­nen –äußerst knapp gehal­te­ne Anfalls­be­richt des BVT wur­de erst erstellt am 24. März 2014.

Es kommt aber noch bes­ser: als Ein­gangs­da­tum bei der Staats­an­walt­schaft Wien wird der 8. Mai 2014 ange­ge­ben. Dem­nach sind zwi­schen Erstel­lung des Anfalls­be­richts und sei­nem Ein­tref­fen bei der Staats­an­walt­schaft wei­te­re sechs Wochen ver­gan­gen! Ein mehr als deut­li­cher Hin­weis, wie ernst und wich­tig man im Bereich des BVT Mel­dun­gen zum Ver­bots­ge­setz nimmt!

In den Berich­ten der letz­ten Tage war des öfte­ren zu lesen, dass es sich bei Mel­dun­gen an die Mel­de­stel­le NS-Wie­der­be­tä­ti­gung for­mell um Anzei­gen hand­le und daher die Anzei­ger auch nicht damit rech­nen dürf­ten, im Akt anonym zu blei­ben. Das ist unse­rer Ansicht nach falsch. Auch wenn es kei­ne kla­re Defi­ni­ti­on gibt, wel­che Merk­ma­le eine Anzei­ge ent­hal­ten müss­te – eine Fra­ge an die Mel­de­stel­le „kön­nen Sie mir bit­te erklä­ren, war­um eine ver­bo­te­ne Inter­net-Gemein­schaft eine Face­book-Sei­te haben darf?“ bleibt eine Fra­ge und kei­ne Anzei­ge, auch wenn davon aus­zu­ge­hen ist, dass die Mel­de­stel­le kei­ne Ant­wort an den Fra­ge­stel­ler gege­ben hat. Auch das BVT spricht in sei­nem Anfalls­be­richt die ein­ge­gan­ge­nen Mel­dun­gen nicht als Anzei­gen, son­dern als „Hin­wei­se“ an.

Das hat auch sei­ne Rich­tig­keit, denn die Behör­de ist von sich aus ver­pflich­tet, Anzei­ge zu erstat­ten, wenn und sobald sie Kennt­nis vom Ver­dacht einer Straf­tat erhält.

Was jetzt im kon­kre­ten „alpen-donau.info“ und die Face­book-Fan­sei­te betrifft, so lässt sich fest­hal­ten: das BVT erhält ziem­lich rasch Kennt­nis vom Neu­start, unter­nimmt aber meh­re­re Wochen lang nichts. Am 24. März wird ein ver­mut­lich äußerst dür­rer Anfalls­be­richt erstellt, der sechs Wochen spä­ter bei der Staats­an­walt­schaft ein­trifft. Als “Hin­weis“ auf die mög­li­che NS-Wie­der­be­tä­ti­gung wer­den die zwei Mails mit allen per­sön­li­chen Daten in den Bericht kopiert. Zumin­dest in dem von alpen-donau.info wie­der­ge­ge­be­nen Teil des Anfalls­be­richts gibt es weder einen Hin­weis dar­auf, dass dem BVT selbst die Exis­tenz der bei­den Sei­ten auf­ge­fal­len wäre noch dar­auf, ob das BVT auch Wie­der­be­tä­ti­gung ver­mu­tet. Das BVT ent­hält sich (jeden­falls im ver­öf­fent­lich­ten Teil) jeg­li­cher Stel­lung­nah­me und schiebt den Ball an die Staats­an­walt­schaft hin­über: die soll ent­schei­den, ob ermit­telt wird. Das hat auch sei­ne Rich­tig­keit, zeigt aber im kon­kre­ten nur, wie über­flüs­sig eigent­lich die­ser Ver­fas­sungs­schutz ist: er trägt nichts zum Sach­ver­halt bei, lässt sich Mona­te (!!!) Zeit, bis er der Staats­an­walt­schaft in einem Anfalls­be­richt mit­teilt, dass es vor Mona­ten etli­che Hin­wei­se auf Wie­der­be­tä­ti­gung gege­ben hat und gibt auch noch die Namen der Mel­den­den weiter.

Totalreform der Meldestelle!

Nach der Pres­se­mit­tei­lung des Innen­mi­nis­te­ri­ums vom 6. August 2014 scheint auch klar, dass das BVT bis­her alle per­sön­li­chen Daten von allen Mel­den­den an die Staats­an­walt­schaft wei­ter­ge­ge­ben hat („Die Wie­der­be­tä­ti­gungs-Mel­de­stel­le des Innen­mi­nis­te­ri­ums wird künf­tig Per­so­nen­da­ten nicht mehr auto­ma­tisch an die Staats­an­walt­schaft über­mit­teln, son­dern nur mehr auf deren aus­drück­li­chen Wunsch“).

Das ist – unab­hän­gig davon, ob und wie Richard Pfingstl, der Betrei­ber von alpen-donau-info, Kennt­nis von die­sen Daten erhal­ten hat – auch für die Zukunft inakzeptabel.

Nach der skan­da­lö­sen Behand­lung der Mel­dun­gen in Bezug auf alpen-donau.info ist nur fol­gen­des denkbar :

  • · Eine Klar­stel­lung, dass Mel­dun­gen an die NS-Mel­de­stel­le als ver­trau­li­che Hin­wei­se behan­delt wer­den und nicht als Anzeigen.
  • · Eine Ver­pflich­tung zur Infor­ma­ti­on: die Mel­den­den wer­den infor­miert, was mit ihrem Hin­weis pas­siert ist ( Anzei­ge durch die Behör­de ja/nein/ wann — samt kur­zer Begründung).
  • · Die Nen­nung einer mel­den­den Per­son an die Staats­an­walt­schaft ist nur dann zuläs­sig, wenn die betref­fen­de Per­son auf Nach­fra­ge aus­drück­lich ihre Zustim­mung erklärt! 
  • Coming Soon: Teil 2.