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Eine echte Freunderlwirtschaft

Der Chef sprach sich ein­deu­tig für sau­be­re Ver­hält­nis­se aus: sei­ne Tätig­keit als EU-Abge­­or­d­­ne­­ter sah er klar getrennt von sei­nem Zivil­be­ruf als Chef­re­dak­teur und Her­aus­ge­ber von „Zur Zeit“. Klingt gut, was Andre­as Möl­zer da 2009 in einer Pres­se­aus­sendung ver­sprach. Doch stimmt es auch? Andre­as Möl­zer ist nicht Peter Sichrovs­ky. Der Vor­gän­ger von Andre­as Möl­zer als EU-Abge­­or­d­­ne­­ter der […]

7. Apr 2014

Andre­as Möl­zer ist nicht Peter Sichrovs­ky. Der Vor­gän­ger von Andre­as Möl­zer als EU-Abge­ord­ne­ter der FPÖ hat­te so wie Danie­la Rasch­ho­fer (damals eben­falls EU-Abge­ord­ne­te der FPÖ) Pro­ble­me, den pri­va­ten Lebens­be­reich sau­ber vom poli­ti­schen Tätig­keits­be­reich im Euro­päi­schen Par­la­ment abzu­gren­zen. 1999 flo­gen Zah­lun­gen der bei­den Abge­ord­ne­ten an Ehe­frau bzw. Lebens­ge­fähr­ten auf. Gel­der aus dem für Mit­ar­bei­te­rIn­nen reser­vier­ten Bud­get­topf lan­de­ten in den pri­va­ten Taschen der Lebens­part­ner, ohne dass dafür offen­sicht­lich Leis­tun­gen erbracht wurden.

Das ist jetzt alles anders. Die Bud­ge­tan­sät­ze der Euro­pa-Abge­ord­ne­ten („Sekre­ta­ri­ats­zu­la­ge“) wur­den kräf­tig aus­ge­wei­tet, was auch dem FPÖ-Abge­ord­ne­ten Möl­zer zugu­te kommt. Sechs Assis­ten­tIn­nen weist die Web­sei­te von Andre­as Möl­zer aus. Fast alle von ihnen fin­det man auch beim Medi­en­pro­jekt „Zur Zeit“ in den unter­schied­lichs­ten Funk­tio­nen. Bei eini­gen von ihnen wech­seln die Funk­tio­nen, in denen sie bei „Zur Zeit“ beschäf­tigt sind bzw. waren, rasch.

Neh­men wir zum Bei­spiel Dimit­rij Grieb: Er war 2009 Chef vom Dienst bei „Zur Zeit“ und auch eine der Assis­ten­zen von Andre­as Möl­zer, der damals nicht nur Mit­glied des Euro­päi­schen Par­la­ments (MEP) , son­dern auch Chef­re­dak­teur und Her­aus­ge­ber von „Zur Zeit“ war. Eine umfas­sen­de sym­bio­ti­sche Bezie­hung, die mög­li­cher­wei­se dadurch gestört wur­de, dass Dimit­rij als Chef vom Dienst vom Wie­ner Lan­des­ge­richt ver­ur­teilt wur­de, weil in dem Blatt wider­lich homo­phob gehetzt bzw. belei­digt wur­de („Berufs­sch­wuch­tel“).

Grieb gab im Pro­zess als Ein­kom­men 1.500 Euro net­to an, was schon für einen, jeden­falls aber für zwei Möl­zer-Jobs ver­dammt wenig Geld wäre.

Mög­li­cher­wei­se ist das auch ein Grund dafür, war­um ein neu­er „Chef vom Dienst“ bei „Zur Zeit“ nicht nur einen zusätz­li­chen Job als Mit­ar­bei­ter des MEP Andre­as Möl­zer hat, son­dern auch noch als Par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter der Abge­ord­ne­ten Rein­hard Bösch und Chris­ti­an Höbart malo­chen muss. Jan Acker­mei­er, Bur­schen­schaf­ter der Wie­ner Teu­to­nia, ist der Tau­send­sas­sa, der nicht nur für Möl­zer die Kon­tak­te zu Schwes­ter­par­tei­en orga­ni­sie­ren soll, son­dern für „Zur Zeit“ und zwei Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te der FPÖ tätig ist und dar­über hin­aus ja auch noch sehr umtrie­big ist.

Bern­hard Toma­s­chitz wird als Assis­tent des Abge­ord­ne­ten Möl­zer mit der Büro-Adres­se Engels­berg­gas­se 4, 1030 Wien ange­führt. Dazu auch noch die Büro­zei­ten, zu denen er erreich­bar ist und die Tele­fon­num­mer. Tele­fon­num­mer und Büro-Adres­se gehö­ren zum „Zur Zeit“-Verlag, da gibt es kei­nen Zwei­fel. Toma­s­chitz offen­sicht­lich auch, denn er wird in einer „Zur Zeit“-Publikation als „in ver­schie­de­nen Funk­tio­nen für die Wochen­zei­tung „Zur Zeit“ tätig“ vorgestellt.

Kat­rin Nieß­ner taucht eben­falls mit der Adres­se und Tele­fon­num­mer des „Zur Zeit“-Verlages in einer Vor­stel­lung als Mit­ar­bei­te­rin des MEP Möl­zer auf.

Wie dür­fen wir uns die sau­be­re Tren­nung der Tätig­kei­ten da genau vor­stel­len? Rein recht­lich dürf­te das kein Pro­blem sein: Für die Mit­ar­bei­te­rIn­nen von EU-Abge­ord­ne­ten gibt es trotz Dut­zen­der Skan­da­le noch immer kei­ne Regeln, die vor Miss­brauch schützen.

Für Par­la­men­ta­ri­sche Mit­ar­bei­te­rIn­nen von Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten gel­ten dage­gen die Bestim­mun­gen des Par­la­ments­mit­ar­bei­te­rIn­nen­ge­set­zes. Die ent­hal­ten im § 2 Kri­te­ri­en, die eine Ver­gü­tung aus­schlie­ßen. Wenn etwa die Arbeits­zeit aus allen Dienst­ver­hält­nis­sen 50 Wochen­stun­den über­stei­gen wür­de, dann gibt es kei­ne Ver­gü­tung. Auch wenn die par­la­men­ta­ri­sche Mit­ar­bei­te­rin zusätz­lich in einem Unter­neh­men tätig ist, das dem maß­geb­li­chen Ein­fluss des Mit­glieds (oder einem sei­ner engen Ange­hö­ri­gen) unter­liegt, gibt es kein Geld.

Anna Krass­nit­zer ist für „Zur Zeit“ tätig. Sie ist jeden­falls die Redak­teu­rin, deren Bei­trag „Das nicht lus­ti­ge Zigeu­ner­le­ben“ (Nr. 5 / 2014) erst vor kur­zem vom Pres­se­rat als „men­schen­ver­ach­tend“ gerügt wur­de. Krass­nit­zer wird auch als Mit­ar­bei­te­rin des MEP Andre­as Möl­zer geführt und zur Drauf­ga­be auch noch als Par­la­men­ta­ri­sche Mit­ar­bei­te­rin des Möl­zer-Sohns Wen­de­lin, der seit Okto­ber 2013 Abge­ord­ne­ter im Natio­nal­rat ist. Das könn­te ein Pro­blem sein, denn Möl­zer-Sohn Wen­de­lin ist seit 2014 auch Chef­re­dak­teur von „Zur Zeit“.

So oder so, jen­seits der recht­li­chen Fra­ge, ob Bestim­mun­gen des Par­la­ments­mit­ar­bei­te­rIn­nen­ge­set­zes ver­letzt wur­den (was auch für die Mehr­fach­jobs von Acker­mei­er zu prü­fen wäre), gibt der Blick auf die Tätig­kei­ten der Mit­ar­bei­te­rIn­nen von Andre­as Möl­zer ein wun­der­ba­res Bild davon ab, wie’s die Möl­zers mit der sau­be­ren Tren­nung von poli­ti­scher Funk­ti­on und pri­va­ter Tätig­keit hal­ten. Übri­gens: Ein wei­te­rer Sohn von Andre­as Möl­zer, Wolf-Rüdi­ger, natür­lich auch für „Zur Zeit“ tätig, werkt auch auf EU-Ebe­ne – nicht für sei­nen Vater, das wäre ja echt pein­lich, son­dern für den zwei­ten EU-Par­la­men­ta­ri­er der FPÖ, Franz Ober­mayr. Frei­heit­li­che Freun­derl­wirt­schaft – kreuzweise!

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