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Wien: Edmund vor Gericht

Am 4. Dezem­ber steht Edmund E. vor einem Wie­ner Schwur­ge­richt wegen des Ver­dachts der NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung. Der Pen­sio­nist (66) ist selbst in der ein­schlä­gi­gen Sze­ne nur Insi­dern bekannt. Er bevor­zugt eher die kon­spi­ra­ti­ve Arbeits­wei­se. Ob E. in ein­schlä­gi­gen Foren wie Thia­zi oder Alpen-Donau zeit­wei­se als „Prinz Eugen“ unter­wegs war, wird ver­mut­lich nicht ver­han­delt. Der Ange­klag­te ist […]

3. Dez 2013

Der Ange­klag­te ist ein Urge­stein der hei­mi­schen Neo­na­zi-Sze­ne. Er war schon in den spä­ten 1960er-Jah­ren wegen des Ver­dachts, einen Spreng­stoff­an­schlag in Süd­ti­rol ver­übt zu haben, ver­haf­tet wor­den und war dann auch ein Akti­vist in der neo­na­zis­ti­schen Natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Par­tei (NDP) von Nor­bert Burger.


Ein wäh­rend der „Feu­er­nacht“ gespreng­ter Strom­mast, ORF/Pammerfilm/Verlagsarchiv Tyrolia/G. Alber­ti, Bild­quel­le: orf.at

Bis knapp vor 2000 gibt es dann kei­ne sicht­ba­ren Akti­vi­tä­ten von E.. 1999 wer­den in der Zeit­schrift Wet­ter­leuch­ten des Kampf­bun­des deut­scher Sozia­lis­ten (KDS) von Tho­mas Brehl Bei­trä­ge der Wie­ner Grup­pe Der Kreis ver­öf­fent­licht. Aus Brie­fen, die E. an das Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des Öster­rei­chi­schen Wider­stands (DÖW) schreibt, wird klar, dass hin­ter dem „Kreis“ Edmund E. als Orga­ni­sa­tor steht. Der Kreis, der sich auch Natio­na­les Kon­sor­ti­um für Agi­ta­ti­on, Pro­pa­gan­da und Volks­auf­klä­rung nennt, ver­wen­det als Sym­bol einen Totenkopf.

In der Woh­nung von Edmund E. herrscht ein reges Trei­ben: Es fin­den nicht nur Schu­lun­gen und Semi­na­re statt, bei denen ein vor­wie­gend jün­ge­res Publi­kum mit natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ideo­lo­gie und Poli­tik ver­traut gemacht wird, son­dern es geben sich dort auch die selbst­er­nann­ten Füh­rer der Neo­na­zi-Sze­ne die Klin­ke in die Hand. Edmund E. ver­mit­telt der jun­gen Neo­na­zi-Grup­pe Bund frei­er Jugend (BFJ) die Kon­tak­te zu den alten Grö­ßen der hei­mi­schen und deut­schen Neo­na­zi-Sze­ne. Der Andrang bei den Tref­fen ist so stark, dass sich der Gast­ge­ber sogar Ses­sel von einer Bur­schen­schaft aus­lei­hen muss.

Edmund E. fühlt sich in die­ser Zeit sicht­lich stark. In einem Mail an einen Akti­vis­tIn­nen der Sozia­lis­ti­schen Links­par­tei (SLP) gibt er den dro­hen­den Rat­schlag, „unse­re Jungs vom BFJ, der KG-Ger­ma­nia, den Bur­schen­schaf­ten usw. tun­lichst in Ruhe zu las­sen“.

In einem nicht nament­lich gezeich­ne­ten Schrei­ben des „Krei­ses“, das an einen Autor des LIF-Maga­zins Libe­ra­le Zei­chen geht, wer­den Kopien des KDS-Maga­zins Gegen­an­griff bei­gelegt mit dem Rat­schlag: „Ver­mei­den Sie tun­lichst, sich mit dem KDS (….) anle­gen [sic!]. Die sind kei­nes­wegs so mode­rat wie wir und ken­nen auch ent­schie­den weni­ger Spaß. Der KDS ist auch bei uns in der Ost­mark in Fili­al­or­ga­ni­sa­tio­nen ‚erschre­ckend‘ stark vertreten!“

2003 ver­öf­fent­licht E. auf der Neo­na­zi-Sei­te Stoer­te­be­ker einen Spen­den­auf­ruf für den ehe­ma­li­gen FPÖ-Bezirks­rat Wolf­gang Fröh­lich, der wegen Holo­caust-Leug­nung einen Pro­zess erwar­tet. „Es ist unse­re Pflicht und Schul­dig­keit. Sein Kampf ist ja letzt­lich auch unser aller Kampf gegen die zweit­größ­te Lüge der Welt­ge­schich­te nach ‚Erschaf­fung‘ des jüdisch-christ­li­chen Wüstenzaubers.“

Weil das DÖW in sei­ner Mel­dung E. vor­wirft, den Holo­caust als „Lüge“ zu bezeich­nen, schreibt er pat­zig an das DÖW, dass er mit der „zweit­größ­ten Lüge“ nicht den Holo­caust, son­dern die Behaup­tung von der allei­ni­gen deut­schen Kriegs­schuld gemeint habe. Das Pro­blem dabei: Fröh­lich hat sich nicht mit der Kriegs­schuld beschäf­tigt, son­dern den „Gas­kam­mer­schwin­del“ behauptet.

Der deut­sche Neo­na­zi Ger­hard Itt­ner lei­tet 2004 eine Mail von Edmund E. wei­ter, in der die­ser über das „tür­ki­sche Huma­n­un­ge­zie­fer“ her­zieht, das sich in den Wie­ner Stra­ßen­bah­nen bzw. im gan­zen Land breit­ma­che, und lässt eine alte Dame dann einen Ver­nich­tungs­wunsch äußern. Als das DÖW dar­über berich­tet, schickt E. wie­der ein Mail, das er mit anti­se­mi­ti­schen Ver­bal­in­ju­ri­en („das krumm­na­si­ge DÖW“) und der Dro­hung füllt, „meh­re­re Juris­ten (…) mit die­sem offen­sicht­li­chen Ruf­mord respek­ti­ve Ruf­schä­di­gung zu beschäf­ti­gen“.


Die Face­book-Sei­te „Frei­heits­be­we­gung Ger­hard Ittner”

Bei der deut­schen Neo­na­zi-Zeit­schrift Volk in Bewe­gung fir­miert E. 2004 und 2005 als Autor und Mit­her­aus­ge­ber neben z.B. Bern­hard Schaub (Euro­päi­sche Akti­on) und Heinz Mahn­cke, einem deut­schen Alt­na­zi und SS-Mann. Die Bewe­gung Deut­sche Volks­ge­mein­schaft (BDVG), die damals die Zeit­schrift her­aus­gab, hat gute Kon­tak­te nach Öster­reich und zum „Kreis“. Mit eini­gen von ihnen steht Edmund E. auch in per­sön­li­cher Kor­re­spon­denz, in der er sich ganz offen zum Natio­nal­so­zia­lis­mus bekennt.

In Öster­reich pflegt E. sei­ne Kon­tak­te zum inne­ren Kreis der Neo­na­zi-Sze­ne: zu Küs­sel, Budin, zur Akti­ons­ge­mein­schaft für Poli­tik (AfP) und den BFJ-Spit­zen. Unge­klärt ist, ob Edmund E., dem brau­ne sozia­le Netz­wer­ke nicht fremd sind, dabei auch zeit­wei­se mit dem Nick­na­me „Prinz Eugen“ auf­ge­tre­ten ist. Sicher ist jeden­falls, dass er bis zuletzt in ein­schlä­gi­ge Netz­wer­ke ein­ge­bun­den ist. Auch der müde Alpen-Donau-Abklatsch „Stol­zund­frei“, der jetzt schon seit einem Monat Pau­se wegen „War­tungs­ar­bei­ten“ macht, bedien­te sich an einem Text von E..