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Kurt Scheuch das gehetzte Reh und die Freimaurer

Kurt Scheuch, frei­heit­li­cher Spit­zen­mann aus Kärn­ten, beschimpf­te den Rich­ter, der 2011 sei­nen Bru­der Uwe ver­ur­teilt hat­te, als „Krö­te“ und „wild gewor­de­nen Ram­­bo-Rich­­ter“. Dafür wur­de jetzt eine Diver­si­on ver­ein­bart. Was aber ist mit sei­nem Vor­wurf der „Freimaurer“-Verschwörung? Ein­bli­cke in die Gedan­ken- und Gefühls­welt eines Frei­heit­li­chen im Grau­be­reich zwi­schen eso­­te­risch-rechts­ex­tre­­mis­­ti­­scher Ewig­gest­rig­keit und patho­lo­gi­scher Para­noia . Kurt Scheuch, immerhin […]

22. Jan 2013

Kurt Scheuch, immer­hin stell­ver­tre­ten­der Lan­des­haupt­mann und Vor­sit­zen­der der Frei­heit­li­chen Par­tei (FPK) in Kärn­ten, ist ein Sen­si­bel­chen der beson­de­ren Art: „Ich habe mich in den letz­ten Mona­ten gefühlt wie ein gehetz­tes Reh“, erklär­te er nach der Gerichts­ver­hand­lung, in der eine Diver­si­on durch Bezah­lung einer Geld­bu­ße in der Höhe von 6.600 Euro und eine schrift­li­che und öffent­li­che Ent­schul­di­gung gegen­über dem betrof­fe­nen Rich­ter ver­ein­bart wurde.

Im August 2011 war Kurt Scheuch nicht so sen­si­bel. Am Abend jenes Tages, an dem sein Bru­der Uwe Scheuch, der damals stell­ver­tre­ten­der Lan­des­haupt­mann und Obmann der Frei­heit­li­chen Kärn­tens (FPK) war, von einem Kla­gen­fur­ter Rich­ter in ers­ter Instanz zu einer unbe­ding­ten Haft­stra­fe ver­ur­teilt wor­den war, hielt die FPK eine Soli­da­ri­täts­ver­an­stal­tung mit dem Ver­ur­teil­ten ab, die ein Zeu­ge vor Gericht als „fast unheim­lich“ beschrieb. Dabei fie­len die jetzt gericht­lich behan­del­ten Sager von Kurt Scheuch.

Tage danach fiel Kurt Scheuch noch ande­res ein und auf: „Wel­che Ver­bin­dun­gen der Rich­ter Chris­ti­an Lieb­hau­ser-Karl zur lin­ken Reichs­hälf­te und zu den Frei­mau­rern pflegt, wer­den wir uns noch genau­er anschau­en.“ ( OTS FPK, 4.8.2011) Sein Bru­der Uwe, dem Kurt damals noch ein lan­ges Leben als FPK-Obmann pro­phe­zei­te, griff die „Frei­mau­rer- Ver­schwö­rung“ in der gebo­te­nen Wei­se auf:

„Klei­ne Zei­tung“: “In Ihrer Par­tei will man das Umfeld des Rich­ters aus­leuch­ten. Das ist niederträchtig.”
Scheuch: „Das fin­de auch ich absto­ßend. Ich wür­de so etwas nie tun. Was aber span­nend ist: Es wur­de mir zuge­tra­gen, dass der Kol­le­ge Lieb­hau­ser Karl dem Netz­werk der Frei­mau­rer ange­hö­ren soll. Das wird man noch sagen dür­fen. (Klei­ne Zei­tung, 6.8.2011)

Wir hal­ten fest: Es ist zwar absto­ßend, das Umfeld des Rich­ters aus­zu­leuch­ten (pfui, Kurt!), aber auch span­nend, die Frei­mau­rer hin­ter dem Urteil zu ver­mu­ten, mein­te Uwe damals.

Auch ein Jahr spä­ter wis­sen wir nicht mehr dar­über. Weder Uwe noch Kurt ist es gelun­gen, etwas aus­zu­leuch­ten, aber der Kurt hält auch in der Gerichts­ver­hand­lung vom 17. Jän­ner noch dar­an fest, dass es „eben Gerüch­te gege­ben [hat], dass eben die Frei­mau­rer das Urteil beschlos­sen haben, und das hat man ja gese­hen, dass der Rich­ter das Urteil schon vor­ge­schrie­ben gehabt hat.“

Kurt war zwar bei der Ver­hand­lung damals nicht dabei, aber er hat von jeman­dem gehört, dass jemand gese­hen hat, dass das Urteil schon vor­ge­schrie­ben war! Ein Klas­si­ker der Ver­schwö­rungs­theo­rie: Es waren die Frei­mau­rer! Des­halb stellt Kurt vor Gericht auch den Antrag, den Rich­ter Lieb­hau­ser zu laden, um ihn zu befra­gen, ob er Frei­mau­rer ist.

Die Vor­stel­lung, es gäbe eine Geheim­or­ga­ni­sa­ti­on, die Straf­hö­hen in Gerichts­ver­fah­ren fest­le­gen und tat­säch­lich durch­set­zen könn­te, ohne von der Öffent­lich­keit, der Jus­tiz, der Poli­zei oder den Medi­en bemerkt zu wer­den, ist zwar bis zum Fremd­schä­men pein­lich dumm, aber in extrem rech­ten und eso­te­risch ange­hauch­ten Krei­sen seit Jahr­zehn­ten sehr beliebt: Die Frei­mau­rer-Scha­blo­ne kann jeder­zeit durch die der Juden, des Mos­sad, der CIA oder auch durch UFOs ersetzt werden.

Kurt Scheuch stellt also einen Antrag, von dem er weiß, dass er abge­lehnt wer­den muss. Die Ableh­nung die­ses Antrags durch das Gericht kann natür­lich auch als star­kes Indiz für eine frei­mau­re­ri­sche Ver­schwö­rung gewer­tet wer­den, aber dazu äußert sich das „gehetz­te Reh“ Kurt Scheuch nicht mehr.

Wäh­rend Bru­der Uwe 2011 noch trot­zig zu den Frei­mau­rer-Spe­ku­la­tio­nen mein­te, „das wird man noch sagen dür­fen“, ver­traut Kurt mehr einer sym­bo­li­schen Bild­spra­che. Im Herbst 2012 prä­sen­tier­te sich Kurt Scheuch über das Video „Furcht­los“ einer stau­nen­den Öffent­lich­keit. In dem Video kön­nen selbst Ech­sen, Schlan­gen und Spin­nen, die in sei­nem Büro her­um­krab­beln, dem Lan­des­haupt­mann­stell­ver­tre­ter nichts anha­ben. Eine kur­ze Bild­se­quenz zeigt den „Furcht­lo­sen“ mit einem Tat­too auf der Schul­ter. Das Tat­too zeigt einen Krie­ger mit Dru­den­fuß auf dem Helm, dahin­ter einen grim­mi­gen Wolf. Aha! Ob nun der Dru­den­fuß als Sym­bol der Frei­mau­rer gemeint ist oder als Bann­zei­chen gegen das Böse, ob sich Kurt, das „gehetz­te Reh“ eher im Krie­ger oder im Wolf erkennt, das will Kurt nicht ent­rät­seln: „Mei­ne Fami­lie weiß, was es damit auf sich hat. Alle ande­ren geht das nichts an.” (Klei­ne Zeitung)

War­um aber prä­sen­tiert der frei­heit­li­che Spit­zen­po­li­ti­ker dann sei­nen Eso-Schrott in einem öffent­li­chen und von sei­ner Par­tei finan­zier­ten Video?

Die Sym­bo­le, die sich in rechts­extre­mis­ti­schen Eso­te­rik­krei­sen gro­ßer Beliebt­heit erfreu­en, kön­nen in Zei­ten des Fan­ta­sy­hy­pes als skur­ri­le Null­aus­sa­ge eher welt­ab­ge­wand­ter Spin­ner abge­tan wer­den. Wenn sie jedoch in Kom­bi­na­ti­on mit Spit­zen­funk­tio­nä­ren einer zumin­dest par­ti­ell rechts­extre­mis­ti­schen Par­tei und Ver­schwö­rungs­theo­rien auf­tre­ten, darf mensch sich schon die Fra­ge stel­len: Ist da wer tief in rechts­extre­mis­ti­schen Sym­bol­wel­ten ver­haf­tet, oder hat er sonst­wie gra­vie­ren­de Probleme?

Sie­he auch: Stra­che, Scheuch und die Freimaurer

Und: zeit­zuen­der — Anti­se­mi­ti­sche Täto­wie­rung eines Kärnt­ner Lan­des­ra­tes, oder was sonst?

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