Lesezeit: 2 Minuten

Enterhaken Nr. 23: Eustacchio und „ein anständiger Bursche“

Enter­ha­ken Nr. 23 von May­­day-Graz ist soeben erschie­nen – mit eini­gen Schman­kerln. Die Gra­zer ÖVP hat im Gemein­de­rats­wahl­kampf kurz vor Schluss ver­sucht, die Jugend­jah­re des FPÖ-Spi­t­­zen­­kan­­di­­da­­ten Mario Eustac­chio zu the­ma­ti­sie­ren. Der kon­ter­te nicht unge­schickt, dass wohl jeder eine zwei­te Chan­ce ver­die­ne. Enter­ha­ken ana­ly­siert das poli­ti­sche Wir­ken Eustac­chi­os in den letz­ten Jah­ren. Die ÖVP Graz hatte […]

24. Nov 2012

Die ÖVP Graz hat­te in einem offe­nen Brief anony­me Anschul­di­gun­gen zu angeb­li­chen Gewalt­tä­tig­kei­ten des jugend­li­chen Eustac­chio vor rund 30 Jah­ren auf­ge­grif­fen und auch des­sen aktu­el­len Umgang mit Rechts­extre­men zu the­ma­ti­sie­ren ver­sucht. Damit kon­fron­tiert, erklär­te der FPÖ-Spit­zen­kan­di­dat der APA: „Ich habe damals einen Hau­fen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, auch hand­fes­te, gehabt. Dar­auf bin ich nicht stolz. Ich bin aber der Mei­nung, jeder ver­dient eine zwei­te Chan­ce und die­se habe ich genutzt. Ich habe dar­aus gelernt.“ (APA, 14.11.2012)

Klingt ver­nünf­tig, aber was hat er wirk­lich gelernt? Der Enter­ha­ken knöpft sich die aktu­el­le Poli­tik der Gra­zer FPÖ vor, ihre Het­ze gegen­über Mus­li­men und Bett­lern, aber auch Eustac­chi­os Phan­ta­sien über die „Ver­meh­rungs­ra­ten“ von Mus­li­mIn­nen. In der media­len Öffent­lich­keit hat der FPÖ-Spit­zen­kan­di­dat den Ruf eines Gemä­ßig­ten – ver­mut­lich, weil er lang­sa­mer spricht als Stra­che. Schaut man näm­lich genau­er hin, dann ver­dampft das mode­ra­te Image schnell. Eustac­chio, der Alte Herr der Bur­schen­schaft Stiria, hielt erst 2011 die Feu­er­re­de bei der Sonn­wend­fei­er des Wie­ner Kor­po­ra­ti­ons­rings und posiert für die ORF-Kame­ra vor Bur­schen­schaf­ter­insi­gni­en. Damals haben wir uns auch sei­ne Face­book- Freun­des­lis­te ange­se­hen und eini­ge bemer­kens­wer­te Früch­terl aus der brau­nen Ecke dabei gefun­den. Sei­ne Freun­des­lis­te auf Face­book ver­birgt Eustac­chio mitt­ler­wei­le vor der Öffent­lich­keit, mit den Gebrü­dern Juritz, die der­zeit gemein­sam mit Richard Pfingstl und ande­ren wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung in Graz vor Gericht ste­hen, ist Eustac­chio aber nach wie vor in Kon­takt: „Bei­de sei­en unbe­schol­ten, er vor­ver­ur­tei­le nie­man­den“, sagt Eustac­chio zu Öster­reich (15.11.2012). Dann schiebt er einen Satz nach, den man nicht nur zwei­mal lesen, son­dern auch mit den Fak­ten im Enter­ha­ken gegen­le­sen soll­te: „Rich­tig ist, dass ich gemein­sam mit ande­ren Freun­den und einem der bei­den vor einem hal­ben Jahr ein­mal Bil­lard spie­len war. Das ist ein anstän­di­ger Bur­sche. Ich wür­de es sicher wie­der tun.“ (Öster­reich, 15.11.2012)


Der eine anstän­di­ge Bur­sche Juritz 2011 auf Facebook

Zu dem „anstän­di­gen Bur­schen“ schreibt der Enter­ha­ken: „Wäh­rend des Pro­zes­ses wur­de er von Eustac­chio höchst­per­sön­lich abends in ein Gra­zer Lokal aus­ge­führt.“ Frei­heit­li­che Pro­zess­be­glei­tung für wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung Ange­klag­te? Die FPÖ als Reso­zia­li­sie­rungs­an­stalt für Neonazis?

Mit Richard Pfingstl, einem der Haupt­an­ge­klag­ten des stei­ri­schen Neo­na­zi-Pro­zes­ses, beschäf­tigt sich ein wei­te­rer Bei­trag im neu­en Enter­ha­ken und im Bei­trag „Spät­pu­ber­tie­ren­de Neo­na­zis“ und „poli­ti­sche Sol­da­ten“, die kei­ne mehr sein wol­len, wird ein Resü­me über die bis­he­ri­gen Ergeb­nis­se im Gra­zer Neo­na­zi-Pro­zess gezogen.

Enter­ha­ken Nr. 23 im Down­load (pdf).