Ungarn: Anonymous, Verschwörer und Gehirnamputierte

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Auch das noch! Das Kol­lek­tiv von „Anony­mous“ hat kurz­fris­tig die Web­site des unga­ri­schen Ver­fas­sungs­ge­richts­hofs lahm­ge­legt und Tei­le der Prä­am­bel der umstrit­te­nen unga­ri­schen Ver­fas­sung umge­schrie­ben. Das wird die dün­ne Phan­ta­sie der rech­ten Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker wei­ter anre­gen, die schon in den letz­ten Wochen in der Kri­tik an der Ver­fas­sung eine „Ver­schwö­rung der inter­na­tio­na­len Lin­ken“ (Vik­tor Orban) oder des Juden­tums gese­hen haben. Im Zen­trum der Kri­tik: Ulri­ke Lunacek, EU-Abge­ord­ne­te der Grünen.

„Wir ver­kün­den, dass die Ideo­lo­gien der Tyran­nen, Herr­scher, Dik­ta­to­ren nur kur­ze Abschnit­te der Geschich­te sind, deren Tyran­nei das Volk jeder­zeit besei­ti­gen, gegen die es sich erhe­ben kann“, war auf der Web­site des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes zu lesen, bevor sie off­line ging.

Schon Wochen zuvor war Ulri­ke Lunacek Objekt einer Schimpf- und Hass­or­gie des schwer anti­se­mi­ti­schen Publi­zis­ten Zsolt Bay­er gewe­sen. Zsolt Bay­er, ein enger Ver­trau­ter des unga­ri­schen Regie­rungs­chefs Vik­tor Orban, ist auf Stoppt­die­rech­ten bes­tens bekannt: der „Fäkal-Anti­se­mit“ (Karl Pfei­fer) hat schon die anti­se­mi­ti­sche Het­ze gegen den EU-Par­la­men­ta­ri­er Cohn-Ben­dit, den Pia­nis­ten Andras Schiff, den öster­rei­chi­schen Publi­zis­ten Karl Pfei­fer und vie­le ande­re orches­triert. Dafür hat er auch einen Kul­tur­preis ein­ge­heimst.

Ulri­ke Lunacek wur­de von Zsolt Bay­er als „gehirn­am­pu­tier­te, an Krät­ze lei­den­de Idio­tin“ beschimpft, weil sie es gewagt hat­te, im Innen­aus­schuss des EU-Par­la­ments auf anti­se­mi­ti­sche und EU-feind­li­che Ten­den­zen in Ungarn hin­zu­wei­sen. Aus­ge­rech­net der „Fäkal-Anti­se­mit“ Bay­er bezeich­ne­te die Behaup­tun­gen von Lunacek, die sich auf Trans­pa­ren­te bei einer regie­rungs­freund­li­chen Demons­tra­ti­on bezo­gen, als „ganz gemei­ne Lüge“.

„Pusz­t­ar­an­ger“, der uner­müd­li­che Beob­ach­ter hat die unglaub­lich wider­li­chen Aus­fäl­le von Bay­er aus dem Unga­ri­schen übersetzt:

„So etwas gab es nicht. Punkt. Und damit könn­ten wir eigent­lich schon auf­hö­ren. (…) Nur kommt da so eine gehirn­am­pu­tier­te, an Krät­ze lei­den­de Idio­tin an, Ulri­ke Lunacek, und das ist noch viel zu fein aus­ge­drückt. (…) Das Gan­ze ist eine stin­ken­de Huren­lü­ge aus dem Mund einer gemei­nen Sau (wört­lich: ver­faul­tem Dreck)“.

Den Part, auf die sexu­el­le Ori­en­tie­rung auch noch anzu­spie­len, über­nahm dann die Zei­tung „Magyar Hir­lap“, in der Bay­er als Kom­men­ta­tor tätig ist. Ein Foto von Ulri­ke Lunacek wur­de unter­ti­telt mit dem Satz: „Die offen “ande­re” Ulri­ke Lunacek betä­tig­te sich nicht zum ers­ten Mal als Sprach­rohr der unga­ri­schen Linksliberalen.”

Auch die EU-Kom­mis­sa­rin Nee­lie Kroes wur­de von Bay­er befle­gelt:“ Da sitzt Nee­lie Kroes, die­se bemit­lei­dens­wer­te Idio­tin, und denkt, dass sie sich das erlau­ben kann“.

Ulri­ke Lunacek reagier­te mit einer Beschwer­de an Echo-TV, den Sen­der, der die Schimpf- und Hass­or­gie Bay­ers aus­ge­strahlt hatte.

Als dann der öster­rei­chi­sche EU-Abge­ord­ne­te Han­nes Swo­bo­da, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Sozi­al­de­mo­kra­ten, die Hass­or­gie Bay­ers kri­ti­sier­te, bekam er von der Pres­se­spre­che­rin der Regie­rungs­par­tei Fidesz eine drü­ber­ge­zo­gen. Swo­bo­da wol­le offen­sicht­lich „den unga­ri­schen Jour­na­lis­ten vor­schrei­ben, was sie schrei­ben dür­fen und was nicht über die mit euro­päi­schen Steu­er­gel­dern bezahl­ten EU-Beam­ten und EU-Abge­ord­ne­ten“.

Der unga­ri­sche EU-Abge­ord­ne­te (Fidesz) Györ­gy Schöpf­lin reagier­te auf Ulri­ke Lunacek mit einer arro­gan­ten Mail an sie, in der er ihr gön­ner­haft zuge­stand, dass sie zwar die Beschimp­fun­gen als empö­rend und scho­ckie­rend bezeich­nen kön­ne, aber gleich­zei­tig dar­auf hin­wies, dass dies sehr sub­jek­ti­ve Begriffs­be­stim­mun­gen sei­en. Schöpf­lin „emp­fahl“ Lunacek in der Fol­ge, sie möge doch ihren Vor­wurf des Anti­se­mi­tis­mus bele­gen, was bei ihren umfas­sen­den Quel­len in Ungarn doch kein Pro­blem sein kön­ne und wun­der­te sich dann, war­um sich Lunacek aus­ge­rech­net Ungarn als Ziel ihrer Angrif­fe auswähle.

Uns wun­dert das nicht mehr. War es knapp vor sei­nem unrühm­li­chen poli­ti­schen Abgang noch Ernst Stras­ser, der sich gegen Vor­ver­ur­tei­lun­gen der unga­ri­schen Regie­rung aus­sprach, so ist es in den letz­ten Mona­ten immer häu­fi­ger die FPÖ, die an der unga­ri­schen Regie­rung und Vik­tor Orban Gefal­len fin­det. Die Absetz­be­we­gung von Job­bik ist unver­kenn­bar, die Job­bik-Gra­tu­lan­ten Hüb­ner und Gude­nus wer­den da sicher kei­ne Schwie­rig­kei­ten haben mitzuziehen.