Braunau (OÖ) Teil IV: Von den Braunen Brüdern zu den Bierbüffeln

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Die Brau­nau­er Neo­na­zi-Sze­ne ist in den letz­ten Jah­ren brei­ter gewor­den und bes­ser ver­netzt. Kon­tak­te und Koope­ra­ti­on gibt es vor allem mit dem „Frei­en Netz Süd“, dem Koope­ra­ti­ons­por­tal bzw. Zusam­men­schluss diver­ser neo­na­zis­ti­scher Kame­rad­schaf­ten im süd­deut­schen Raum.

2006 war nicht nur der Auf­marsch der FPÖ-Gran­den und Neo­na­zis zur Palm-Fei­er, son­dern am 9. Dezem­ber auch ein Kon­zert in Mit­ter­ding bei Antie­sen­ho­fen. Fast 200 Neo­na­zis ver­sam­mel­ten sich in einer Dis­co, um zur Musik der „Brau­nen Brü­der“, der „Feld­her­ren“ und von „Indi­ziert“ „Sieg Heil“ und ande­re Nazi-Paro­len zu grö­len. Die Ver­an­stal­tung war alles ande­re als ein Ruh­mes­blatt für die Behör­den, die zunächst davon spra­chen, dass die Ver­an­stal­tung unter­sagt bzw. auf­ge­löst wor­den sei, spä­ter dann nichts von NS-Paro­len gehört und gese­hen haben woll­ten: 65 Mann Poli­zei waren vor Ort und – abge­se­hen von Aus­weis­kon­trol­len – untä­tig! Eini­ge lie­ßen sich sogar für pri­va­te Erin­ne­rungs­fo­tos gemein­sam mit Neo­na­zis ablichten.

Der Auf­lauf der Neo­na­zis war heim­lich mit­ge­filmt und im ORF („The­ma“) gezeigt wor­den. Der zustän­di­ge Bezirks­haupt­mann von Ried, der zunächst gegen­über dem ORF abstritt, dass es bei dem Kon­zert zu NS-Wie­der­be­tä­ti­gung gekom­men sei, war nach Prä­sen­ta­ti­on des ORF-Film­ma­te­ri­als „sehr betrof­fen“. Ursprüng­lich hät­te das Kon­zert im bay­ri­schen Deg­gen­dorf statt­fan­den sol­len, wur­de dort aber unter­sagt. Obwohl der Orga­ni­sa­tor (Schwar­ze Son­ne Musik­ver­lag) und die meis­ten Teil­neh­me­rIn­nen aus dem benach­bar­ten Bay­ern kamen, deu­tet allein schon der Umstand, dass rei­bungs­los auf den Inn­viert­ler Ort umdis­po­niert wer­den konn­te, auf eine gute Ver­net­zung hin. Die Mobi­li­sie­rung für das Nazi-Skin-Kon­zert wur­de von den hei­mi­schen Nazis genutzt für den Tags dar­auf statt­fin­den­den „Tag der Men­schen­rech­te“ in Ried im Inn­kreis, der von Lud­wig Rein­th­a­ler von der Wel­ser Lis­te „Die Bun­ten“ ange­mel­det und im wesent­li­chen vom Bund frei­er Jugend (BfJ) getra­gen wur­de. Der Auf­marsch in Ried wur­de zwar unter­sagt, aber die Neo­na­zis mar­schier­ten am glei­chen Tag in ande­ren Orten Ober­ös­ter­reichs auf und ver­teil­ten Flugblätter.

Der Blick auf die Akti­vi­tä­ten in Brau­nau und Umge­bung im Jahr 2006 zeigt, dass eini­ges los war:

  • Eini­ge der „Brau­nau­er Bull­dogs“ wer­den wegen Wie­der­be­tä­ti­gung verurtelt
  • Auf­marsch der Chefs der Neo­na­zi-Sze­ne gemein­sam mit FPÖ und Bur­schen­schaf­tern zur Palm-Feier
  • Flug­blatt­ak­tio­nen des BfJ in eini­gen Orten des Bezirks
  • Neo­na­zi-Kon­zert in Antiesenhofen
  • Auf­marsch der Neo­na­zis vom BfJ in Ried im Innkreis

In den fol­gen­den Jah­ren ver­liert die Neo­na­zi-Sze­ne durch die Ankla­ge und den Pro­zess gegen den BfJ, der damit fak­tisch in der Ver­sen­kung ver­schwin­det, an poli­ti­scher Orga­ni­sie­rung. Der Ver­such der neu gegrün­de­ten Par­tei NVP des Robert Fal­ler, die Lücken auf­zu­fül­len, wird zum Fias­ko. Die Sze­ne wird aber auch deut­lich mili­tan­ter. Am 24. Okto­ber 2008 ver­sucht eine Grup­pe von Neo­na­zis, aus­ge­rüs­tet mit Haken­kreuz­fah­ne, ein Kon­zert der KJÖ in Brau­nau zu spren­gen, Der Ver­such miss­lingt, die Neo­na­zis ran­da­lie­ren anschlie­ßend in der Innenstadt.

Ende 2008 wird der Thor-Stei­nar-Laden „Wind­stär­ke 9“ in Brau­nau eröff­net, ein wich­ti­ger Bezugs- und Anlauf­punkt der Sze­ne. Die Ver­su­che der Stadt und der Eigen­tü­mer, den Päch­ter Tho­ralf Meinl zu kün­di­gen, schei­tern vor Gericht.

Die NVP ver­sucht 2009, eine Demons­tra­ti­on knapp vor Hit­lers Geburts­tag anzu­mel­den; der Auf­marsch wird aber durch die Bezirks­haupt­mann­schaft unter­sagt. Der Kon­kur­renz von Alpen-Donau gelingt hin­ge­gen eine Flug­blatt­ak­ti­on zum 8. Mai. Im Juli 2009 wird ein Neo­na­zi-Kon­zert, das im Bezirk Brau­nau (Hai­ger­moos) hät­te statt­fin­den sol­len, ver­hin­dert – die Behör­den sind mitt­ler­wei­le bes­ser disponiert.

Unge­fähr zu die­ser Zeit tre­ten die „Brau­nen Bier­büf­fel“ in Erschei­nung, eine lose Grup­pe von erleb­nis­ori­en­tier­ten Nazi-Skins, die 2010 auch bei der anti­fa­schis­ti­schen Kund­ge­bung im April auf­tau­chen. Auf Fotos las­sen sie sich in ihrer Dress und mit Pis­to­le ablichten.

Mit der Todes­fahrt von Chris­toph W., der im Juli 2011 töd­lich ver­un­glückt, ver­liert die Grup­pe ihren wich­tigs­ten Expo­nen­ten. Aber die Sze­ne in Brau­nau lebt weiter.

➡️ Brau­nau (OÖ): Hot­spot der Neo­na­zis (I)
➡️ Braunau(OÖ): “Die Jungs aus der Hit­ler­stadt“ (II)
➡️ Brau­nau (OÖ): Zwi­schen­stopp beim feu­ri­gen RFJ (III)
➡️ Brau­nau (OÖ): SFK und „Paul­chen Pan­ther“ (V)