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Nazi-Leaks (IV): Die trivialen Kunden von Odin

Unter den von Nazi­leaks ver­öf­fent­lich­ten Adres­sen­sät­zen ist der mit den Kun­den­da­tei­en des Odin-Ver­­­san­­des der neu­es­te und deut­lichs­te. Wer bei Odin bestellt, weiß, was er oder sie kauft! Da lässt sich das Erklä­rungs­mo­dell von Mathi­as Veni­er („kei­ne Rück­schlüs­se auf das kom­ple­xe Welt­bild“) schon gar nicht mehr anwen­den, selbst wenn ein RFJ-Fun­k­­tio­­när dort ordert. Im Unter­schied zu […]

11. Jan 2012

Im Unter­schied zu den Daten­sät­zen von „Thor Stei­nar“, die nur Mail­adres­se und Namen der Kun­dIn­nen ent­hal­ten, sind die gele­ak­ten Daten­sät­ze von Odin ziem­lich kom­plex. Namen, Adres­sen, Han­dy-Num­mern, Mail­adres­sen usw. Pro­blem­los las­sen sich alle öster­rei­chi­schen Bestel­le­rIn­nen her­aus­fil­tern. An die 60, also deut­lich weni­ger als bei Thor-Stei­nar, sind es.

Dafür sind eini­ge hef­ti­ge ein­schlä­gi­ge Kali­ber dabei: Mario W. aus Steyr etwa. Schon die Mail­adres­se „Sturm18“ ist deut­lich. Mario W. ist 3. Bun­des­par­tei­ob­mann­stell­ver­tre­ter der Hei­mat­par­tei Öster­reich (HPÖ), die 2011 mit der Grün­dung der ober­ös­ter­rei­chi­schen Lan­des­grup­pe den Sprung über die Salz­bur­ger Gren­ze geschafft hat. Dort fun­giert Mario W. als 1. Lan­des­par­tei­ob­mann­stell­ver­tre­ter. Ein ordent­li­cher Kar­rie­re­sprung für Mario W., der vor zwei Jah­ren noch mit der Adres­se Schanz­l­gas­se (Jus­tiz­an­stalt) auf diver­sen Lis­ten als natio­na­ler poli­ti­scher Gefan­ge­ner vor­ge­stellt wurde.

Mar­ti­na A. taucht über­all auf, bei „Odin“, bei „Thor Stei­nar“ und im „Blood & Honour“-Forum und natür­lich in der loka­len Sze­ne. Auch so las­sen ein­zel­ne Tei­le doch „Schlüs­se auf das umfas­sen­de Gesamt­kon­strukt eines kom­ple­xen Welt­bil­des“ (Zitat Veni­er FPÖ) der Betrof­fe­nen zu. Bei Achim K. aus der Stei­er­mark ist es ähn­lich. Aller­dings fragt man sich, wann und war­um er über­haupt Odin-Lei­berl anzieht, wo er sich doch am liebs­ten mit täto­wier­ten Ober­kör­per ablich­ten lässt.

Eini­ge der Odin-Kun­den sind seit der Ver­öf­fent­li­chung von Nazi­leaks abge­taucht, haben ihre Kon­ten gelöscht oder gesperrt. Sascha A. aus dem Wein­vier­tel etwa war ein eif­ri­ger Pos­ter auf FPÖ- und RFJ-Sei­ten. Auch bei der NPD hat er flei­ßig kom­men­tiert, was jedoch bei einem Odin-Kun­den wenig erstaun­lich ist.

Über eini­ge ande­re Odin-Kun­den haben wir bereits berich­tet, über­ra­schend waren für uns aber die fol­gen­den Fun­de. Da ist zum einen wie­der ein Poli­zist, genau­er: ein Poli­zei­schü­ler aus Kärn­ten. Wenn stimmt, was die „Klei­ne Zei­tung“ (10.1.2012) schreibt, dann hat er vor sei­ner Zeit als Poli­zei­schü­ler bestellt, nicht für sich, son­dern für einen Freund, und mit neo­na­zis­ti­schem Gedan­ken­gut will er ohne­hin nichts mehr zu tun haben. Wir haben jeden­falls schon bes­se­re Aus­re­den als die fol­gen­de gehört: „Ich dach­te mir: Es wür­de nicht im Inter­net ste­hen, wenn es nicht legal wäre.” (Klei­ne Zeitung)

Was wird wohl Jür­gen Fran­ze­lin, Lan­des­fi­nanz­re­fe­rent des RFJ in Salz­burg und damit im Vor­stand die­ses Ver­eins, ein­fal­len, wenn er dazu befragt wird, war­um er auf der Kun­den­lis­te des Odin-Ver­sand­hau­ses steht? Fran­ze­lin ist immer­hin auch Orts­par­tei­ob­mann der FPÖ in Pie­sen­dorf. Wird er ver­su­chen, sich an die Vor­ga­ben von Veni­er zu hal­ten oder Par­tei­freun­de und Öffent­lich­keit damit beru­hi­gen wol­len, dass er ja nicht der ers­te RFJ-Kun­de bei einem Neo­na­zi-Ver­sand ist? Ein frü­he­res Vor­stands­mit­glied des RFJ Salz­burg, Diet­mar W., war Kun­de beim „Aufruhr“-Versand („Ewig lebt der Toten Taten­ruhm“). Aber das ist schon Jah­re her, und damals gab es etli­che ande­re RFJ-Funk­tio­nä­re, die eben­falls bei „Auf­ruhr“ zuge­grif­fen haben. Mar­tin Graf weiß da Bescheid: „Das ist Nazidreck!”

➡️ Nazi-Leaks (I): ein FP-Abge­ord­ne­ter und die Poli­zei dabei
➡️ Nazi-Leaks (II): Thor Stei­nar: Sze­ne­ty­pi­sche Polizisten?
➡️ Nazi-Leaks (III): Die kom­ple­xen Kun­den von Thor Steinar

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