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Rennicke, das verschwundene Nazi-Trio und die Olympen

Frank Ren­ni­cke kommt ger­ne nach Wien. Der Neo­na­zi, der sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re als Jugend­füh­rer in der 1994 ver­bo­te­nen Wiking-Jugend begon­nen hat, träl­lert ger­ne Nazi-Lie­­der, z.B. „Ein Hoch auf Adi, den Ehren­mann“. Ren­ni­cke war 2003 auch ein Grün­dungs­mit­glied des „Ver­eins zur Reha­bi­li­tie­rung der wegen Bestrei­ten des Holo­caust Ver­folg­ten“, gemein­sam mit Wolf­gang Fröh­lich, Gerd Hon­sik, Her­bert Schaller, […]

20. Nov 2011

1993 war Ren­ni­cke offi­zi­ell zum ers­ten Mal Gast bei der Olym­pia. Der „Olym­pe“, die Zeit­schrift der Bur­schen­schaft, wid­me­te ihm damals sogar ein Inter­view. Her­aus­ge­ber der Zeit­schrift war Mar­tin Graf, der es inzwi­schen zu höhe­ren Wei­hen gebracht hat. Im Inter­view schil­dert Ren­ni­cke sei­nen poli­ti­schen Werdegang:

Durch ein NPD-Pla­kat fand ich den Weg in natio­na­le Krei­se. Seit Jah­ren lese ich sehr viel und erkann­te bald, wie sehr uns Lüge, Umer­zie­hung und Über­frem­dung weich klop­fen… (…) Halb­hei­ten und natio­nal-gefärb­tes Spie­ßer­tum leh­ne ich ab. (…) In der Wiking-Jugend lern­te ich eine Gemein­schaft ken­nen, die mich Kame­rad­schaft und Volks­tum lehrte.

Mar­tin Graf kann sich heu­te nicht mehr an Kon­zer­te von Ren­ni­cke erin­nern und outet sich im „Stan­dard“ vom 19.11.2011 als Grö­ne­mey­er-Fan. Ren­ni­cke will er gar nicht ken­nen. Kennt er auch die von ihm her­aus­ge­ge­be­ne Zeit­schrift „Der Olym­pe“ mit dem Ren­ni­cke-Inter­view nicht?

Dabei war Ren­ni­cke nicht nur 1993 bei den „Olym­pen“ zu Gast. Auch im Jahr 2000, am 17. Juni, träl­ler­te Ren­ni­cke den ver­mut­lich ergrif­fe­nen Olym­pen etwas Ein­schlä­gi­ges vor. 17. Juni? Das war bis 1990 der Tag der deut­schen Ein­heit. Seit 1990 ist in Deutsch­land der 3. Okto­ber der Tag der Deut­schen Ein­heit. Für die Olym­pen offen­sicht­lich nicht – war­um wohl? Im Jahr 1993 hat­te er mit sei­nem Kon­zert bei den Olym­pen den „Tag der deut­schen Ein­heit“ noch um einen Tag ver­fehlt, aber Ren­ni­cke kann ja nicht über­all gleich­zei­tig sein.

„Hoch Bur­schen­schaft, in dei­nen Ähren,
Da ficht Olym­pia: deut­sches Pfand!
Nicht nur für Öst´reich wolln wir schwören:
Heil Ehre, Frei­heit, Vaterland!“

Zwei Vater­län­der? Aus der Olym­pen-Hym­ne an
Deutsch­land, 1999/2000

Jeden­falls ist Ren­ni­cke ein viel gebuch­ter Nazi-Bar­de. Auch Soli­da­ri­täts-Kon­zer­te müs­sen da drin­nen sein. Im Herbst 1999 hat Ren­ni­cke jeden­falls meh­re­re Kon­zer­te gege­ben, bei denen von Tino Brandt, dem Füh­rer des Thü­rin­ger Hei­mat­schutz und Spit­zel des Ver­fas­sungs­schut­zes, Spen­den­gel­der für das ein Jahr zuvor aus Jena unter­ge­tauch­te Neo­na­zi-Trio gesam­melt wur­den, berich­tet das Maga­zin des Bay­ri­schen Fern­se­hens „Kon­tro­vers“. Die Spen­den­gel­der, so Tino Brandt, sei­en dem Mord-Trio von einem Mit­tels­mann über­ge­ben wor­den. Die Neo­na­zi-Sze­ne war über den Tag des Unter­tau­chens (5.2.1998) hin­aus also ganz gut ver­netzt mit dem Trio.

Ren­ni­cke hat dem Mord­trio anders als „Eichen­laub“ und „Gigi und die brau­nen Stadt­mu­si­kan­ten“ kei­nen Song gewid­met. Sei­ne Soli­da­ri­tät mit den unter­ge­tauch­ten Bom­ben­bau­ern war etwas stil­ler. Aber viel­leicht ist’s mit ihm auch wie mit Mar­tin Graf. Der kennt kei­nen Ren­ni­cke, und Ren­ni­cke wie­der­um weiß nichts von Spen­den­samm­lun­gen. Es erüb­rigt sich daher, danach zu fra­gen, ob auch in Wien Spen­den gesam­melt wurden.

➡️ Der Stan­dard: Musik als gehei­me Bot­schaf­te­rin der Neonazis