Andreas Thierry: Straches „Paintball“-Partner wieder zurück!

Lesezeit: 4 Minuten

Andre­as Thier­ry, der sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re als Neo­na­zi in den letz­ten zehn Jah­ren in Deutsch­land absol­viert hat, ist wie­der zurück auf hei­mat­li­chem Boden. Zuletzt wur­de er in Ober­ös­ter­reich gesich­tet, wo er sich als Mit­ar­bei­ter in der Exclu­siv-Ver­lags­Ges­mbH ver­dingt hat, die das Maga­zin “Wels im Bild“ her­aus­bringt und Teil der „Moser Medi­en­group Aus­tria“ (MMGA) ist.

„Es gibt nichts, was wir nicht kön­nen“, ist das Mot­to von Hel­mut Moser, dem Chef der MMGA. Ähn­li­ches könn­te auch für Andre­as Thier­ry gel­ten, der eine beweg­te Ver­gan­gen­heit als Neo­na­zi in Öster­reich und Deutsch­land hin­ter sich hat.

Thier­ry (41) ist schon lan­ge aktiv. Zunächst in der „Volks­treu­en Jugend­of­fen­si­ve“, wo er auf Franz Radl traf, als Schrei­ber beim Neo­na­zi-Blatt „Volk in Bewe­gung“ und als öster­rei­chi­scher Ver­bin­dungs­mann zur in der BRD ver­bo­te­nen „Natio­na­lis­ti­schen Front“.


Hein­rich Stra­che rechts vor­ne, Andre­as Thier­ry hin­te­re Rei­he, zwei­ter von links

Aus den spä­ten 80er- und frü­hen 90er-Jah­ren rührt auch sei­ne Bekannt­schaft mit Heinz-Chris­ti­an „Hein­rich“ Stra­che, dem Chef der FPÖ. Bei Wehr­sport­übun­gen, von Stra­che ver­nied­li­chend Paint­ball-Tref­fen genannt, traf sich die Crè­me de la Crè­me der dama­li­gen Neo­na­zi-Sze­ne. Andre­as Thier­ry, Jür­gen Hat­zen­bich­ler, Mar­kus U., Andre­as R. – und eben auch Strache.

Mar­kus U. und Andre­as R. mach­ten nach einer Zwi­schen­sta­ti­on bei der Volks­treu­en Außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on (VAPO) des Gott­fried Küs­sel unter Schwarz-Blau-Oran­ge Kar­rie­re: R. als Sek­ti­ons­chef im Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um (BMVIT), U. zunächst auch im BMVIT, dann bei AustriaTech.

1989 wur­den Stra­che, Thier­ry und Wolf­gang Nahr­ath, Chef der Wiking-Jugend, bei der jähr­lich statt­fin­den­den und poli­zei­lich ver­bo­te­nen neo­na­zis­ti­schen Sil­ves­ter­de­mo an der „Zonen­gren­ze“ (Hil­ders an der Rhon) fest­ge­nom­men. 1995 wur­de Thier­ry wegen eines gemein­sam mit Hel­mut Adolf Sch. 1992 pro­du­zier­ten Flug­blat­tes zur Waf­fen-SS zu einer beding­ten Haft­stra­fe wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teilt (18 bzw. 15 Mona­te). Es war die Zeit der Brief­bom­ben, in der die Exe­ku­ti­ve etli­che Neo­na­zis hin­ter Git­ter brach­te oder zumin­dest anklag­te (Küs­sel, Schi­ma­nek, Radl, Thier­ry usw.). Nach der Ver­ur­tei­lung emi­grier­te Thier­ry in die BRD, wo er als Red­ner und Schrei­ber für diver­se Neo­na­zi-Ver­ei­ne und ‑Orga­ne tätig war. 1999 wird ihm vom NPD-Vor­stand das „Amt für welt­an­schau­li­che Schu­lun­gen“ übertragen.

Sei­ne Kon­tak­te aus der deut­schen „Emi­gra­ti­on“ nach Öster­reich sind aber wei­ter­hin inten­siv: Thier­ry wird als Schü­ler der Nazi-Iko­ne Her­bert Schwei­ger erwähnt, hält Kon­takt zu den Kame­ra­den vom Bund frei­er Jugend (BfJ) in Ober­ös­ter­reich, ist auch des öfte­ren bei den Ulrichs­berg-Fei­er­lich­kei­ten, Refe­rent bei der AfP-Aka­de­mie. Er ver­fügt offen­sicht­lich auch über Geld. 2004 erstei­gert er einen leer­ste­hen­den Gast­hof in Ell­wan­gen, den er zu einem Schu­lungs­zen­trum für Neo­na­zis und spä­ter zum Zen­trum des Ver­lags­hau­ses Hohen­berg macht, das unter ande­rem „Volk in Bewe­gung“ herausbringt.

2006 setzt sich Thier­ry im „Jugend-Echo“, der Zeit­schrift des BfJ, mit der „neu­en“, der Stra­che-FPÖ aus­ein­an­der und bezwei­felt, ob die FPÖ wie­der als Hoff­nungs­trä­ger der Nazio­na­len fir­mie­ren könn­te. Für ihn hängt die Ein­schät­zung davon ab, ob Stra­che ein Bekennt­nis zum deut­schen Volk und zum Volks­tums­be­griff abge­ben wür­de – eine Fra­ge, die sich seit dem jüngs­ten Par­tei­tag in Graz geklärt haben dürf­te. Im April 2009 wird Thier­ry in den Bun­des­vor­stand der NPD gewählt. Ob die­se Funk­ti­on des Öster­rei­chers Thier­ry nicht schon einen Tat­be­stand nach dem Ver­bots­ge­setz begründet?

Im Sep­tem­ber 2010 ver­lässt Thier­ry den Bun­des­vor­stand der NPD und tritt auch aus der Par­tei aus. Als Grund wird genannt, dass Thier­ry als Ver­tre­ter eines klar natio­nal­so­zia­lis­ti­schen und anti­se­mi­ti­schen Flü­gels in der NPD, die gera­de in Fusi­ons­vor­be­rei­tun­gen mit der Deut­schen Volks­uni­on (DVU) war, kei­ne Per­spek­ti­ve mehr gese­hen habe. 2011 ver­lässt er auch Geschäfts­füh­rung und Redak­ti­on von „Volk in Bewe­gung“. Auch der ihm zuge­schrie­be­ne Blog nidinfo.wordpress.com, auf dem FPÖ-Inter­na wie der Brief des stell­ver­tre­ten­den Klub­ob­man­nes Fich­ten­bau­er mit der Fax-Ken­nung Gude­nus fak­si­mi­liert wie­der­ge­ge­ben wur­de, ist verwaist.

Jetzt ist Thier­ry, mit einem zwei­ten Namen aus­ge­stat­tet, in Ober­ös­ter­reich gelan­det und hat dort – Über­ra­schung! – zwei Kame­ra­den aus jüngs­ten Tagen, Ste­fan Magnet und Rene Hönig vom frü­he­ren BfJ als Mit­ar­bei­ter vor­ge­fun­den. Ob Thier­ry auch schon Gele­gen­heit hat­te, sei­ne alte Bekannt­schaft mit Stra­che auf­zu­fri­schen? Ab Okto­ber soll er in Wien beruf­lich tätig sein, da soll­te sich schon ein Tref­fen mit Kra­men in alten Fotos, Aus­tausch von Erin­ne­run­gen und Fach­sim­peln über den Deutsch­tums­be­griff ausgehen!

Sie­he auch: derstandard.at — Ex-NPD­ler wirk­te mit fal­schem Namen als Journalist