Ungarn: Rechtsextreme Paramilitärs terrorisieren Roma – schwere Krawalle in Gyöngyönspata

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Zu schwe­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen rechts­extre­mis­ti­schen Para­mi­li­tärs und Roma kam es am Abend des 26. April 2011 in der unga­ri­schen Stadt Gyön­gyös­pa­ta. Die Para­mi­li­tärs hat­ten die Roma den gan­zen Tag lang ein­ge­schüch­tert. Als am spä­te­ren Abend ein 14-jäh­ri­ger Roma von vier Para­mi­li­tärs atta­ckiert und ver­prü­gelt wur­de, eska­lier­te die Situa­ti­on: In einer Mas­sen­schlä­ge­rei wur­den zumin­dest vier Per­so­nen ver­letzt (eine davon schwer). Die von den ange­grif­fe­nen Roma benach­rich­tig­te, aber sehr spät ein­tref­fen­de Bereit­schafts­po­li­zei nahm meh­re­re Per­so­nen fest, dar­un­ter zwei Orga­ni­sa­to­ren der Para­mi­li­tärs und zumin­dest einen Roma.

Auf der Web­site des in Buda­pest erschei­nen­den deutsch­spra­chi­gen „Pes­t­er Lloyd“ fin­det sich unter dem Titel „Eska­la­ti­on der Gewalt“ ein Bericht des Vorfalls.

In Gyön­gyös­pa­ta, einer 80 km öst­lich von Buda­pest gele­ge­nen Gemein­de mit etwa 2800 Ein­woh­ne­rIn­nen, ter­ro­ri­sie­ren rechts­extre­mis­ti­sche Para­mi­li­tärs seit Anfang März gezielt die Roma-Bevöl­ke­rung. Der Ter­ror ging so weit, dass sich das unga­ri­sche Rote Kreuz vor dem Oster­wo­chen­en­de genö­tigt sah, die Roma des Ortes in ein „Feri­en­la­ger“ zu eva­ku­ie­ren, da deren Sicher­heit auf Grund eines geplan­ten para­mi­li­tä­ri­schen Trai­nings­la­gers in Gyön­gyös­pa­ta nicht garan­tiert wer­den konn­te. Die Poli­zei schritt zwar gegen das Trai­nings­la­ger for­mal ein und nahm zwei Orga­ni­sa­to­ren kurz­fris­tig fest, ließ jedoch die übri­gen Rechts­extre­mis­ten unbe­hel­ligt, die in der Fol­ge in Pri­vat­häu­sern unterkamen.

Nach der Rück­kehr der Roma von der sei­tens der Regie­rung rea­li­täts­ver­schlei­ernd „Erho­lungs­ur­laub“ genann­ten Flucht vor der Gewalt­dro­hung am Mon­tag, pro­vo­zier­ten die Para­mi­li­tärs unter ande­rem durch offe­nes Zei­gen von Schuss­waf­fen, Stein­wür­fen auf von Roma bewohn­ten Häu­sern und ver­ba­le Aggres­si­on. Das Ver­prü­geln des 14-jäh­ri­gen Roma, der sich weit vom eigent­li­chen Gesche­hen ent­fernt auf­hielt, führ­te schließ­lich zum Gewaltausbruch.

Die Ort­schaft war etwa zwölf Stun­den nach dem Gewalt­aus­bruch von Bereit­schafts­po­li­zei regel­recht besetzt. Ein Orga­ni­sa­tor der Para­mi­li­tärs hat die aus dem Vor­fall resul­tie­ren­de Öffent­lich­keit dazu genutzt, im Zuge sei­ner Fest­nah­me die Kan­di­da­tur für das Amt des Bür­ger­meis­ters sowie wei­te­re para­mi­li­tä­ri­sche Aus­bil­dungs­la­ger und die Fort­set­zung der Aktio­nen sei­ner Orga­ni­sa­ti­on anzu­kün­di­gen. Zu die­sen zählt er unter ande­rem auch para­mi­li­tä­ri­sche Camps für Sechs­jäh­ri­ge. Damit ist die Ankün­di­gung der unga­ri­schen Regie­rung vom Oster­wo­chen­en­de, dass sich die Para­mi­li­tärs aus Gyön­gyös­pa­ta zurück­zie­hen und ihre Akti­vi­tä­ten ein­stel­len wür­den, als Pro­pa­gan­da entlarvt.

Loka­le Roma-Akti­vis­tIn­nen des Ortes berich­ten in Soli­da­ri­täts­blogs von Flucht­vor­be­rei­tun­gen der Roma-Bevöl­ke­rung aus Gyön­gyös­pa­ta. Der Bericht des „Pes­t­er Lloyd“ ist mit Links ver­se­hen, die die Eska­la­ti­on der letz­ten Wochen dar­stel­len. Die Zei­tung hat außer­dem einen The­men­schwer­punkt „Roma“ ein­ge­rich­tet. Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen in eng­li­scher Spra­che lie­fert auch ein Blog, der von Bür­ger­recht­le­rIn­nen zur Unter­stüt­zung der Roma von Gyön­gyön­s­pa­ta ein­ge­rich­tet wur­de. Auf die­sem fin­den sich auch Ver­wei­se auf Unter­stüt­zungs­mög­lich­kei­ten und Ter­mi­ne sowie Berich­te von Soli­da­ri­täts­ak­tio­nen für die vom rechts­extre­mis­ti­schen Ter­ror bedroh­ten Roma.

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