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Kirchberg (Tirol): NS-Erlebniswochenende mit braunem Aufguss

Der Ort ist nicht zufäl­lig gewählt. Nach­dem die „Zeit­ge­sprä­che“ des rechts­extre­men Druf­­fel-Ver­­la­­ges 2008 in Dres­den abge­sagt wer­den muss­ten, wur­de das „Erleb­nis­wo­chen­en­de Geschich­te” 2009 nach Öster­reich, kon­kret in ein Salz­bur­ger Hotel ver­legt. Nach der Ver­an­stal­tung beteu­er­te das Hotel zwar, in Zukunft kei­ne der­ar­ti­ge Ver­an­stal­tung mehr zu akzep­tie­ren, aber: Die Ver­an­stal­tung konn­te statt­fin­den! Wie schon üblich, beobachtete […]

27. Aug 2010

2010 wur­de kla­rer­wei­se wie­der Öster­reich aus­er­wählt. In Kirch­berg /Tirol im „Activ Sun­ny Hotel Son­ne”, das der Fami­lie des ehe­ma­li­gen Kitz­bü­he­ler FPÖ-Bezirks­par­tei­ob­manns Paul Steindl gehört, soll eine illus­tre Run­de zwi­schen 3. und 5. Sep­tem­ber über den Zwei­ten Welt­krieg und sei­ne Vor­ge­schich­te debat­tie­ren. Ein brau­ner Auf­guss aus den Büchern und Zeit­schrif­ten des „Druffel”-Verlags sozusagen.

Der Eigen­tü­mer des Druf­fel-Ver­la­ges, Gerd Sud­holt, rich­tet die Ver­an­stal­tung auch aus. Sud­holt, der zeit­wei­se auch bei der NPD und der „Gesell­schaft für freie Publi­zis­tik”, einer rechts­extre­men Bil­dungs­ein­rich­tung, aktiv war, hat schon Vor­stra­fen wegen Holo­caust­leug­nung und Volks­ver­het­zung auf dem Buckel (sie­he Netz gegen Nazis).

Für Ger­hard Resch, bis vor kur­zem FPÖ-Stadt­par­tei­ob­mann von Kitz­bü­hel und im Streit um eini­ge Par­tei­aus­schlüs­se aus der FPÖ aus­ge­schie­den, ist Sud­holt den­noch oder des­we­gen „ein Ehren­mann”. Der „Stan­dard” (27.8.2010) zitiert Resch mit dem bedeu­tungs­schwe­ren Satz über die Ver­an­stal­tung: „Ich sehe dar­in die Auf­ar­bei­tung einer schwie­ri­gen Zeit.” Resch orga­ni­siert über sei­ne Agen­tur die Buchun­gen für die Veranstaltung.


„Vor­wärts — vor­an, vor­an! Das Pan­zer­buch der Waf­fen-SS”, ein Buch des Druffel-Verlages

Wie schon in den Vor­jah­ren sind unter Refe­ren­ten und Teil­neh­mern von Rechts­kon­ser­va­ti­ven bis zu Revi­sio­nis­ten und Neo­na­zis eini­ge Schat­tie­run­gen des rech­ten Spek­trums ver­tre­ten – das nennt sich dann Plu­ra­lis­mus. Unter ihnen auch Heinz Magen­hei­mer, frü­her Dozent an der Lan­des­ver­tei­di­gungs­aka­de­mie in Wien, Hob­by­his­to­ri­ker und wegen sei­ner revi­sio­nis­ti­schen Kriegs­the­sen auch schon Objekt par­la­men­ta­ri­scher Anfra­gen ([1], [2]). Wal­ter Post, ein wei­te­rer Refe­rent und ehe­ma­li­ger Kan­di­dat der bei den Kom­mu­nal­wah­len geschei­ter­ten Pro-Mün­chen-Grup­pe, ver­tritt ähn­li­che The­sen wie Magen­hei­mer (à la: Die Sowjet­uni­on war hoch­ge­rüs­tet, Hit­ler führ­te einen Prä­ven­tiv­krieg). Ste­fan Scheil, der Drit­te im Bun­de, ist der bekann­tes­te Revi­sio­nist, der die Kriegs­schuld­the­se am wei­tes­ten revi­diert hat (Chur­chill habe den Krieg pro­vo­ziert). 2005 erhielt Scheil den „Ger­hard Löwen­thal-Preis für Jour­na­lis­mu””. Sein Lau­da­tor damals: der Wie­ner His­to­ri­ker Lothar Höbelt, der im Dunst­kreis der FPÖ und ihrer Able­ger steht.

Bei der Tagung in Kirch­feld wird kein Preis, son­dern die „Hel­mut Sündermann”-Medaile ver­lie­hen. Sün­der­mann war der Grün­der des Druf­fel-Ver­la­ges und Schwie­ger­va­ter von Sud­holt. Sei­ne Qua­li­fi­ka­ti­on für die Medail­le war offen­sicht­lich sei­ne Tätig­keit als stell­ver­tre­ten­der Reichs­pres­se­chef der Nazis und SS-Ober­sturm­füh­rer. Ob die brau­ne Medail­le auch an einen der ver­hin­der­ten Refe­ren­ten von 2008, den Univ-Prof. Wil­helm Brau­neder (er war auch schon 3. Prä­si­dent des Natio­nal­rats für die FPÖ) oder an Richard Melisch ver­ge­ben wird? Wir wis­sen es noch nicht!

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